Basiswissen ITIL 4. Nadin Ebel

Basiswissen ITIL 4 - Nadin Ebel


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Messungen wurde praxisorientiert aufbereitet.

      Wichtige Erfolgskriterien für eine erfolgreiche Service-Management-Einführung und -Etablierung sowie die Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen sind organisatorisches Change-Management (Organizational Change Management (OCM)) und die Kommunikation. Ihnen wurde in dieser Veröffentlichung Raum geschenkt, um zu verdeutlichen, wie immens wichtig sie sind, um solchen Veränderungsinitiativen wie einer Service-Management-Einführung zu einem nachhaltigen und wertschöpfenden Erfolg zu verhelfen.

      Das Zusammenspiel von ITIL mit anderen Methoden wie Lean, Agile oder Kanban, aber auch COBIT (bspw. über die Zielhierarchie) und der Balanced Score Card in der Praxis sowie dem organisatorischen Veränderungsmanagement sind Aspekte, die in den bisherigen ITIL-Publikationen nicht in der notwendigen Form ausgeprägt waren. Die Inhalte der Practitioner-Veröffentlichung unterstützen die Organisation, Service Management als tiefgreifende, akzeptierte und erfolgreiche Veränderung in der Organisation zu etablieren. Nur so kann die Organisation ITIL so anwenden und nutzen, dass Service Management wirklich einen Mehrwert für die Kunden bringt. In dem Sinne sollte sich die Organisation bestmöglich auf das Business ausrichten.

       Exkurs

      Der Fokus bei den Practitioner-Leitlinien ist nicht mehr nur auf die IT beschränkt, sondern wurde weiter gefasst. Es ging um Einführung und Etablierung von Service Management (weniger um das enger gefasste IT Service Management). Dies entspricht der Entwicklung vom IT Service Management mehr in Richtung Enterprise Service Management, die bereits seit einigen Jahren zu beobachten ist (siehe Abschnitt 1.5).

      In der Practitioner-Veröffentlichung tauchte der Begriff der »Praktiken« (Practices) initial auf. Er ist dort definiert als »Arbeitsweise oder Methode, wie die Arbeit auszuführen ist. Practices können Aktivitäten, Prozesse, Funktionen, Standards und Leitlinien sein«. In ITIL 4 bezieht sich der »Practice«-Begriff allerdings auf Fähigkeiten, die eine Organisation nutzt und entwickelt (Capabilities). Hier wäre es nicht korrekt, Practices als reine Verfahrensweisen einzuordnen.

       2.1.6ITIL 4

      Die Veröffentlichungen zur ITIL 4, als ITIL 4 Edition bezeichnet, starteten im Februar 2019 mit der ITIL-4-Foundation-Publikation. Die weiteren Veröffentlichungen folgten korrespondierend zu den ITIL-4-Personen-Zertifizierungen mit den dazugehörigen Kursen und Prüfungen ab der zweiten Jahreshälfte 2019 und 2020. Bisher wurden die sogenannten ITIL-Kernpublikationen zusammen veröffentlicht und daraus die Inhalte für die verschiedenen Zertifizierungen und Zertifizierungsstufen abgeleitet.

      Laut PINK ELEPHANT soll die Bezeichnung ITIL 4 auch den Bezug von ITIL zur vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0) verdeutlichen (»This name reflects the role ITIL 4 will play in supporting individuals and organisations to navigate the Fourth Industrial Revolution«). Gemeint war mit der Bezeichnung Industrie 4.0 ursprünglich ein Zukunftsprojekt der Bundesregierung zur umfassenden Digitalisierung der industriellen Produktion, um sie für die Zukunft besser zu rüsten. Dazu zählt vor allem die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen in der Industrie mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie. Es geht um die »Organisation und Steuerung der gesamten Wertschöpfungskette über den Lebenszyklus von Produkten. Dieser Zyklus orientiert sich an den zunehmend individualisierten Kundenwünschen und erstreckt sich von der Idee, dem Auftrag über die Entwicklung und Fertigung, die Auslieferung eines Produkts an den Endkunden bis hin zum Recycling, einschließlich der damit verbundenen Dienstleistungen« (Quelle: BITKOM).

       Neue Inhalte und mehr Kunden- und Wertorientierung

      ITIL 4 wird als Update der bisherigen Version ITILV3 von 2011 eingeordnet. In diesem Sinne enthält ITIL 4 Erweiterungen zum Service-Verständnis und Anpassungen grundlegender Modelle. Das Framework soll gleichzeitig den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen und geänderten Schwerpunkten Rechnung tragen, die sich in der Zwischenzeit mit dem Zugzwang hin zu einer digitalen Transformation für die IT im Zusammenspiel mit dem Business ergeben haben.

      ITIL 4 stellt nun die Wertschöpfung in den Mittelpunkt. Services und Produkte müssen einen Mehrwert erbringen. Im Unterschied zur vorherigen Version ist in ITIL 4 der Wertschöpfungsgedanke durch den Begriff »Value Co-Creation« (siehe Abschnitt 1.2.1.1), also gemeinsame Wertschöpfung zwischen Service Provider und Service-Konsument, anstelle einer einseitigen Mehrwertbereitstellung, geprägt. Die IT-Organisation soll nicht mehr nur reagieren und sich im Sinne des »Business-/IT-Alignments« – wie es in ITIL V3 hieß – auf das Business ausrichten. Sie soll vielmehr zum strategischen Partner und »Business Enabler« im Zeitalter der Digitalisierung mutieren. Dazu sind eine partnerschaftliche Zusammenarbeit und mehr Kenntnisse über die Geschäftsprozesse und die Herausforderungen des Service-Konsumenten notwendig. Dies spiegelt auch eine in diesem Kontext wichtige Änderung von ITIL 4 wider: die Definition des Service-Begriffs (»Ein Service ist ein Mittel, um die aktive gemeinsame Wertschöpfung zu ermöglichen, indem er die Ergebnisse fördert, die Kunden erreichen wollen, ohne dass der Kunde spezifische Kosten und Risiken trägt«).

      ITIL 4 erweitert die Inhalte der V3 anhand neuer Entwicklungen und neuer Erkenntnisse im aktuellen Kontext des Informationszeitalters. Ansätze und Themen wie Agile, Lean und DevOps oder Cloud Computing und Service-Integration/-Brokerage (Service Integration and Management, SIAM) werden aufgegriffen, die – wie bereits in Abschnitt 2.1.5 erwähnt – bereits über die Leitlinien der Practitioner-Veröffentlichung Eingang gefunden haben. Allerdings wird nicht konkret festgelegt, wie die aktuellen Ansätze und Modelle konkret mit den Best Practices in ITIL zu verknüpfen sind. Es wird lediglich aufgezeigt, dass es eine Verbindung gibt und dass gewisse Prinzipien und Forderungen für das Service Management in ITIL zu berücksichtigen sind.

      ITIL konnte sich der Tatsache nicht verschließen, dass die IT immer mehr und immer deutlicher in anderen Unternehmensteile und -funktionen eingebettet wird und damit auch die Abhängigkeit zwischen IT und Business sowie der Innovationsdruck für die IT wachsen. Zudem gibt es in vielen Organisationen Entwicklungen, die ITIL schon fast verschlafen hätte, wie bspw. die Tatsache, dass Softwareentwicklung und IT Operations (Betrieb) zusammenrücken (DevOps), klassische fachliche Silos aufgebrochen werden müssen und funktionsübergreifende Teams (agil) zusammenarbeiten. Manchmal schien und scheint es fast so, als ob ITIL als schwergewichtiger Dinosaurier den einen oder anderen Trend zu verschlafen droht. Durch das neue zentrale Element der ITIL 4, dem Service Value System (SVS, siehe auch nachfolgenden Abschnitt und Kapitel 5) möchte das Framework dem Aufbrechen von Silos noch deutlicher begegnen.

      Digitalisierung und Automatisierung von Leistungen sind bereits Realität und werden heutzutage von Unternehmen, Kunden, Anwendern und Bürgern erwartet. Dieser Erwartungshaltung sind die Organisationen, die die IT benötigen, auf ihrem Weg der digitalen Transformation in einer höchst volatilen Markt- und Unternehmensumwelt ausgesetzt. Auch politische Unsicherheiten, die Kopplung an die Finanzmärkte und eine wachsende Komplexität durch die Globalisierung tragen zur Volatilität, also der Unbeständigkeit oder den Schwankungen, bei. ITIL muss diese Aspekte berücksichtigen, um auch in Zukunft als erfolgversprechendes Best Practice Framework zu gelten.

       Service Value System und Vier-Dimensionen-Modell

      Der Service-Lebenszyklus wurde nicht explizit verworfen, wird aber als Modell in ITIL 4 nicht mehr aufgegriffen. Zentrales Modell ist nun das ITIL Service Value System (SVS, Service-Wertsystem) mit der Service Value Chain, um die Abläufe des Service Provider in einer ganzheitlichen Sicht zu skizzieren (siehe Abb. 2–6).

      Ein Kritikpunkt am Lebenszyklus und die Nutzung der Phasen als Basis für die Aufteilung in die


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