Empty Nest Blues. Jill Savage

Empty Nest Blues - Jill Savage


Скачать книгу
Funktionen sitzen – planen, Prioritäten setzen, Gedanken ordnen, Impulse unterdrücken, die Konsequenzen des eigenen Handelns abwägen. Mit anderen Worten, der Teil des Gehirns, der als Letztes erwachsen wird, ist der Teil, der für Entscheidungen zuständig ist. Entscheidungen wie zum Beispiel: Ich mache zuerst meine Hausaufgaben, dann bringe ich den Müll hinaus und erst dann schreibe ich meinen Freunden, ob wir ins Kino gehen wollen.«1 Studien legen nahe, dass das Gehirn erst im Alter von 25 Jahren voll entwickelt ist. Ja, das heißt, dass unsere Kinder jetzt ihre Prioritäten selbst festlegen, obwohl sie dafür noch gar nicht vollständig ausgerüstet sind.

      Doch auch ohne Berücksichtigung der Hirnforschung sind unsere jungen Erwachsenen einfach andere Menschen als wir. Was uns wichtig ist, ist ihnen vielleicht nicht wichtig. Oder es dauert seine Zeit, bis ihnen diese Dinge wichtig werden. Zum Beispiel kann es sein, dass ihnen Familie erst wieder wichtig ist, wenn sie selbst Eltern werden.

      Es ist unsere Aufgabe, ihnen die Freiheit zu geben, andere Prioritäten zu haben als wir. Wir müssen dem Drang widerstehen, ihnen ein schlechtes Gewissen einzureden, weil sie anders sind als wir. Wir dürfen kommunizieren, was uns wichtig ist, aber es nicht persönlich nehmen, wenn unsere Kinder andere Prioritäten haben als wir. Hier geht es nicht darum zu jammern: »Was haben wir bei der Erziehung dieses Kindes falsch gemacht?«, sondern ruhig zu bleiben und zu sagen: »Ich weiß, dass er versucht, sich im Leben zurechtzufinden, und ich werde ihm dafür den nötigen Raum geben.«

      Lassen Sie die Erwartung los, dass Ihre Kinder so mit Ihnen kommunizieren, wie Sie es gern hätten

      Ich habe fünf erwachsene Kinder und jedes von ihnen kommuniziert auf andere Weise mit mir. Mit zwei von ihnen spreche ich fast täglich. Entweder ich rufe sie an oder schreibe ihnen oder sie melden sich. Ich weiß meistens, was in ihrem Leben los ist. Von Kind Nummer drei höre ich ungefähr einmal in der Woche und von Nummer vier und fünf höre ich ungefähr einmal im Monat. Jeder dieser Gesprächsabstände ist völlig normal.

      Das gilt auch für den Kontakt unserer Kinder zu ihren Geschwistern. Sie wünschen sich vielleicht, dass Ihr Kind eine enge Beziehung zu seinen Geschwistern hat. Aber Ihre Kinder müssen selbst entscheiden, wie intensiv sie ihre Beziehungen pflegen. Sie haben das Fundament gelegt, aber die Kinder entscheiden selbst, wie viel sie als Erwachsene in ihre Beziehungen investieren.

      Übrigens leert sich bei den meisten Eltern, die mehr als nur ein Kind haben, das Nest schrittweise. Wenn das erste Kind auszieht, ist plötzlich ein Stuhl am Esstisch leer. Vielleicht sind Sie versucht, oft darüber zu sprechen, wie sehr dieser leere Stuhl Sie schmerzt. Dabei vergessen Sie, dass die Kinder, die noch zu Hause wohnen, Sie auch brauchen. Achten Sie darauf, dass Sie Ihren Kindern, die noch zu Hause wohnen, nicht unabsichtlich vermitteln, sie wären Ihnen weniger wichtig. Unterlassen Sie deshalb Bemerkungen wie: »Ich vermisse Sophie so sehr; ohne sie ist es hier nicht mehr so wie früher.«

      Jedes Kind ist anders. Auch das Bedürfnis der Kinder, mit Ihnen und anderen Familienmitgliedern Kontakt zu haben, ist verschieden. Von einigen hören Sie nur, wenn sie etwas brauchen. Andere beziehen Sie in fast jeden Bereich ihres Lebens ein. Es ist Ihre Aufgabe, sich an den Takt anzupassen, den die Kinder vorgeben.

      Sie denken jetzt vielleicht: »Und was ist mit meinen Wünschen? Was ist mit meinem Bedürfnis, Kontakt zu meinem Kind zu haben?« Natürlich können Sie Ihren Kindern sagen, dass Sie gern jede Woche mit ihnen sprechen würden, aber wenn die Kinder den Wunsch haben, sich nur einmal im Monat zu melden, müssen Sie einen Kompromiss finden, mit dem Sie beide leben können. Ihre Aufgabe ist es, Ihren Wunsch offen zu kommunizieren (»Ich würde gern einmal in der Woche mit dir sprechen«) und nicht indirekt auf passiv-aggressive Weise (»Es wäre echt schön, öfter als einmal im Jahr von dir zu hören«). Sie sollten keine Schuldgefühle erzeugen, keine sarkastischen Bemerkungen machen und auf unterschwellige Manipulationsversuche verzichten. Direkte, ehrliche Kommunikation mit Liebe und Freundlichkeit bringt Sie in der sich verändernden Beziehung zu Ihrem Kind am besten weiter.

      Lassen Sie die Erwartung los, Sie könnten Ihre Kinder ändern

      Wir Mütter sehen ganz genau, in welchem Bereich unsere Kinder reifen müssen. Wir hatten einen Blick dafür, als sie unter unserem Dach lebten. Das ändert sich auch nicht, wenn sie ausziehen und sich ihr eigenes Leben aufbauen: Wir sehen immer noch ganz genau, was sie ändern müssten. Allerdings haben wir nun nicht mehr die Autorität, diese Punkte anzusprechen, solange wir nicht gefragt werden. Das ist sehr schwer. Wenn unsere Kinder fragen, können wir ihnen natürlich Ratschläge geben und ihnen unsere Bedenken mitteilen. Aber wenn sie nicht fragen, müssen wir unsere Bemerkungen für uns behalten und unsere Sorgen im Gebet zu Gott bringen.

      Meine Freundin Becky handhabt das so: Wenn sie versucht ist, ihren erwachsenen Sohn auf etwas anzusprechen, überlegt sie, wie sie diesen Punkt bei einer Freundin ansprechen würde. Meistens erkennt sie dann, dass sie ihn bei einer Freundin überhaupt nicht thematisieren würde! Das hilft ihr, sich in Selbstbeherrschung zu üben und lieber zu beten.

      Das Gebet ist keine Lösung zweiter Wahl. Im Gegenteil, Gebet sollte unsere erste Option sein. Schließlich ist Gott viel mächtiger als Sie und ich! Warum bringen wir das immer wieder durcheinander? Unser Kontrollwunsch meldet sich öfter, als wir wahrhaben wollen. Nicht nur das, wir versuchen auch, Gott unser Timing aufzudrängen. Im Grunde läuft es auf Vertrauen hinaus: Vertraue ich Gott wirklich und lege meine Kinder und die Dinge, die sie ändern müssen, in seine Hände?

      Hier geht es auch darum, um das zu trauern, was nicht ist, und das zu akzeptieren, was ist. Wenn Sie Ihre Kinder in einem gläubigen Elternhaus aufgezogen haben, die Kinder sich aber von Gott abgewandt haben, dann trauern Sie, denn Sie sind enttäuscht. Sprechen Sie mit Gott offen über Ihren Schmerz und akzeptieren Sie dann die Realität, dass Sie im Moment vielleicht der einzige Mensch sind, der Ihrem Kind Jesus vorleben kann. Akzeptieren Sie die Realität, dass Ihr Kind seinen eigenen Glaubensweg geht. Vertrauen Sie, dass Gott Ihrem Kind nachgeht und dass er es noch viel mehr liebt als Sie. Beten Sie jeden Tag für Ihre Kinder.

      Egal, wie Ihre Enttäuschungen oder die ungesunden Lebens- und Beziehungsbereiche Ihrer Kinder aussehen: Erlauben Sie sich, um unerfüllte Wünsche zu trauern. Reden Sie den Schmerz in Ihrem Herzen nicht klein. Kehren Sie die Sache nicht unter den Teppich und verdrängen Sie den Schmerz und die Enttäuschung nicht. Vergießen Sie Tränen. Sprechen Sie Ihre Enttäuschung aus. Bringen Sie Ihre Wut über diesen Verlust zum Ausdruck. Schütten Sie vor Gott Ihre Gefühle aus. Wenn Sie der Trauer Raum gegeben haben, kommt als nächster Schritt das Annehmen. Bitten Sie um Weisheit, wie Sie die Tatsachen annehmen können. Machen Sie sich bewusst: Annehmen bedeutet nicht Zustimmung. Annehmen heißt, dass Sie anerkennen, dass Ihr Kind kämpft.

      Was am Leben Ihres erwachsenen Kindes enttäuscht Sie? Wo würden Sie gern Veränderungen sehen, obwohl Sie wissen, dass Sie diesen Punkt nicht mehr ansprechen können? Worüber müssen Sie trauern und es dann akzeptieren?

      Passen Sie Ihre Erwartungen der Realität an

      Erwartungen führen in allen unseren Beziehungen zu Schwierigkeiten. Wenn wir mehr Freude im Leben haben wollen, müssen wir aufhören, Erwartungen an andere Menschen zu stellen. Wir können beten, träumen und hoffen, aber wir sollten nichts erwarten. In diesem Kapitel ging es um Erwartungen an unsere erwachsenen Kinder. Die gleichen Prinzipien gelten auch in Bezug auf unseren Ehepartner, unsere Verwandten, unseren Arbeitsplatz, unseren sich verändernden Körper und so weiter. Auf den kommenden Seiten sprechen wir viele dieser Bereiche an.

      Wenn wir lernen, Erwartungen als solche zu erkennen und sie loszulassen, können wir der Liebe und Freundlichkeit mehr Raum in unserem Leben geben. Wenn wir die Erwartung loslassen, Dinge zu wissen, die wir in der Vergangenheit gewusst haben, sind wir für Neues offen. Wenn wir die Erwartung loslassen, dass unsere Kinder die gleichen Prioritäten haben wie wir, sind wir nicht beleidigt, wenn unsere Unterschiede sichtbar werden. Wenn wir die Erwartung loslassen, dass sich unsere Kinder so oft bei uns melden, wie wir das gern hätten, können wir die Momente, in denen wir mit ihnen sprechen, viel mehr wertschätzen. Und wenn wir die Erwartung loslassen, dass wir sie ändern könnten, können wir sie so annehmen,


Скачать книгу