Wie Pferde heilen. Alexandra Rieger

Wie Pferde heilen - Alexandra Rieger


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Veränderungen werden sofort registriert. Wer mit seinem Pferd ausreitet, kennt sicher die Situation, in der das Pferd urplötzlich in eine „Habt-Acht-Stellung“ geht, während du oben auf dem Pferd nicht erkennen kannst, warum. Nach ein paar Minuten wird dir klar, warum dein Pferd so reagiert hat. Es wurde vielleicht durch einen Radfahrer oder Spaziergänger oder durch ein Reh alarmiert – dies jedoch lange bevor du etwas davon bemerken konntest. Warum? Weil das Pferd über feine Antennen verfügt, die es möglich machen, potenzielle Gefahrenquellen weit im Voraus zu erspüren. Diese Fähigkeit ist für das Pferd in freier Wildbahn lebensnotwendig.

      Auf spiritueller Ebene beziehungsweise feinstofflicher Ebene ist das Pferd genauso zu Hause. Ich kann immer wieder in meiner kleinen Herde beobachten, wie die einzelnen Herdenmitglieder auf feinstofflicher Ebene miteinander in Kontakt stehen. Die Herde bewegt sich wie ein „Körper“. Die Pferde kommunizieren untereinander auf energetische Weise, Informationen werden auf feinstofflicher Ebene übermittelt. Meine Pferde leben auf einem großen Areal, das in verschiedene Zonen eingeteilt ist. Jeden Morgen wird die Herde von der Basiskoppel auf eine abzugrasende Koppel geleitet. Ich sage bewusst geleitet, weil die Pferde nicht geführt werden. Ich gehe voraus, um die für diesen Tag gewählte Koppel zu öffnen, während die Herde auf der Basiskoppel noch ihre Morgenration Heu frisst.

      Das Gelände am Gardasee ist sehr weitläufig und deshalb kann die Koppel durchaus jeden Tag eine andere sein. Sobald das Areal geöffnet ist, schicke ich der Herde ein geistiges Bild. Ich zeige in diesem geistigen Bild, wo ich mich befinde und in welche Richtung sich die Herde zu bewegen hat. Es dauert nicht lange und alle Pferde kommen meist im Entenmarsch an. Dies ist nur eines von einigen Beispielen aus meinen täglichen spirituellen Erfahrungen mit den Pferden.

       Pferde kommunizieren auf energetische Weise.

       Die spirituelle Verbundenheit

      Pferde sind noch mit der spirituellen Ebene verbunden. Sie verfügen über eine Intelligenz, die die des Menschen übertrifft, doch nur im Rahmen des Instinkts der jeweiligen Rasse. Das Pferd verfügt unter anderem über genannte Fähigkeiten, da es über das Gruppenbewusstsein geleitet wird. Über diese für jede Rasse unterschiedliche Instinktintelligenz hinaus kann sich das Pferd in unserem Fall nicht bewegen. Der Mensch kann dies sehr wohl, da er ein freies und denkendes Wesen ist. Er kann sich für eine Entwicklung entscheiden, er kann Grenzen überwinden und sich aus dem naturverbundenen (instinktgesteuerten) Denken hinein in das geistige Denken entwickeln. Dazu muss der Mensch jedoch die bindende und hemmende Schwere und die Hindernisse der Materie immer mehr in sich überwinden. Er muss sich aus freien Stücken dafür bewusst entscheiden, das kann kein Tier. Diese Entscheidung und die entsprechenden Entwicklungsschritte unterscheiden den Menschen grundsätzlich vom Tier.

      Nun besitzt gerade das Pferd Eigenschaften, die der Mensch auf seinem Entwicklungsweg hin zum „Mensch-Sein“ benötigt. Es sind vor allem die oben aufgelisteten Qualitäten, die wir von den Pferden lernen dürfen. Das Pferd zeichnet sich als Krafttier für all jene aus, die bereit sind, seinen Lehren zu folgen. Das Befolgen dieser Lehren hat eine heilende Wirkung auf den Menschen, da das Erringen dieser Qualitäten ein Erstarken der Seele bewirkt, und eine starke Seele generiert einen starken und gesunden Körper.

       Vom Kopfbewusstsein zum Körperbewusstsein

      Wie sehen nun diese Lehren aus? Wir lernen von den Pferden, aus unserem Kopfbewusstsein in unser Körperbewusstsein zu gehen. Im Körper anwesend sein bedeutet im Sein ankommen. Mit Sein ist die authentische Ebene im Menschen gemeint, die frei von konditionierten Inhalten ist. Konditioniert ist, was sich im Menschen als unbewusste Inhalte wie Glaubenssätze, Überzeugungen, Erinnerungen und so weiter eingeprägt hat und den Menschen manipuliert. Diese konditionierten Inhalte machen den Menschen unfrei und zwängen ihn in ein unsichtbares Gefängnis. Je unbewusster ein Mensch ist, desto gefangener ist er seinen konditionierten Teilbereichen ausgesetzt. Ich stelle immer wieder fest, dass Menschen, die in sich unfrei sind, auch Pferde gefangen halten. Eine klassische Boxenhaltung, in der die Pferde meist viele Stunden Tag und Nacht in der Box stehen und nur für einige Trainingsstunden am Tag in die Halle kommen, ist nichts anderes als ein Gefängnis für Pferde. Wer in sich unfrei ist, sieht die Unfreiheit im Gegenüber nicht.

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      In der Pferdehaltung kann dies für das Pferd zu unerträglichen Qualen führen. Denn ein Pferd ist ein Steppentier, ein Lauf- und Herdentier. Es ist ein Wesen, das eine gewisse Freiheit und die Weite braucht.

      Kehren wir zurück zu den Lektionen, die wir durch die Pferde lernen können. Im Körper sein ist die wichtigste Lehre der Pferde. Das hört sich einfach an, ist es für uns moderne Menschen jedoch keineswegs. Bevor ich die Pferde als meine Lehrer entdeckte, waren Buchautoren meine spirituellen Trainer. Was ich von ihnen lernen durfte, war zwar sehr interessant, doch für den Alltag hatten diese Lehren keinen großen Wert, da ich nicht aus meinem Kopf hinaus in tiefere Schichten vordringen konnte. Ich las begeistert unter anderem die Bücher von Jiddu Krishnamurti, von Thích Nhất Hấnh, um nur zwei Autoren zu nennen, die immer wieder die Notwendigkeit der Gegenwärtigkeit hervorheben. Durch das viele Lesen dieser wunderbaren Lehren überzeugte ich mich immer mehr, diese Lehren auch zu leben. Ich lebte mich gedanklich so in diese Lehren ein, dass ich dachte, gegenwärtig und im Hier und Jetzt zu sein. In der Begegnung mit den Pferden erkannte ich sehr schnell, dass es zwischen meinem gedachten „Gegenwärtig-Sein“ und dem Gegenwärtig-Sein der Pferde einen riesengroßen Unterschied gab. Meine Gegenwärtigkeit war nur in meinem Kopf zu Hause, die der Pferde im Hier und Jetzt. Ich durfte durch kleine Schritte lernen, in meinen Körper zu kommen. Dies geschah unter anderem durch ein bewusstes Atmen und durch gezielte Atemübungen – und es ist ein lebenslanger täglicher Prozess.

       In seiner Mitte sein ist die wichtigste Lehre der Pferde.

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       Lange bevor wir Menschen Irritationen fühlen, nehmen Pferde schon Schwingungen wahr.

      Energie erfühlen und wahrnehmen

      Das Leben im Hier und Jetzt ist eine Komponente, wovon wir Menschen lernen können, aber das Wahrnehmen ist der andere Teil, in dem uns Pferde einen Schritt voraus sind. Wie stark Pferde Energien wahrnehmen und darauf reagieren, wurde mir an einem Januarvormittag durch meine Pferde gezeigt. Wie bereits erwähnt, ist das Areal, in dem sich meine Pferde befinden, sehr weitläufig und in verschiedene große Koppeln unterteilt.

      Unterhalb dieser Koppeln befindet sich eine Zone, die von September bis Januar von einem Jäger als Basisstation genutzt wird. In den Monaten von Mitte Januar bis Anfang September kann das Gelände von den Pferden genutzt werden. Ich ging an diesem besagten Vormittag den Pferden voraus, um die Koppel zu öffnen. Die Pferde folgten mir und waren zunächst sehr ruhig und im Begriff zu grasen. Am Gardasee herrscht auch im Winter ein sehr mildes Klima, sodass die Pferde das ganze Jahr über auf den Koppeln etwas zu grasen finden. Ich ließ also die Pferde unter sich auf der „neuen Koppel“ und ging meiner Wege. Bereits nach wenigen Minuten kam mir die Herde im gestreckten Galopp entgegen. Da ich keine Erklärung für die Reaktion hatte, ging ich zurück zur Weide, um zu sehen, was geschehen war. Was war es, das die Pferde veranlasst hatte, so aufgebracht davonzugaloppieren?

       Pferde nehmen Energie viel intensiver wahr als wir Menschen.

      Alles war so wie vor einigen Minuten, keinerlei Motiv für eine so intensive Reaktion der Pferde. Dieses Szenario spielte sich einige


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