Basiswissen ITIL 4. Nadin Ebel
auf Basis der Kostenträger auf. Ansatzweise gehörte auch grundlegendes Controlling-Know-how ohne besonderen Bezug auf IT Service Management dazu.
ITIL V3 ging noch einen Schritt weiter und hat bspw. das Glossar deutlich im Hinblick auf betriebswirtschaftliche Fachausdrücke erweitert. Darüber hinaus beschäftigt sich das Buch »Service Strategy« intensiv mit unternehmensorientierten Fragen sowie Themen der Strategie- und Organisationsentwicklung.
Die ITIL-Bände wurden durch die Überarbeitung »gepimpt«. Es wirkte für einige Teile der Kernpublikationen ein bisschen so, als ob die Autoren in Bezug auf gefragte Themen und Schlagworte das Ohr auf die Schiene gelegt und für jede Interessengruppe ein »Schmankerl« mit dazugepackt hätten. Shared Services, Service Oriented Architecture (SOA), Web Services, Virtualisierung und anderen aktuellen Entwicklungen wurde Rechnung getragen. Auch diese Entwicklung hat sich in ITIL 4 fortgesetzt.
Die Kernpublikationen der ITIL V3
Die ITIL-V3-Bibliothek organisierte sich in verschiedenen Büchern (Kernpublikationen), welche nach den Stationen eines Service-Lebenszyklus gegliedert sind: Service Strategy, Service Design, Service Transition, Service Operation, Continual Service Improvement. Betrachtet man die IT-Organisation und den Service-Lebenszyklus der V3 aus der ITIL-Perspektive, so wird deutlich, dass einmal definierte IT Services keine starren, unveränderlichen Beschreibungen darstellen. Gerade aus diesem Ansatz heraus sind die Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Stationen des Service Lifecycle relevant.
Die fünf Kernbücher besitzen die gleiche Struktur, wobei der Band »Continual Service Improvement« leicht davon abweicht:
Einführung
Service Management als Best Practice
Prinzipien
Prozesse mit dem jeweiligen Ziel, Prozessaktivitäten, In- und Output, Leistungsindikatoren (KPI), kritische Erfolgsfaktoren (CSF) sowie ihre Herausforderungen/Risiken
Organisation (Funktion, Rollen, Aufbauorganisation)
Technische Aspekte
Implementierung der jeweiligen Inhalte
Abschluss
Ergänzende Literatur
Anhänge
Diese Struktur wurde in den Bänden der ITIL Edition 2011 beibehalten.
2.1.4ITIL V3, ITIL Edition 2011
Von 2010 an trug das Cabinet Office die organisatorische Verantwortung für ITIL und löste so die OGC ab. Unter seiner Verantwortung wurde am 29. Juli 2011 das Update der ITIL-Version 3 veröffentlicht, das die Bezeichnung ITIL Edition 2011 trägt. So sollte deutlich werden, dass es sich bei der Aktualisierung nicht um eine neue, komplett überarbeitete Version, sondern um ein Update der Version 3 aus dem Jahr 2007, genannt ITIL Edition 2007, handelt.
Zum 1. Juli 2013 hat die APMG die Rechtinhaberschaft und die Vermarktung der Rechte an AXELOS Ltd. abgegeben. AXELOS ist ein Joint Venture aus Cabinet Office und Capita plc, die 51% an dem Joint Venture hält, und seitdem neuer Eigentümer von Best-Practice-Veröffentlichungen wie bspw. ITIL, PRINCE2 (Project Management), PRINCE2 Agile, AgileSHIFT (Enterprise Agility), RESILIA (Cyber Resilience), MSP (Programme Management), P3O (Project Offices) oder M_o_R (Risk Management). Nach einer Übergangsfrist verfolgt AXELOS die ihr zugedachten Aufgaben seit Januar 2014.
Im Rahmen der Überarbeitungen gab es in der ITIL V3 Edition 2011 einen spezifischen Prozess im Band Service Strategy, der den allgemeinen Anforderungen der Strategiegenerierung und -implementierung Rechnung trägt: Strategy Management for IT Services (siehe Abb. 2–4). Hier sind die Inhalte eingeflossen, die vorher als Prinzipien im allgemeinen Teil des Bandes Service Strategy beschrieben wurden. Auch der Prozess Business Relationship Management, der in der Edition 2007 lediglich implizit in Teilen im Service Level Management und im Service Portfolio Management enthalten war, wurde Teil der Lifecycle-Phase Service Strategy. Das Business Relationship Management (BRM) stellt eine Verbindung zwischen dem Service Provider und den Kunden auf strategischer und taktischer Ebene dar, fördert das gegenseitige Verständnis und ist Basis für Aufbau und Pflege der Kundenbeziehung aus Sicht des IT Service Provider.
Abb. 2–4 Die Prozesse und Funktionen als Inhalte der fünf Kernpublikationen der ITIL Edition 2011 (oben) und als Inhalte der Service-Lebenszyklusphasen (unten)
Der Prozess Design Coordination war ein neuer Bestandteil der Kernpublikation im Band Service Design. Dieser Prozess bildet die Basis, um durch konsistente und praktikable Vorgaben und Empfehlungen für die verschiedenen Design-Aspekte sicherzustellen, dass die Zielsetzungen der Service-Design-Phase erreicht werden. Der Prozess Evaluation aus der Edition 2007, der dem Band Service Operation zuzuordnen ist, wurde in Change Evaluation umbenannt und überarbeitet.
Im Band Continual Service Improvement wurde die Anzahl der Prozesse auf einen verbliebenen Prozess reduziert. Die Inhalte der beiden Prozesse aus der Edition 2007 Service Reporting und Service Management flossen sowohl in die Abschnitte zu den Prinzipien als auch zu den Methoden und Techniken der kontinuierlichen Verbesserung (Continual Service Improvement, CSI) ein.
Prozessüberarbeitungen wie im Request Fulfilment oder im Problem Management fanden statt. Neue Instrumentarien waren bspw. im Band Service Strategy durch die Einführung der Service Charter und der Service-Modelle zu finden. Das CSI-Register war ein neues Instrument aus dem Band CSI, um identifizierte Verbesserungen zu dokumentieren. Auch neue Rollen waren Bestandteil der Überarbeitungen. Der Demand Manager und der Business Relationship Manager wurden aufgenommen. Darüber hinaus gab es auch Verschiebungen über alle fünf Bände hinweg, um Themen besser einzuordnen und die Konsistenz zu verbessern.
2.1.5ITIL Practitioner
Im Januar 2016 gab es eine völlig neue ITIL-Veröffentlichung, die sich dem Einsatz und der Anpassung von ITIL in der Praxis (»adopt and adapt«) widmete: ITIL Practitioner Guidance. Im März 2017 folgte die deutsche Ausgabe mit dem Titel »ITIL-Practitioner-Leitlinien« (siehe Abb. 2–5).
Abb. 2–5 Die historische ITIL-Entwicklung und die jeweiligen ITIL-Publikationen
Inhalt sind neun Grundprinzipien, die als unerlässlich für ein erfolgreiches Service Management anzusehen sind und eine deutliche Orientierung in Richtung von Ansätzen wie Lean Management, Agile oder Kanban aufweisen. Die neun Grundprinzipien lauten:
Wertorientierung (Focus on Value)
Design für Erfahrung (Design for Experience)
Dort beginnen, wo man steht (Start where you are)
Ganzheitlich arbeiten (Work holistically)
Sich iterativ weiterentwickeln (Progress iteratively)
Direkt beobachten (Observe directly)
Transparent sein (Be transparent)
Zusammenarbeiten (Collaborate)
Auf Einfachheit achten (Keep it simple)
Auch der CSI-Ansatz als Vorgehensmodell