Basiswissen ITIL 4. Nadin Ebel

Basiswissen ITIL 4 - Nadin Ebel


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Rollen, Prozesse und Funktionen auf das jeweilige ITIL-Buch und die jeweilige Phase im Lebenszyklus eines Service (siehe Abb. 2–4). Dadurch konnte der Eindruck entstehen, dass bspw. ein Incident Management nur in der Phase Service-Betrieb (Service Operations) aktiv war. Nicht explizit beschrieben wurde die Notwendigkeit, dass bereits beim Design eines neuen Service oder eines neuen Produkts abgestimmt werden musste, welche Anpassungen für die spätere Unterstützung des neuen Service oder Produkts im Betrieb durch das Incident Management notwendig sind. Dazu können bspw. neue Abläufe als Ausprägungen im Incident Management zählen (Einbindung neuer Supportgruppen) oder (weitere) toolseitige Anpassungen wie neue Kategorien, neue Gruppen oder neue/angepasste Eskalationsstufen. Auch bei der Betriebseinführung (Service Transition) oder der kontinuierlichen Verbesserung ist das Incident Management beteiligt.

       Abb. 2–6 Überführung des Service-Lebenszyklusmodells zur ITIL Service Value Chain (nach AXELOS-Material (ITIL®), Wiedergabe lizensiert von AXELOS)

      Es wurde durch die Lebenszyklus-Struktur eine eher sequenzielle Vorgehensweise beschrieben, die in der Praxis in dieser strikten Ausprägung nicht gelebt wird. Eine agile Service- oder Produktentwicklung würde durch sie zudem erschwert werden. Einzug gehalten hat daher ein neues, zentrales Modell: Das Service Value System ist ein Schlüsselelement der neuen ITIL-Version. Alle Bemühungen des Service Provider sollten darauf ausgerichtet sein, aus einer Anforderung eines Kunden oder einer neuen Möglichkeit am Markt einen Service oder ein Produkt zu entwickeln, das einen Wert für den Kunden erbringt. Es reicht nicht aus, ein paar wenige Prozesse zu dokumentieren oder Services zu beschreiben, die vielfach nur die technische Sicht widerspiegeln. Der Ansatz muss ganzheitlich und wertorientiert sein. Ein Mehr an Service- und Kundenorientierung ist unerlässlich.

      So beschreibt ITIL 4 ein Service-Werte-System (Service Value System (SVS)), in dem auch die Wertschöpfungskette (Service Value Chain) des Service Provider eingebunden ist. Über eine sogenannte Heatmap (siehe Abb. 2–8 oder eine andere Darstellungsform) kann verdeutlicht werden, wo sich innerhalb der Wertschöpfungskette bspw. das Problem Management (in eher starker oder geringfügiger Ausprägung) findet, wie Abb. 2–7 zeigt.

       Abb. 2–7 ITIL 4 Heatmap für das Problem Management, die durch Einfärbung die Stärke der Beteiligung und des Beitrags an den Value-Chain-Aktivitäten anzeigt (nach AXELOS-Material (ITIL®), Wiedergabe lizensiert von AXELOS)

      Eine solche Heatmap (»Wärmebild«) zeigt als Visualisierung markante Werte an und hilft, intuitiv und schnell einen Überblick zu geben. Üblicherweise sind in einer Heatmap Zahlenwerte je nach Größe farblich markiert. Die Heatmap als Visualisierungsmethode für Daten oder Informationen existiert seit dem 19. Jahrhundert, als Pariser Stadtplaner die Karte der Stadt in verschiedenen Farben einfärbten, um erhobene statistische Daten anschaulicher darzustellen. Heutzutage existieren zahlreiche Beispiele für die Nutzung von Heatmaps: bei Wetterkarten, bei der Energieberatung, bei der Analyse von Wegstrecken (bei Fußballspielen oder anderen Laufwegen, siehe Abb. 2–8) oder für die Analyse von Websites im Online-Marketing.

      Auf der einen Seite erscheint ITIL durch das SVS komplexer und abstrakter. Auf der anderen Seite sind mehr praktische Aspekte zu den Bestandteilen von ITIL hinzugekommen.

       Abb. 2–8 Beispielhafte Heatmap von Lahms Laufwegen 2014 beim Spiel Deutschland gegen Chile (Quelle: DFB)

      Auf das SVS (im Mittelpunkt der Abb. 2–9) wirken vier Dimensionen, die im sogenannten Vier-Dimensionen-Modell über sechs externe Faktoren beeinflusst werden können.

       Abb. 2–9 Das Vier-Dimensionen-Modell als zweite Schlüsselkomponente von ITIL 4 (nach AXELOS-Material (ITIL®), Wiedergabe lizensiert von AXELOS)

      Dieses Modell stellt das zweite zentrale Element des aktuellen Frameworks dar. Diese vier Dimensionen in ITIL 4 erinnern an die vier Ps aus der Service-Design-Lebenszyklusphase der ITIL V3:

       People (Mitarbeiter)

       Processes (Prozesse)

       Products (Services, Technologien und Tools)

       Partners (Lieferanten, Hersteller, Händler)

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       Abb. 2–10 Die vier Ps der ITIL V3 (aus der Service-Design-Lebenszyklusphase, auch in Anlehnung an Mintzberg 1987)

       Grundprinzipien als ITIL-4-Bestandteil

      Die neun »Guiding Principles« (grundlegende ITIL-Leitlinien oder -Grundprinzipien) aus der Practitioner-Veröffentlichung der ITIL V3 (siehe Abschnitt 2.1.5) haben mit geringfügigen Anpassungen Einzug gehalten in ITIL 4 (siehe Tabelle). In ITIL 4 sind es sieben Grundprinzipien. Auch durch sie weist die aktuelle Version den Bezug zu Ansätzen und Methoden wie Lean Management, Kanban oder Agile auf.


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