Fürstenkrone Staffel 10 – Adelsroman. Marisa Frank

Fürstenkrone Staffel 10 – Adelsroman - Marisa Frank


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Womöglich sind sie gleichfalls fortgelaufen! Wahrscheinlich wäre es das beste gewesen, wir hätten von der ganzen dummen Heiratsgeschichte meiner Mutter nicht so viel Aufhebens gemacht…«

      »Gotthard!« Ein Entsetzensschrei seiner Gemahlin.

      »Ach was! Schließlich kommt so etwas öfter vor!«

      »Aber nicht in meiner Familie!« erregte sich Eliane.

      »Es ist ja nicht in deiner Familie«, schnappte er, »sondern in meiner!«

      Mit einem gekränkten Blick holte sie tief Luft:

      »Die inzwischen auch die meine ist, wenngleich ist es im Augenblick fast bedaure!«

      Bevor er etwas erwidern konnte, hörte man draußen schnelle Schritte und lautes Weinen. Die Tür flog auf, und Ekatarina stürzte herein.

      »Es ist aus! Es ist aus! Er hat mich verlassen!« schrie sie und warf sich in einen der hübschen, zierlichen und gefährlich knackenden Sessel. Sie verbarg ihr Gesicht in den Händen, und ihre Schultern bebten von wildem Schluchzen.

      Ihre Elter waren einen Moment wie erstarrt. Da Ekatarina sich eine andere Reaktion wünschte, rief sie klagend:

      »Ihr seid schuld!«

      Die beiden schienen zu Statuen erstarrt.

      »Jawohl: ihr! Mir euren altmodischen Ansichten! Weil ihr die arme Omama so gemein behandelt habt!« Verflixt! weshalb sagten sie noch immer keinen Ton?!

      »Was – was ist – passiert?« fragte ihr Vater nun, nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte.

      »Alexander – er – hat mich verlassen! Er – liebt mich nicht mehr!!!!«

      »Das – glaube ich nicht! Das kann nicht sein!« flüsterte Eliane, plötzlich ganz grau im Gesicht. »Warum denn nur? Es gibt doch gar keinen Grund!«

      »Keinen Grund?!« Ekatarinas Stimme überschlug sich vor Zorn. »Euer Benehmen…«

      »Unser – Benehmen…«

      »Ja! Genau! Da lügt ihr, daß die Schönhausens nicht wollen, daß Alexander in eine bürgerlich versippte Familie heiratet – was überhaupt nicht zutrifft! Die beiden sind ganz entsetzt darüber, daß ihr sie da vorgeschoben habt…«

      Gotthard warf seiner immer bleicher werdenden Frau einen strafenden Blick zu.

      »Ich sagte dir ja gleich, wir sollten erst mit Jenny und Woldemar sprechen!«

      »Ich wollte doch nur – daß die Geschichte aus der Welt geschafft ist, bevor sie ihnen zur Ohren kommt…«, jammerte Eliane.

      »Jetzt ist es zu spät«, sagte Ekatarina und sah triumphierend von ihrem Vater zu ihrer Mutter. Wenn die beiden nicht so erschüttert gewesen wären, hätten sie bestimmt bemerkt, daß ihre Tochter keineswegs so verheult aussah, wie sie eigentlich nach den vorgespielten Tränenfluten aussehen müßte.

      »Was soll ich nur tun?« Eliane war nun ihrerseits am Weinen.

      »Ade, Erbprinz!« Ekatarinas Stimme bebte. Freilich mehr von unterdrücktem Lachen, als von unterdrückten Tränen. Nun weinte ihre Mutter wirklich.

      »Wenn ich denke, daß ich das Glück meiner Tochter ruiniert habe – ich meinte es doch nur gut!« schluchzte sie.

      »Ich kann es irgendwie nicht glauben«, murmelte Gotthard und sah flehend zu Ekatarina hin. Rasch setzte die wieder den passenden, verzweifelten Gesichtsausdruck auf. Sie schien wirklich sehr begabt zu sein – oder war ihr Vater nur so außer sich, daß er ihr das Theater abnahm?

      »Es ist aber so«, sagte sie mit dumpfer Stimme. »Alexander erklärte, daß er niemandem mit einem so schlechten Charakter heiraten wolle. Wegen der Erbanlagen für die Kinder…«

      »Aber – was hat das mit deinem Charakter zu tun?« fragte ihr Vater unglücklich.

      »Da fragst du noch?« Ekatarina sah ihn mit großen, todtraurigen und vorwurfsvollen Augen an: »Ihr habt gelogen. Ihr habt Omamas Glück verhindert, ihr habt euch borniert und hochmütig betragen…«

      »Mir kommt das sehr übertrieben vor.« Gotthard versuchte, sich zu rechtfertigen. »Wahrscheinlich hat Alexander irgend jemand anderen kennengelernt und suchte nur nach einer Ausrede!«

      »Ja, ja, so muß es sein!« rief nun auch Gräfin Eliane.

      »Nein!« schrie Ekatarina erschrocken auf. »So ist es nicht! Er – er – hat mich geliebt…«, und jetzt brach sie wahrhaftig in echte Tränen aus. Die Vorstellung war zu fürchterlich!

      Glücklicherweise standen der verlorengeglaubte Erbprinz und ihre Geschwister vor der Türe.

      »Mein Auftritt!« flüsterte Alexander und blinzelte den beiden zu. Er legte sein Gesicht in ernste Falten und trat in den schönen Salon, der so gar nicht zu der großen Szene, die sich hier abspielte, paßte.

      »Graf Sturmeck, Gräfin…«, sagte er todernst und deutete eine kleine, steife Verbeugung an, die genau zu seinem Tonfall paßte.

      »Alexander – was ist passiert? Wir verstehen Ekatarina nicht!« stieß Eliane hervor und eilte mit ausgestreckten Armen auf ihn zu.

      Er betrat betont einen Schritt zurück.

      »Verzeihung, Gräfin, ich denke, Sie haben Ekatarina sehr gut verstanden. Nach allem, was vorgefallen ist, kann eine Verbindung unserer Familie nicht stattfinden.«

      »Alexander…«

      »Pardon, Graf Sturmeck: so wie die von uns verehrte Gräfin Auguste behandelt wurde – und dies offensichtlich mit dem Einverständnis sämtlicher Familienmitglieder – das kann ich nicht gutheißen.«

      »Du hast eine andere!« platzte Gotthard Sturmeck wütend heraus.

      »Alexander!« Ekatarina warf sich aufweinend in seine Arme.

      »Es tut mir leid.« Er schob sie energisch von sich. »Du weißt sehr gut, daß das nicht zutrifft. Es ist nur – wir sind beide noch so jung, und wie heißt es: man muß die Eltern, besonders die Mutter seiner Braut ansehen, wenn man wissen will, wie sie einmal wird. Der Wappenspruch meiner Familie heißt: Ehrlich und treu. Ehrlich!« wiederholte er bedeutungsvoll, und Eliane sank auf ihrem Sessel zusammen. »Sie entschuldigen mich?« Wieder die knappe, steife Verbeugung, und damit verließ er den Salon.

      »Alexander!!!« Mit einem Aufschrei folgte ihm Ekatarina.

      »Wie war ich?« fragte sie draußen leise ihre Geschwister.

      »Großartig!« Aribo grinste. »Aber Alexander war noch besser!«

      »Pst! Weg von hier!« mahnte Elena, die sich kaum das Lachen verkneifen konnte. »Wenn sie nachsehen kommen!« Leise liefen alle den Gang hinunter bis zu der großen Treppe, die von der Halle in die oberen Stockwerke führte. Da Aribos Zimmer das erste war, gingen alle vier da hinein.

      »Und jetzt?« fragte Ekatarina, plötzlich ernüchtert.

      »Ich denke, sie werden sich an meine Eltern wenden, um zu hören, was der wirkliche Grund für die gelöste Verlobung ist«, vermutete Alexander.

      »Und? Was werden sie sagen?« Ekatarina sah ihn an.

      Elena und Aribo begannen zu kichern, doch Alexander blieb todernst.

      »Nun, sie werden sagen, daß sie nicht wünschen, daß ihr Sohn in so eine Familie einheiratet«, erwiderte er.

      Ekatarina erwiderte darauf nichts, aber ihre Augen wurden immer größer.

      »Du dummer Schatz!« Er begann zu lachen und nahm sie in die Arme. »Du steigerst dich wahrhaftig so hinein, daß du noch selbst daran glaubst. Natürlich haben sie nichts gegen dich einzuwenden. Sie finden, daß du die ideale Schwiegertochter bist – egal, ob deine Omama nun diesen Dr. Wenden oder jemand anderen oder gar nicht mehr heiratet. Aber schließlich wollen wir alle ja, daß auch deine Omama glücklich wird, nicht wahr?«

      »Ja!«


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