Wege des Todes - Skandinavien-Krimi. Kirsten Holst

Wege des Todes - Skandinavien-Krimi - Kirsten Holst


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das perfekte Opfer. Pflückreif, das sag ich dir! Überreif! Reif, von selbst abzufallen.«

      Die Dinge brauchen ihre Zeit war eine von Becks Devisen, sodass er die folgenden drei Tage mit angenehmem Müßiggang verbrachte, während er sein nächstes Außenspiel vorbereitete. Am vierten Tag – genau vor Geschäftsschluss – verlor er direkt vor einem Supermarkt das Gleichgewicht auf der glatten Straße und stolperte geradewegs in eine Dame, die daraufhin ihre übervolle Einkaufstasche fallen ließ, deren Inhalt sich nun in alle Richtungen ausbreitete. Beck entschuldigte sich mehrmals, sammelte die Sachen auf, klopfte die Dame ab, klopfte, klopfte, klopfte und brach in gut gespielte Überraschung aus: »Ach, sind Sie nicht ...? Doch, das ist meine nette, junge Dame aus der Bibliothek.«

      Karen Jensen errötete leicht. Beck war in dem Alter, dass meine nette, junge Dame überzeugend klang, und sie war gerade alt genug, sich davon geschmeichelt zu fühlen.

      »Darf ich Sie als Wiedergutmachung nach Hause fahren?«

      Beck nahm die Einkaufstasche und überhörte ihre Proteste.

      »Das ist das Mindeste, was ich tun kann«, sagte er, während er die Tür eines graubraunen Mercedes öffnete, der nobel aussah, ohne prahlerisch zu wirken. »Ich bestehe darauf. Bei dem Glatteis sind selbst ein paar hundert Meter Fußweg zu viel.«

      Er erfragte ihre Adresse und fuhr sie bis vor die Tür, wo er ihr die Einkaufstüten aushändigte.

      »Es war nett, in Sie hineinzulaufen«, sagte er und lachte jungenhaft – um ihr eine weitere sympathische Seite seines Selbst zu zeigen. »Ich hoffe, wir sehen uns einmal wieder.«

      Das taten sie bereits am folgenden Montag, als er kurz nach sieben den Plattenweg zur Bibliothek hinaufgeeilt kam, gerade als sie die Bibliothek verließ.

      »Oh, ist schon geschlossen?«, rief er enttäuscht. »Ich dachte, es ist bis acht Uhr geöffnet.«

      »Das war früher so, aber jetzt, wo gespart wird, da ... Es steht auch an der Tür.«

      »Das habe ich übersehen, aber da kann man nichts machen. Dann muss ich morgen wiederkommen.«

      Sie gingen zusammen den Plattenweg entlang zum Bürgersteig.

      Beck schielte zu ihr hinüber. Sie trug eine kleine Pelzjacke über einem schwarzen Rock und hochhackige schwarze Stiefel. Alles neu, soweit er das beurteilen konnte.

      »Wissen Sie was«, schlug er vor, »wenn wir uns schon getroffen haben, könnte ich Sie doch zu einem Drink oder zu einer Tasse Kaffee einladen? Hier um die Ecke ist ein nettes Lokal. Es sei denn, jemand sitzt zu Hause und wartet auf Sie?«, fügte er hinzu, als sie zögerte.

      Nein, auf Karen Jensen wartete niemand. Überhaupt niemand.

      Und als sie sich nach zwei Whisky und zwei Gläsern Weißwein verabschiedeten, hatte Beck erreicht, dass sie sich duzten, und sie außerdem für Mittwoch zum Konzert eingeladen.

      Langsam bekam Beck kalte Füße. Er hatte absolut nichts dagegen einzuwenden, Mercedes zu fahren, in Konzerte zu gehen oder Karen Jensen zum Weißwein einzuladen. Er hatte sie sogar nach dem gestrigen Konzert auf einen Drink in seine kleine, aber nett eingerichtete Dachwohnung mitgenommen. Er hatte daran gedacht, alles, was mit Numismatik zu tun hatte, aus dem Regal zu entfernen, und sie hatten anderthalb Stunden damit verbracht, die Aussicht zu bewundern und über Musik zu sprechen, bevor er sie in seinem Mercedes nach Hause gefahren hatte.

      Gegen all das hatte er, wie gesagt, nicht das Geringste, viel aber hatte er dagegen einzuwenden, das alles von seinem eigenen Geld zu bezahlen, und jetzt waren fast drei Wochen vergangen, seit sein Arbeitgeber von sich hatte hören lassen.

      Hatte er es sich vielleicht anders überlegt? Natürlich hatte er letztes Mal prompt bezahlt, aber jetzt wusste er ja, wer Karen Jensen war und wo sie wohnte, und Beck musste sich eingestehen, dass er Schwierigkeiten hatte, einen Sinn in dem zu sehen, was er gerade tat.

      Er war inzwischen vollkommen überzeugt, dass die Stimme am Telefon dem Stiefvater des Mädchens gehörte, aber warum wollte er wissen, ob sie ihn kannte? Und war das alles, was er wissen wollte? Es kam ihm unsinnig vor und vielleicht hatte der Kerl diese Sinnlosigkeit selbst eingesehen, ohne sich die Mühe zu machen, ihn, Beck, davon zu unterrichten.

      Beck hatte über eine Stunde in düsterer Stimmung das Telefon angestarrt und gerade beschlossen, ins Limpotten hinunterzugehen und zu frühstücken, als es plötzlich läutete. Beck ließ es dreimal klingeln, bevor er den Hörer abnahm. Er war es.

      »Wie geht es voran?«, hörte er, fast noch bevor Beck seinen Namen ausgesprochen hatte.

      »Wie geplant«, sagte Beck. »Sie frisst mir aus der Hand.«

      »Guten Appetit!«

      »Wie bitte?«

      »Nichts. Ich darf das so verstehen, dass Sie ihre Bekanntschaft gemacht haben?«

      »Ja, wir sind mehrmals zusammen ausgegangen, und wenn es von Interesse ist, kann ich Ihnen sagen, dass sie eine nette und gebildete junge Frau ist. Ein bisschen zurückhaltend, vielleicht ein wenig naiv, aber ganz bestimmt nicht dumm.«

      Ein nettes, kleines Verkaufsgespräch, sagte sich Beck. Vielleicht überlegte die Stimme, ob die unbekannte Tochter es wert war, für ehelich erklärt zu werden, vielleicht überlegte sie, ob ihr ein größerer Teil des zukünftigen Erbes zugesprochen werden sollte, als bisher geplant, und es schadete nie, jemandem einen Dienst erwiesen zu haben, an den man ihn zu einem passenden Zeitpunkt erinnern konnte.

      »Ausgezeichnet«, sagte der andere eher uninteressiert. »Haben Sie herausgefunden, ob sie weiß, wer ihr Vater ist?«

      »Das weiß sie nicht«, sagte Beck. »Sie hat mir erzählt, dass sie früher nie darüber nachgedacht hat.«

      »Früher? Was hat sie damit gemeint?«

      »Dass sie nach dem Tod ihrer Mutter, seit sie allein ist, angefangen hat, darüber nachzudenken. Sie möchte gerne herausfinden, wer ihr Vater eigentlich war. Nicht um ihn aufzusuchen, hat sie gesagt, sondern nur, um es zu wissen.«

      »Das hat sie gesagt?« Die Stimme klang nachdenklich.

      »Ja. Aber das heißt ja noch nicht, dass sie das auch tut.«

      »Kann sie das? Herausfinden, wer er ist?«

      »Ja, ich denke schon«, sagte Beck. »Daran besteht eigentlich kein Zweifel.«

      Der andere schwieg lange und Beck glaubte schon, dass die Verbindung unterbrochen worden wäre.

      »Hallo«, fragte er, »sind Sie noch da?«

      »Ja«, sagte der andere. »Ich habe nur überlegt, wie ... Sagen Sie, haben Sie irgendeine Verabredung mit ihr?«

      »Nur lose. Ich habe gesagt, dass ich sie im Laufe des Tages anrufe. Also heute. Aber jetzt ist das wohl nicht mehr aktuell, oder?«

      »Ja und nein«, erwiderte der andere. »Haben Sie Ihre Rechnung fertig?«

      »Ja«, sagte Beck. »Ich habe sie täglich auf den neuesten Stand gebracht.«

      »Wie viel?«, fragte der andere.

      »Zwanzigtausend«, antwortete Beck. »Ich habe einen einen kleinen Rabatt eingeräumt.«

      »Ausgezeichnet. Das Geld kommt morgen Abend – mit einem Boten. Seien Sie um 19.30 Uhr in Ihrem Büro.«

      »Um 19.30 Uhr«, wiederholte Beck irritiert.

      »Ja, und dann habe ich noch eine letzte Aufgabe für Sie. Verabreden Sie sich mit ihr für morgen Abend um 19.00 Uhr.«

      »Sie hat erst um 19.00 Uhr frei. Aber ich kann sie in der Bibliothek abholen.«

      »Nein, dann sagen wir 19.30 Uhr. Am Bahnhof.«

      »Ja, aber da bin ich doch in meinem Büro.«

      »Ja, das weiß ich. Sie brauchen nur die Verabredung zu treffen, dann ist Ihr Job beendet. Morgen bekommen


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