Die Politik Jesu. John Howard Yoder
Paulus und der moderne Mensch
Zuerst für die Juden, doch auch für die Griechen
Weitere wichtige Werke von John Howard Yoder (Auswahl)
Sekundärliteratur zu John Howard Yoder (Auswahl)
Weitere Bücher der Edition Bienenberg
Vorwort von Tobias Faix
Dieses Buch ist ohne Zweifel ein Ärgernis. Und dies schon seit 40 Jahren. Aber das war von John Howard Yoder durchaus beabsichtigt. Es soll „anregende Verwirrung“ stiften, wie Yoder selbst formuliert, und das trifft es ganz gut. Seine Gedanken sind quer und gehören nicht zu dem theologischen „Fast food“, das heutzutage oft angeboten wird. Seine interdisziplinären Querverweise machen dieses Buch zwar nicht immer einfach zu lesen, aber sie geben der Thematik die nötige Tiefe und Weisheit. Yoder hat ein kluges Buch geschrieben. Ein Buch voller prophetischer Kraft, das dem Zeitgeist in die Parade fährt und schon in den 1970er Jahren vieles kritisch vorhersah, mit dem wir uns heute als Christinnen und Christen auseinandersetzen.
Yoders theologische Überlegungen haben das Ziel, das vorherrschende theologische Korsett zu sprengen und neu zu fragen, was Jesus für uns heute bedeutet. Er konfrontiert den Jesus der Evangelien mit der Gegenwart, ohne in die naiv-theologische Falle des Simplizismus zu geraten, der Nachfolge mit einfacher Nachahmung des Weges Jesu verwechselt. Nein, Yoder ist sich der historischen Situation um die Person Jesu bewusst und möchte die Kluft zwischen Vergangenheit und Gegenwart überwinden, indem er mit exegetischen und hermeneutischen Mitteln einen eigenen sozialethischen Ansatz zu entwickeln, der Christinnen und Christen hilft mitten in der Welt als Kontrastgesellschaft zu leben. Dies zeigt sich vor allem durch die präsentische Betonung in seiner Reich-Gottes-Theologie. Yoder ermutigt, sich den Macht- und Strukturproblemen unserer Zeit aktiv zu stellen und das Evangelium nicht auf eine individualistisch verengte Auslegung zu reduzieren. Seine These, dass Jesus als Urheber eines radikalen sozialen Wandels betrachtet werden müsse und tatsächlich zu Lebzeiten ein Jubeljahr ausgerufen hat (Lk 4,16–30), beeinflusste viele Theologen weltweit. So schreibt Yoder (S. 80 in dem vorliegenden Buch):
Jesus proklamierte im Jahr 26 tatsächlich ein Jubeljahr nach den mosaischen Sabbatvorschriften: ein Jubeljahr, das in der Lage gewesen wäre, die sozialen Probleme Israels durch Schuldenerlass und durch die Befreiung von Schuldnern, deren Zahlungsunfähigkeit sie zur Sklaverei erniedrigt hatte, zu lösen.
Diese Gedanken haben eine ganze Generation von Christen weltweit beeinflusst, wie beispielsweise Ronald J. Sider, David Bosch, Samuel Escobar, Brian McLaren, Jim Wallis oder Shane Claiborne. Gerade Letzterer hat Yoders Gedanken aufgenommen und in seiner Lebensgemeinschaft in einem Armenviertel von Philadelphia (The Simple Way) praktisch umgesetzt und in seinen Bestsellern Ich muss verrückt sein, so zu leben: Kompromisslose Experimente in Sachen Nächstenliebe und Jesus for President reflektiert, verarbeitet und weiterentwickelt und ist so ein Vorbild für viele geworden.
Yoders Kombination aus Klarheit und Radikalität macht Die Politik Jesu zu einem der wichtigsten Bücher der letzten Jahrzehnte. Die Neuauflage kommt deshalb gerade richtig, mitten in eine Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs und des diakonischen Aufbruchs. Viele Kirchen und Gemeinden entdecken ihren gesellschaftlichen Auftrag wieder neu und versuchen, die Liebe Christi in ihre Nachbarschaft zu tragen. Dabei stoßen sie auf sozialethische Fragen, wie wir Christen mit Konsum, Umweltzerstörung oder Konflikten umzugehen haben. Yoder zeigt, dass die Bibel diese Fragen auf und ernst nimmt und sie in eine ganzheitliche Nachfolge Christi führen. Yoders Sprache ist dabei immer so scharf und pointiert wie sein Inhalt und wer sich mit „dem Krieg des Lammes“ oder „der revolutionären Unterordnung“ auseinandersetzt, lernt einen großen intellektuellen und doch demütigen Nachfolger Christi kennen, der in Schlichtheit und Kraft ein Buch geschrieben hat, das auch die nächsten 40 Jahren noch gelesen werden wird, dessen bin ich mir sicher.
Tobias Faix
Vorwort von Fernando Enns
Nur wenigen Büchern ist es vergönnt, noch zu Lebzeiten des Autors zum „Klassiker“ zu werden. John Howard Yoder gelang dies – freilich ohne Absicht – mit diesem Buch bereits in der ersten Auflage (1972). Ganze Generationen von Theologinnen und Theologen – bei weitem nicht nur aus der friedenskirchlichen Tradition – behaupten inzwischen, dies sei in ihrer gesamten theologischen Bildung zur bahnbrechenden Lektüre geworden. Die Zeitschrift Christianity Today zählte im Jahr 2000 Die Politik Jesu gar zu den zehn wichtigsten theologischen Büchern des 20. Jahrhunderts überhaupt.
Das liegt sicherlich nicht zuletzt darin begründet, dass Yoder in unvergleichlicher Einfachheit die These vertritt, dass das Leben und die Lehre Jesu relevant sind für die sozialpolitische Gestaltung der Gesellschaft. Wer Christus bekennt und die Wahrheit des Hereinbrechens seines Reiches glaubt, findet in den Zeugnissen des Neuen Testaments einen deutlich vorgezeichneten Aufruf zum Leben einer entsprechenden „messianischen Ethik“.
Yoder lässt