TEXT + KRITIK 155 - Herta Müller. Группа авторов

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dem Roman) ablegen, unter dem Zeichen der ›Überlebensschuld‹: »Wenn wir schweigen, werden wir unangenehm (…), wenn wir reden, werden wir lächerlich.«23 In »Heute wär ich mir lieber nicht begegnet« schließlich strukturiert die Straßenbahnfahrt der Hauptfigur zu ihren Verhören durch die Securitate den Roman und bringt die Erzählerin, unterbrochen von Erinnerungen und Reflexionen, der Gefahr des Verhörs und der Gefahr, im Verhör (sich) selbst zu verraten, beständig näher. Das scheint deshalb wichtig zu betonen, um den epischen Zug der Texte, ihre auf ›Was-Spannung‹ angelegte Handlung, die Welthaltigkeit transportiert und auch rein stofflich interessierte Leser*innen anspricht, hervorzuheben, obgleich in Rezeption und Forschung häufig das Bildmächtige, Poetische, oft Surreale der Metaphorik und die nahezu traumlogikhaften Handlungsabläufe betont werden.

      Die in der konkreten Situation der Diktatur geschulte Wahrnehmung ist ebenso Überlebensinstinkt wie poetische Gabe; die Mehrdeutigkeit der Bilder und der Sprache sind Gefahr und Geschenk – das führen die Romane auf engstem Raum vor, ohne es weitschweifig explizieren zu müssen.