Häuser des Jahres 2020. Katharina Matzig
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Grundriss Erdgeschoss
Grundriss Untergeschoss
Material/Hersteller: Außenwand/Fassade: Außenwand: 36 cm heimisches Fichtenholz aus Windwurf mit Innenwandoberflächen aus massiver Zirbe, Fa. holzius Vollholzhaus | Fassade: handgespaltene Lärchenschindeln, Hubert Palfrader | Dämmsystem: keines | Dachgestaltung: wie Fassade | Fenster: Wendefenster (innen Zirbe, außen Lärche) mit Dreifachverglasung, Tischlerei NAGÀ | Sonnenschutz: innenliegend mit Vorhängen | Außentüren und Tore: Haustür mit handbearbeiteter Oberfläche durch einen Figurenschnitzer | Innentüren: Massivholztüren aus Zirbe, Tischlerei NAGÀ | Treppensystem: Massivholztreppe aus Zirbe | Parkett und Laminat: Parkett aus Massivholzdielen Zirbe, Tischlerei MAMP | Fliesen und Naturstein: Steinböden geschnitten aus Dolomitfindlingen, Eugenio della Gaspera | Beleuchtung innen: Lichtstudio Eisenkeil, Marling/Bozen/Bruneck • Beteiligte Unternehmen: holzius Vollholzhaus, Prad am Stilfserjoch, Hubert Palfrader, St. Vigil in Enneberg, Tischlerei NAGÀ, Wengen
Maßstab
M 1:400
1Eingang
2WC
3Kochen, Essen, Wohnen
4Zirbelstube
5Loggia
6Keller
7Zugang Hotel
8Schlafen
9Bad
10Ruhe
„Uns geht es um die Kreisläufe der Materialien, deren Haltbarkeit und Lebensdauer, überlieferte Methoden der traditionellen Handwerkskunst, verloren geglaubtes Wissen und darum, dass Materialien leben.“
pedevilla architekten
Alexander Pedevilla, Armin Pedevilla
Anzahl der Bewohner:
6
Wohnfläche (m2):
160
Grundstücksgröße (m2):
900
Standort:
St. Vigil in Enneberg (I)
Bauweise: Massivholz, leimfrei
und ohne weitere Dämmung
Energiestandard:
Heizwärmebedarf 23 kWh/m2a
Fertigstellung: 09/2019
Architekturfotografie:
Gustav Willeit, La Villa In Badia
Lageplan
Über den Dächern von Linz
Auszeichnung
VON
HERTL.ARCHITEKTEN ZT GMBH
IN
Linz (A)
Ruhig und privat, individuell und repräsentativ, Ausblick und Austritt: Der zweigeschossige Aufbau auf ein fünfstöckiges Altstadthaus erfüllt alle Anforderungen an ein klassisches Einfamilienhaus.
In der Regel sind Privatsphäre, Individualität und Grünraum die Argumente für den Bau eines freistehenden Einfamilienhauses. Lange Wege aus dem gerade noch erschwinglichen Speckgürtel werden dafür in Kauf genommen. Doch es geht auch anders: Dem Haus für zwei Personen, das Gernot Hertl am Taubenmarkt auf ein historisches Gebäude aufsetzte, liegt die Linzer Innenstadt zu Füßen.
Obwohl der Raum des turmgleich die Straßenfassade überragenden Mansarddaches Teil des Bauvolumens ist, handelt es sich bei diesem Projekt nicht um einen ausgebauten Dachboden, sondern um einen Neubau: Mit gut 200 Quadratmeter Wohnfläche haben Hertl Architekten, 2000 in Steyr gegründet, über dem nur drei Fensterachsen schmalen historischen Gebäude ein durchaus großzügiges Domizil errichtet. Die schmucke Fassade mit einem mittig gesetzten Erker und dem die Nachbarschaft überragenden Turm aus dem 19. Jahrhundert ist imposant, an der südlichen Grundgrenze liegt das Stiegenhaus mit einer kreisförmig gewendelten Treppe und reich verziertem Geländer. Direkt dahinter: Der Aufzug, der in den fünften Stock fährt, auf die Eingangsebene des betont schlichten, zeitgemäßen Einfamilienhauses auf einem Dach über der Stadt.
Hinter der Wohnungstür öffnet sich ein schmales, langgestrecktes Raumgefüge, das ohne Gangflächen auskommt. Vom Eingangsbereich geht es in die Tiefe des Bauplatzes an einem kleinen, begrünten Atrium vorbei zu den privaten Rückzugsräumen. Ein aus dem Bestand übernommener Lichthof, Glaswände zum begrünten Atrium und Fenster in den Hof erhellen das an der Ostseite des Atriums angeordnete Bad. Parallel zur Außenwand führt eine einläufige Stiege in das obere Geschoss, der Raum weitet sich über ein langes Fensterband in die Stadt. Die Brüstung wird zur Rückwand der Küchenzeile. Der Wohnraum eröffnet, von einer Feuerstelle in seiner Länge unterteilt, mit zwei breiten, nach Norden und nach Süden schauenden Fenstern neue Perspektiven auf Linz. Eine zweite Treppe erschließt den Dachgarten mit einer Loggia für die Sommerküche.
Urteil der Jury
von Ulrich Nolting
Wer in Linz am Taubenmarkt steht, sieht historische Fassaden und den klassizistischen Brunnen. Nichts deutet auf modernes Bauen hin. Und wer meint, dass ein freistehendes Einfamilienhaus im Sinne der Nachhaltigkeit kein besonders gutes Gebäude ist, sieht sich in Linz eines Besseren belehrt. Vom Platz aus nicht erkennbar haben Hertl Architekten aus Steyr ein solches Einfamilienhaus mitten auf das Dach über dem nur drei Fensterachsen schmalen Gebäude an der Westseite der Landstraße gebaut.
Mitten in der Stadt geben sie mit diesem Haus viele Antworten zum Bauen in der Stadt. Die Privatsphäre, die Individualität, den Grünraum, Ideen zum verdichteten Bauen, Optimieren von Bauland, Umgang mit historischem Bestand, kurze Wege zwischen Wohnen und Arbeiten … Die üblichen Argumente gegen den Bau eines Einfamilienhauses haben sie elegant, fast schelmisch ad absurdum geführt.
Die Architektur des Gebäudes ist klar, modern und raffiniert. Der Neubau entwickelt sich in die Tiefe des Grundstückes nach Westen, reagiert nicht auf die Geometrie von Dachflächen, sondern geht auf die Nutzungswünsche eines freistehenden Einfamilienhauses ein. Erreichen lässt sich das Gebäude über einen Aufzug, der die Bewohner des Hauses in den fünften Stock auf ihre Eingangsebene hebt. Hier eröffnet sich ein Raumgefüge, das zwar im Sinne einer durchaus konventionellen Nutzung geplant ist, aber kaum noch Hierarchien zeigt. Alles ist Raum – ohne Gangflächen – , einmal enger, einmal weiter und zeigt dadurch Bewegung und Ruhe. Die Wände sind fensterlos, während sich die Decke über ein großes Glasdach in den Himmel öffnet. Alle Wände und Decken sind mit grauem, porös strukturiertem Verputz überzogen. Alle Böden sind aus Eichenholz in einem Fischgrätmuster verlegt, das an den historischen Charakter des Standortes erinnert. Auch die zum Großteil raumhoch ausgeführten, flächenbündig in die Wände gesetzten Türen und alle anderen hölzernen Einbauten sind aus Eiche gefertigt. Diese Beschränkung auf wenige Materialien unterstreicht im Verband mit der durchkomponierten Lichtführung