Untergärig und Dunkel. Horst Dornbusch

Untergärig und Dunkel - Horst Dornbusch


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target="_blank" rel="nofollow" href="#ue59880c0-6382-45ab-938d-1fb43b3a9c62">Kapitel 5). Die Weiterentwicklung des Galland-Keimkastens bestand darin, dass das grüne Malz auf einem perforierten und belüfteten Eisenboden in Reihen von Zellen deponiert wurde und das Malz während des Keimens mechanisch von einer Zelle auf die benachbarte Zelle gewendet wurde. Einer der ersten Galland-Keimkästen wurde 1899 in der Weyermann® Malzfabrik installiert (siehe Abbildung). Galland verwendete wassergesättigte Kaltluft, um die beim Keimen anfallende Wärme sowie das bei der Atmung der Gerste produzierte CO2 aus der Getreideschicht zu treiben. Anschließend entwickelte Galland eine pneumatische Keimtrommel, die aus einem über ihr installierten Weichbottich mit Gerste gespeist wurde. Die Belüftung erfolgte durch Luftkanäle in der Keimtrommel. Die Trommel selbst lag auf sich langsam drehenden Rollen, deren Antrieb über Schneckengetriebe erfolgte (siehe Abbildung). Dieses System wurde erstmals 1883 in einer Berliner Brauerei installiert. Langfristig setzte es sich jedoch nicht durch, da das Konstruktionsprinzip eines rotierenden Stahlzylinders einer Größenbeschränkung unterlag, welche die Wirtschaftlichkeit dieser Keimtrommel einschränkte, als Mälzer versuchten, immer größere Chargen auf einmal zu verarbeiten.

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      Diese Werbung ist für eine handgekurbelte Malzrösttrommel aus dem frühen 20. Jahrhundert. Sie wurde von der Emmericher Maschinenfabrik & Eisengießerei GmbH in Emmerich am Niederrhein entwickelt.

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      Eine moderne Malzrösttrommel.

      Auch die Rösttrommel wurde nach den Prinzipien der Wheeler-Trommel weiterentwickelt. So baute am Anfang des 20. Jahrhunderts ein kleines Unternehmen in Emmerich am Rhein, die Emmericher Maschinenfabrik & Eisengießerei GmbH, nahe der niederländischen Grenze, eine aus zwei ineinander gefügten Trommeln bestehende Röstvorrichtung. Die innere, hermetisch verschließbare Trommel wurde zunächst handgekurbelt, aber später mechanisch angetrieben. Wurde die Luft zwischen den beiden Trommeln erhitzt, so verkleisterte und verzuckerte sich die Stärke in den Grünmalzkörnern in der inneren Trommel. Danach wurde die Heißluft durch die innere Trommel geleitet, um gleichzeitig verschiedenen Zwecken zu dienen, nämlich die Feuchtigkeit zu entfernen; die Temperatur für die Bildung von Melanoidinen zu erhöhen; typische Röstmalzaromen zu entwickeln; und dem Malz den gewünschten dunklen Farbton zu verleihen.

       Bierfreiheit!

      Mit diesen neuen Keim- und Darrmethoden konnten die Mälzer schließlich die Charakteristiken ihrer Malze in Bezug auf Farbe, Feuchtigkeit, Lösung, Diastase, Geschmack und vielen anderen Variablen gezielt regulieren. Malz konnte endlich ein breites Spektrum von Farben annehmen, von hell über tiefbraun bis dunkel und schwarz. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden insbesondere die Malzfarbe und der Malzgeschmack – und damit die Bierfarbe und der Biergeschmack – nicht mehr durch die begrenzten Mittel des Mälzers bestimmt, sondern sie konnten vom Brauer frei gewählt werden. Bier brauchte also nicht länger dunkel und rauchig zu sein, es sei denn, es war die Absicht des Brauers, ein solches Bier zu brauen. Diese Flexibilität wiederum brachte eine Vielzahl neuer Bierstile hervor, die das 19. Jahrhundert in eine veritable Belle Époque der Bierstil-Innovationen verwandelte. Brauer konnten jetzt nicht nur zuverlässig hell oder dunkel brauen; und selbst für dunkle Biere konnten sie nun mit einem hellen Grundmalz einmaischen und viele verschiedene Karamell-, Schokoladen- und Röstmalze für eine große optische und geschmackliche Vielfalt hinzufügen. Im Wesentlichen bedeutete dies die Wiedergeburt der Dunkelheit im Bier, aber diesmal als schöpferisches Ergebnis der Braukreativität statt, wie in der Vergangenheit, aus Notwendigkeit.

      Auf den britischen Inseln führte die Anwendung der pneumatischen Malzmethode natürlich zur Entwicklung der klassischen Pale Ales, Bitters und India Pale Ales. Auf dem Kontinent ermöglichte es derweil die Transformation der klassischen Untergärigen vom dunklen Lagerbier zum blonden Hellen (siehe Kapitel 2); und rauchige Biere, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts noch die Norm waren, machen heute nur noch einen winzigen Prozentanteil der globalen Bierproduktion aus. Rauchmalze werden heutzutage hauptsächlich in der Scotch-Whiskey-Produktion oder als kleine Zugaben in einigen Biermaischen verwendet, wo sie dem fertigen Bier eine gewisse Geschmackstiefe verleihen. Andere Verwendungen von Rauchmalzen findet man noch in gewissen Terroir-Landbier-Spezialitäten wie dem finnischen Sahti und dem schwedische Gotlandsdricka, zwei Ales also, deren Malze durch phenolische Aromen bestechen, die über harzige Birkenscheite gedarrt werden. Traditionell wurden solche Malze in Skandinavien in rauchigen Saunen getrocknet.

      Das vielleicht berühmteste moderne Rauchbier ist das dunkle, untergärige Bamberger Märzen-Rauchbier mit einem leicht speckigen Geschmack, der von einem Malz stammt, welches in einer mit gut abgelagerten Buchenscheiten beheizten Darre getrocknet wird. Ein weiteres Rauchbier-Beispiel ist ein alter Bierstil aus der polnischen Stadt Grodzisk Wielkopolski (früher Grätz). Das obergärige Piwo Grodziskie (Grätzer Bier auf Deutsch) dieser Stadt wird ausschließlich aus einem hellen Eichenrauch-Weizenmalz hergestellt.

       Die dunkle Brauweise heute

      Waren bis etwa zur Industriellen Revolution helle Biere aus teurem, luftgetrocknetem Malz noch die Ausnahme, so ist die Situation heute eher umgekehrt. Helle Biere sind heute die Norm. Das ist zum Teil das Ergebnis zweier Erfindungen, die der hellen Brauweise noch zusätzlichen Auftrieb gaben. Zunächst erfand der bayerische Ingenieur Lorenz Adalbert Enzinger im Jahre 1878 den Bierfilter; danach machten Fortschritte in der Glasverarbeitung die Produktion relativ preiswerter Trinkgefäße aus Glas als Ersatz für die traditionellen Steingutkrüge möglich. Daher konnten Biertrinker nun ihre partikel- und trübungsfreien, hellen Biere in ihrer ganzen goldenen Brillanz auch optisch genießen.

      Das bedeutete aber nicht das komplette Ende der dunklen Brauweise. Sie hielt sich zunächst in Marktnischen, wurde aber schließlich in den letzten Jahrzehnten besonders von den modernen Craft-Brauern wiederentdeckt. Mit ihrem Innovationsdrang entwickelten diese Braurevolutionäre unzählige Permutationen zum Thema dunkles Bier, besonders im obergärigen Bereich. Nur die Wiederentdeckung des Brauens untergäriger dunkler Biere kam relativ langsamer in Gang. Daher hoffen die Autoren dieses Buches, dass die 41 getesteten und sensorisch bewerteten Rezepte für dunkle Lagerbiere (Kapitel 7 bis 9) viele Brauer dazu inspirieren werden, ihre Kreativität nun auch in dieser immer noch leicht vernachlässigten Bierkategorie walten zu lassen.

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      Ein sehr dunkles Baltic Porter (Rezept 16), welches in der Samuel Adams Boston Brewery in Boston, Massachusetts, speziell für dieses Buch gebraut wurde.

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