Tagebuch einer Verführung. Alexandre Legrand

Tagebuch einer Verführung - Alexandre Legrand


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knapp sechzehn liebte ich den Französisch-Lehrer. Wenn ich sachlich bleibe, muß ich sagen, daß genau siebzehn Schülerinnen in ihn verknallt waren.”

      „Und?”

      „Wir gingen einmal ins Kino und hielten uns dort die Händchen, und dann war ich bei ihm zwei Mal je eine Stunde zum Privatunterricht.”

      „Und?” fragte Jerry wieder monoton.

      „Der Unterricht bestand meist nur aus Küssen, Kosen, zärtlichen Worten und noch zärtlicheren Händen.”

      Eine Pause herrschte, das Schweigen legte sich wie eine schwere Decke auf sie.

      „Ich war schon ziemlich entwickelt”, flüsterte Fränki, „und der Lehrer hatte seine helle Freude, als ich, vom Kakteenschnaps beschwingt, den er sehr liebte, nur noch im Slip tanzte und so tat, als wenn ich einen leidenschaftlichen Flamenco ausf Parkett legen würde.”

      Wieder trennte sie Schweigen, wurde jetzt zu einem Schmerz, der ihnen fast den Atem nahm.

      „Als ich dann weich war – ich glaube, die Männer sagen so? –, war mein Idol vollkommen blau und so endete meine erste, große Liebe.”

      „Und die erste wirkliche Liebe?” ächzte Jerry, als fiele ihm das Sprechen schwer.

      „Da war ich in der Lehre. Aus einem mir unerklärlichen Grund, machte ich eine Ausbildung als Bankkaufmann durch. Die ersten Monate verbrachte ich im Keller, in der Registratur, legte dort Woche für Woche Belege ab, obwohl ich schon über siebzehn war.

      Jerry erhob sich und ging erregt auf und ab. „Und da geschah es?” fragte er bösartig. „Wer war es?”

      „Muß ich?”

      „Ja.”

      „Ich bin aber nicht stolz darauf!”

      „Also?”

      „Herr Eggli war das Faktotum des Hauses, zählte zu den ältesten Mitarbeitern.”

      „Wie alt war er denn?”

      „Genau 68. Er war schon pensioniert, arbeitete jedoch freiwillig weiter. Seine Frau starb kurz vor seinem Ausscheiden aus der Bank, und so blieb er, weil in der Firma keiner im Keller arbeiten wollte.

      Wir alle mochten ihn. Er war voll Güte, verstand uns junges Volk, hatte für jeden aufmunternde Worte. Täglich lag auf meinem Arbeitsplatz ein kleines Geschenk. An meinem Geburtstag überreichte er mir zum Beispiel eine einzige, aber wunderschöne Rose. Sie machte mich schwach. Wenn er von seiner Frau erzählte, war er sofort traurig und dann tröstete ich ihn. Und so geschah es. Ich war schon damals keine Freundin von Büstenhaltern. Als ich den Alten wieder einmal tröstete, hingen seine Lippen plötzlich an einer Brustwarze. Es waren Küsse, dir mir gefielen, die bald eine eigenartige Lust schufen. Sie war der Weg für die erste körperliche Liebe.”

      „Wie?”

      „Herr Eggli küßte mich immer erregter, und dann lag ich nackt mit dem Rücken auf dem Ablegetisch. Nach den Brüsten leckte und lutschte er mir den Spalt. Der Alte ließ sich Zeit, viel Zeit. Vielleicht zuviel? Denn ich war es, der nicht mehr konnte, der vor Lust bettelte, nun alles zu tun. Das war es. Ja, Herr Thomsen, so kann ich auch sein. Doch täuschen Sie sich nicht, ich bin nur selten so.

      Herr Eggli war wohl schon alt, war aber irgendwie trotzdem jung. Er machte es wundervoll. Vielleicht sehne ich mich noch heute nach ihm? Vielleicht schäme ich mich seitdem ununterbrochen, denn er war letzten Endes fünfzig Jahre älter. Wenn ich zurückblicke, war ich an diesem Tag ungeheuer glücklich, fast selig. Und wenn ich sachlich bleibe, stelle ich fest, daß ich seitdem wiederum immer traurig bin. Damals wurde ich gelöst, beinahe hätte ich gesagt geöffnet, und bin trotzdem seit dieser Stunde verklemmt.”

      Jerry Thomsen lachte. „Nein, Fränki, nein und nochmals nein. Sie sind nicht verklemmt, sind es nicht einmal eine Sekunde.”

      „Warum nicht?” fragte das Mädchen verblüfft.

      „Darum!” sagte er heiser und streifte ihr mit einer schnellen Handbewegung den dünnen Pulli hoch. Vor den Augen Jerrys lagen hübsche Brüste, die von geilen, ausgeprägten Brustwarzen gekrönt waren. Ein breiter, dunkler, sinnlicher Hof umgab sie, machte sie zur Forderung, zu einem einzigen Ruf der Lust.

      „Du!” stöhnte Jerry kurzatmig und griff mit beiden Händen nach diesen lockenden, sinnlichen Brüsten.

      Sekunden später klatschte es. Eine Ohrfeige brannte auf seiner Wange.

      „Gehen Sie!” schrie das Mädchen hektisch. „Lassen Sie mich. Sie sind wie alle Männer, sind primitiv, plump, gemein und geil!”

      2

      Jerry Thomsen klopfte an der Türe. „Fränki?” rief er. „Sind Sie mir noch böse?”

      Wieder pochte er vorsichtig. „Bitte, machen Sie auf. Ich habe ein sehr schlechtes Gewissen und möchte mich bei Ihnen entschuldigen.”

      Die Türe öffnete sich so plötzlich, daß Jerry, der sich etwas an die Füllung gelehnt hatte, beinahe in das Zimmer gefallen wäre.

      „Kommen Sie schon!” herrschte ihn das Mädchen an.

      Als er im Zimmer stand, fragte er höflich: „Darf ich mich für einige Minuten setzen?”

      „Ja, in diesen Sessel hier. Und wenn Sie mir näher als einen Meter kommen, schreie ich laut um Hilfe. Was wollen Sie?”

      „Mich entschuldigen, mich verteidigen und”, jetzt stockte er etwas, überlegte, blickte dann hoch und sagte „Sie anklagen!”

      „Mich anklagen?” äffte Fränki Clifford kritisch.

      „Ja. Doch zuerst meine Entschuldigung. Seien Sie mir nicht allzu böse wegen der gestrigen Sache, ich verspreche Ihnen, daß ich das nie mehr mache. Und nun zu meiner Verteidigungsrede, es ist jedoch nicht von Sokrates.” Kurz lächelte er. „Sie gefallen mir sehr, sehr gut. In Ihrem Wesen, in Ihrem Denken und in einigen anderen Dingen sind viele Pluspunkte, die mir Freude machen. Nur eines, Fränki. Tragen Sie nicht mehr diese knappen, aufreizenden Pullis, die eigentlich nur Turntrikots sind. Wenn Sie darunter dann noch keinen Büstenhalter haben, sich bei jeder Körperbewegung Ihre Brustwarzen genau abzeichnen und zu sprechen beginnen …”

      „Was? Jetzt spinnen Sie aber, meine Brüste würden zu sprechen beginnen.”

      Jerry nickte. „Ja. Ein Mensch spricht nicht nur mit dem Mund sondern auch mit den Händen, den Augen, mit dem ganzen Körper, und Sie, Sie sprechen auch mit Ihren Brüsten.”

      „Ich, wieso?”

      „Muß ich es sagen?”

      „Ja”, flüsterte sie leise.

      „Wenn Sie glücklich sind, wenn Ihnen ein Mann gegenübersteht, der Ihnen nicht unsympathisch ist, wenn sich Ihre Sinne aufschließen, dann wächst Ihre Brustwarze hoch, spricht dann und …”

      „Und?”

      „Und zeigt, daß Sie ein gesunder, lebendiger, ein nach Liebe hungernder Mensch sind.”

      „So spricht nur ein Flegel, ein plumper, primitiver Mensch.”

      „Warum?”

      „Ein Gentleman sieht nicht die Schwäche einer Frau, auch wenn er sie sehen sollte. Ein Mann mit Feingefühl, sieht nicht sehnsüchtige Brustwarzen und – spricht keinesfalls darüber.”

      Jerry schluckte. „Ich sagte nur die Wahrheit. Machten wir nicht gestern aus, daß wir keinesfalls Floskeln tauschen, sondern uns immer ehrlich unser Denken zeigen wollten?”

      Das Mädchen nickte, zog die Unterlippe zwischen die Zähne und kaute an ihr erregt herum.

      „Wollen Sie etwas trinken? Kognak, Whisky oder?” fragte sie.

      „Haben Sie zufällig ein Bier?”

      „Ja.


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