ACT in Klinik und Tagesklinik. Группа авторов
gleichermaßen im Blick zu behalten und auch dazu ist das ACT-Hexaflex (
Es kann zudem für das therapeutische Team hilfreich sein, dieses Grundgerüst der ACT immer vor dem eigenen inneren Auge zu haben, um selbst flexibel im Kontakt mit den Patientinnen und Patienten bleiben zu können – vielleicht sogar, es im Einzelkontakt oder in der Gruppe Prozess für Prozess zu erarbeiten. So steht ein gemeinsames Arbeitsmodell zur Verfügung, dass sowohl mit Kolleginnen und Kollegen als auch mit den Patientinnen und Patienten genutzt werden kann.
Übung »Fallkonzepte mit dem Hexaflex«
Beschreiben Sie einen Patienten oder eine Patientin anhand des Hexaflex-Modells und gleichen Sie Ihre Beschreibung mit denen Ihrer Kolleginnen und Kollegen ab. Ggf. können Sie das Modell miteinander ergänzen. Damit üben Sie, das Hexaflex präsent zu haben, und können es für eine erste Fallkonzeptualisierung, d. h. für die gemeinsame Behandlungsplanung, nutzen (
2.2.3 Kernprozesse und -kompetenzen in der ACT
Achtsamkeit mit Fokus auf Gegenwärtigkeit und Selbst-als-Kontext
Achtsamkeit als Konzept und Praxis hat in den letzten Jahren immer stärker Einzug in die Psychotherapie gehalten. Im Verständnis von ACT umfasst Achtsamkeit nicht nur die Wahrnehmung des gegenwärtigen Moments. Es stellt vielmehr einen übergeordneten Begriff dar, ebenso wie der Begriff Akzeptanz. Beide Fertigkeiten umfassen die Kernprozesse der Defusion, Bereitschaft/Offenheit, Selbst-als-Kontext und Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment. In diesem Kapitel möchten wir Achtsamkeit als den Rumpf des Hexaflex vorstellen, um eine Grundlage für den achtsamen Umgang mit äußeren und inneren Prozessen zu geben. Das heißt eine Orientierung, wie mit Patientinnen und Patienten Kontakt mit dem gegenwärtigen Moment herzustellen ist und das Selbst-als-Kontext entdeckt werden kann.
Nach Kabat-Zinn (1982) bedeutet Achtsamkeit, auf eine bestimmte Art und Weise aufmerksam zu sein: bewusst, in diesem Moment, nicht bewertend. Auch wenn diese und andere Definitionen weit verbreitet und geläufig sind, kommt es doch immer wieder zu Missverständnissen. Es geht bei Achtsamkeit weder um Entspannung per se, noch um angestrengtes Nachdenken über einen Sachverhalt. Auch ist Achtsamkeit nicht damit gleichzusetzen, alles ganz langsam zu machen. Und es handelt sich nicht um ein starres Übungsprogramm.
Was genau ist denn Achtsamkeit im Sinne von ACT? Es ist ein Prozess des Übens, unseren Geist im Hier und Jetzt zu verankern. Oftmals flüchten wir uns in angenehme Fantasien, wenn im Hier und Jetzt Unbehagen droht. Die Achtsamkeit kann uns helfen, im gegenwärtigen Moment zu bleiben, mit allen angenehmen und unangenehmen Anteilen, die dieser bietet. Und um Achtsamkeit zu üben, bedarf es keines neuen Termins im oft schon übervollen Terminkalender. Vielmehr können wir dies wie ein Spiel verstehen. Wir können uns einen kleinen Bereich unseres Lebens aussuchen, den wir für einige Zeit achtsam ausführen wollen. Zum Beispiel das Abendessen, die erste Tasse Kaffee am Morgen, wie wir ans Telefon gehen. Nach und nach können wir immer mehr Bereiche hinzufügen. Unser Geist bleibt dann immer häufiger im Hier und Jetzt.
In der Therapie ist es nützlich, spezifische Übungen mit Patientinnen und Patienten gemeinsam zu praktizieren. Zum Beispiel eine Übung zum Wahrnehmen des Atems und des Körpers in seiner jeweiligen Position. Dies gibt der Patientin oder dem Patienten einen Rahmen, sich dem Thema anzunähern und unter Anleitung erste Erfahrungen sammeln zu können. Auch können so direkt Schwierigkeiten besprochen werden und geeignetere Übungen genutzt werden. Jedoch ist die Übertragung in den Alltag sehr wichtig, damit die- oder derjenige versteht, wozu das Üben dienen soll. Denn Achtsamkeitsübungen sollen nicht einfach ein abzuarbeitendes Programm werden. Es ist wichtig, dass ein Verständnis entstehen kann, wozu diese Übungen auch außerhalb der Sitzungen dienen. Hierzu können kleine alltagsrelevante Übungen vereinbart werden. Zum Beispiel das bewusste Essen des Abendessens. Wenn Patientinnen und Patienten hierfür eigene Ideen einbringen, was sie achtsam ausführen könnten, kann dies unbedingt aufgegriffen werden. Eine mögliche strukturierte Übung ist die Zentrierungsübung nach Eifert & Forsyth (2009).
Zentrierungsübung nach Eifert & Forsyth (2009)
Leiten Sie die Patientin oder den Patienten dazu an, sich aufrecht hinzusetzen, Arme und Beine nicht zu kreuzen und die Augen sanft zu schließen. Zunächst lassen Sie die Aufmerksamkeit auf den Atem richten, der nicht verändert werden muss. Schließlich auf den Körper, die Berührungen mit dem Stuhl und dem Boden. In einem nächsten Schritt leiten Sie die Patientin oder den Patienten an, Gedanken und Gefühle wahrzunehmen und auch diese nur zu beobachten und nicht zu verändern. Abschließend laden Sie dazu ein, diese Haltung des Erlaubens und Akzeptierens auf den Rest des Tages zu übertragen und dann die Augen wieder zu öffnen.
Das bewusste, nicht bewertende Wahrnehmen von Atmung und Körper kann uns schließlich hin zur Wahrnehmung von unseren Gedanken und Gefühlen und schließlich zur Wahrnehmung von uns selbst führen. Unter dem Begriff Selbst-als-Kontext verstehen wir eine beobachtende Rolle unseres Selbst. Selbst-als-Kontext ist eine mögliche Perspektive, die wir auf uns selbst einnehmen können. Eine andere wird als Selbst-als-Inhalt oder das konzeptualisierte Selbst bezeichnet. Darunter verstehen wir die Geschichten, die wir über uns geschaffen haben; wer wir sind, was uns ausmacht. Aber auch Beurteilungen, Bewertungen, Gedanken, Gefühle, Regeln, Erinnerungen, Rollen (Bsp.: Ich als Therapeutin), d. h. verschiedene Rollen, die uns kennzeichnen und die wir einnehmen, und Konzepte, die uns ausmachen. Dies können positive oder negative Konzepte sein. Es ist hilfreich und auch nicht hilfreich, Selbst-als-Inhalt zu haben, je nach Kontext. Zum einen ermöglicht uns ein Konzept von uns selbst automatisierte Verhaltensweisen, je nachdem, welche Rolle wir innehaben. Immer wieder stecken wir jedoch in diesen Rollen und Konzepten fest. Ein achtsamer Umgang mit diesen bedeutet, sich bewusst zu werden, dass Gedanken und Gefühle vorhanden sind, ausgelöst durch die Auseinandersetzung mit einem unserer Selbst-Konzepte. Dies ist die Perspektive des Selbst-als-Kontext. Es handelt sich um eine stabile, sich nicht verändernde Perspektive, von der aus wir denken, fühlen und erinnern. Wir sind also nicht definiert über unsere Gedanken, Gefühle, Empfindungen und Erinnerungen, sondern vielmehr sind wir das Behältnis, das dies alles aufnimmt. Wenn wir diese Perspektive aktiv einnehmen, können wir uns von möglichen dominanten Selbstkonzepten lösen und uns bewusst machen, dass wir noch weitere Rollen und Konzepte innehaben. Und uns schließlich entscheiden, wie wir uns in der aktuellen Situation verhalten möchten. Aus dem Automodus eines Konzeptes herauszutreten gelingt nur, wenn ein Bewusstsein entsteht, dass wir in diesem Modus sind und dass dies nicht der einzige Modus ist, den wir haben. Dies heißt, wir können eine flexible Sicht auf uns Selbst einnehmen.
Zur Verdeutlichung des Selbst-als-Kontext sind zahlreiche Metaphern hilfreich. Das Ziel jeder dieser Metaphern liegt darin zu verdeutlichen, dass wir als Menschen mehr sind als der Inhalt (i.S.v. Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen, Konzepten, Rollen, etc.), der uns ausfüllt.
Hierzu kann die »Metapher der Tasse« (Hayes & Ciarrochi 2015) genutzt werden.
Metapher der Tasse
So wie wir Wörter aufnehmen, die uns beschreiben und kennzeichnen, so nimmt eine Tasse unterschiedliche Flüssigkeiten auf. Wir können Orangensaft in die Tasse gießen, aber das verändert nicht die Tasse. Wir können Milch in die Tasse gießen und die Tasse bleibt die gleiche. Wenn wir uns vorstellen, wir würden all die Eigenschaften, Rollen und Konzepte, die uns ausmachen, aufschreiben, ausschneiden und in eine Tasse stecken – würde das die Tasse ändern? Wenn wir alle positiven Dinge in die Tasse geben – würde das die Tasse ändern? Was, wenn wir alle negativen Dinge in die Tasse geben würden? Egal, was wir in die Tasse geben, die Tasse würde immer nur den Inhalt aufnehmen; sie würde sich nicht verändern. So können wir auch uns sehen: