Abseits. Johanna Constantini

Abseits - Johanna Constantini


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      Die ersten der nun über zwei Jahrzehnte andauernden Fußballcamps mit Didi Constantini wurden von der Telekom Austria unterstützt. Foto: Constantini

Bis zu 13 Camps fanden jeden Sommer statt. Die 6- bis 16-jährigen Teilnehmer konnten dabei lange Zeit auch vor Ort in Unterkünften übernachten. Aktuell finden nach wie vor zwei Trainingseinheiten täglich statt, und die Teilnehmer schlafen zu Hause. Foto: Constantini

      Bis zu 13 Camps fanden jeden Sommer statt. Die 6- bis 16-jährigen Teilnehmer konnten dabei lange Zeit auch vor Ort in Unterkünften übernachten. Aktuell finden nach wie vor zwei Trainingseinheiten täglich statt, und die Teilnehmer schlafen zu Hause. Foto: Constantini

Nach wie vor lässt es sich Papa nicht nehmen, seine Camps zu besuchen. Wie hier im Jahr 2019 kurz nach seinem Unfall Foto: Constantini

      Nach wie vor lässt es sich Papa nicht nehmen, seine Camps zu besuchen. Wie hier im Jahr 2019 kurz nach seinem Unfall. Foto: Constantini

Mit Camp-Teilnehmer Julian beim Camp in Ischgl im Jahr 2018. Foto: Constantini

      Mit Camp-Teilnehmer Julian beim Camp in Ischgl im Jahr 2018. Foto: Constantini

Auch im Jahr 2019 und damit kurz nach seinem Unfall fieberte Papa am Rand des Austragungsplatzes des Turniers mit. Foto: Mel Burger

      Auch im Jahr 2019 und damit kurz nach seinem Unfall fieberte Papa am Rand des Austragungsplatzes des Turniers mit. Foto: Mel Burger

Dank unserer Eltern wurde Leni und mir der Reitsport ermöglicht. Bis heute genießen wir die Zeit mit den Pferden. Foto: Fotoagentur Dill

      Dank unserer Eltern wurde Leni und mir der Reitsport ermöglicht. Bis heute genießen wir die Zeit mit den Pferden. Foto: Fotoagentur Dill

Aleksandar Dragovich zählte zu jenen „jungen Wilden“, die ihr Nationalteam-Debüt unter Papa als Trainer gegeben haben. Foto: APA

      Aleksandar Dragovich zählte zu jenen „jungen Wilden“, die ihr Nationalteam-Debüt unter Papa als Trainer gegeben haben. Foto: APA

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      Hashtag Didi Constantini

      „Stir it up“ – Rühr es auf! – sollte sinngemäß jedenfalls auch zutreffen, als ich mich – aufgewühlt durch die Geschehnisse der letzten Stunden – in der Nacht nach Papas Unfall um die mediale Richtigstellung bemühte. Unsere Camp-Seite war dafür vielleicht nicht die passendste Plattform, aber wir mussten schließlich irgendwo auf die vielen Schlagzeilen des „schwerverletzten Ex-Nationaltrainers“ reagieren. Glücklicherweise hatte es sich bei Papas Verletzungen ja wirklich nicht um solche von lebensbedrohlichen Ausmaßen gehandelt. Trotzdem zogen jene ersten Berichte bereits wenige Minuten nach ihrer Veröffentlichung unzählige Nachrichten über Whatsapp, SMS, diverse Messenger-Dienste sowie Anrufe und Mails nach sich. Und ließen unsere Displays die ganze erste Nacht nach dem Unfall glühen – eine Anteilnahme unermesslichen Ausmaßes, die mir zeigte, nein bestätigte, welch hohe Sympathiewerte mein Papa auch Jahre nach seinem offiziellen Rückzug aus dem Sport noch genoss. Vor allem in jener ersten Nacht nach dem Unfall überforderten uns diese zahlreichen Nachrichten aber auch zugleich. Selbst konnten wir ja noch gar nicht begreifen, was an diesem vergangenen Nachmittag des 4. Juni 2019 passiert war.

      Heute – und damit ein knappes Jahr nach diesen so aufwühlenden Stunden – bin ich für jede einzelne Botschaft dankbar. Vor allem für die zahlreichen Nachrichten von den Menschen, die sich nach dem Unfall direkt an uns gewandt haben. Auch für die Kontaktnahme jener Medienvertreter, die zuerst bei uns nachfragten und dann die von uns freigegebenen Informationen abdruckten. Ich bin für alle dankbar, die online oder telefonisch ihre Anteilnahme und die vielen Genesungswünsche kundgetan haben. Die in der Klinik vorbeigekommen sind und mit meinem Papa gelacht und gesprochen haben, über Fußball, die gerade laufende Frauenfußball-WM und alles, was ihn in diesem Moment interessierte. Ich erinnere mich gerne daran, wie er sich über die vielen Besucher freute. Über die Menschen, die es überaus gut mit ihm meinten und meinen und deren Zuspruch unserer ganzen Familie so gutgetan hat.

      Natürlich brachten diese Tage auch Enttäuschungen. So haben sich manche Menschen nicht gemeldet, von denen wir es erwartet hatten. Möglicherweise, weil sie aus Scham den Kontakt zu uns gescheut hatten. Vielleicht, weil sie meinten, nicht die richtigen Worte finden zu können. Zur Popularität gehört immer auch ein reger Wechsel an Weggefährten. Diese Erfahrung hat mein Papa in seinem Leben wohl mehr als einmal gemacht. Von den einst besten Freunden – als er berühmt und stets auch sehr großzügig war – sind so manche von der Bildfläche verschwunden, sobald er nicht mehr zur besten Sendezeit auf dem Bildschirm erschien.

      Papa selbst sprach über sein Tun nicht allzu gerne auf jenen Kanälen mit den höchsten Einschaltquoten. Vielmehr war er stets jemand, der Taten sprechen lassen wollte. So erfuhren die Medien beispielweise von ihm nicht, wie er für einen jungen Admiraner, der sich das Begräbnis für seine verstorbene Mutter nicht leisten konnte, Spenden über den Verein gesammelt hat. Als Tochter kenne ich unzählige Beispiele mehr, in denen Papa seine Menschlichkeit bewies und niemals offen darüber sprach.

      Während jener Tage in der Klinik jedenfalls taten wir gut daran, Enttäuschungen über diejenigen, die sich nicht gemeldet hatten, keinen allzu hohen Stellenwert einzuräumen. Schließlich mussten wir unsere Energien sparen. Dabei halfen immerhin sehr viele „Herzensmenschen“, indem sie auch negative Begegnungen von uns abzuschirmen versuchten. Innerhalb der Klinikmauern war es zudem das beschäftigte Personal, bestehend aus Pflegern1, Schwestern und Ärzten, die durch ihre professionelle und zuvorkommende Arbeit wesentlich dazu beigetragen haben, dass wir uns dort so anonym wie möglich aufhalten konnten. Gegen neugierige Mitpatienten, die ihren Spaß daran fanden, Papa im weißen Patientenkilt abzulichten, hatte das Klinikpersonal leider keine Handhabe.

      An eine jener Situationen erinnere ich mich noch besonders gut: Ich hatte Papa zum Röntgen begleitet. Ein Kontrollbild seines verletzten Fußes musste gemacht werden, und so war ich ihm und einem Krankenpfleger ins Erdgeschoss bis vor die Behandlungsräume gefolgt.

      Die Untersuchung verlief reibungslos, das Bild konnte schnell gemacht werden, und wir mussten im Anschluss daran noch einige Minuten auf den behandelnden Arzt warten. Der Krankenpfleger hatte Papas Bett an die Wand im Warteraum geschoben, sodass wir uns unterhalten konnten. Papa konnte noch nicht selbst auftreten, weshalb er, im Bett liegend, auf die Ankunft des Mediziners warten musste. Während wir miteinander plauderten, schweifte mein Blick durch den Raum. Eine etwas ältere Dame und ein junger Bursche hatten neben uns auf den Bänken Platz genommen. Der Bursche war mir schon vor der Untersuchung aufgefallen, seine erstaunten und auch etwas erschrockenen Blicke zu Papa hin waren kaum zu übersehen gewesen.

      Mein Gefühl sollte mir recht geben. Während wir warten mussten, beobachtete ich, wie der Bursche langsam, aber sicher sein Handy vor seinem Oberkörper aufrichtete. Er hielt es vor sich in Bauchhöhe senkrecht nach oben, die Kameralinse in der rechten oberen Ecke zielte direkt auf meinen Papa.

      Der Bursche war offensichtlich davon ausgegangen, dass ich in dem Moment zu sehr in das Gespräch mit Papa vertieft gewesen war, um sein Vorhaben beobachten zu können. So hob er sein Smartphone noch etwas schamloser in die Höhe, möglicherweise auch, um das


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