Häuser des Jahres 2020. Katharina Matzig
erhielten eine horizontale Besenstruktur, Holzfenster wurden ohne Laibung verbaut. Innen setzt sich der Farbkanon aus Grau-, Holz- und Beigetönen fort. Der weiße Innenputz, der Bodenbelag aus versiegeltem Estrich, der Sichtbeton der Geschossdecken und oberhalb der Holzfenster sowie die schlichten Treppenstufen aus Eiche sind bewusst reduziert gestaltet. Breite Schiebeflügel verbinden Wohnraum und Essbereich mit Hof und Garten, ein Niveauversprung im Boden zoniert den Wohnbereich rund um den offenen Kamin. Innen und außen laden vielfältige Sitzbereiche und Aufenthaltsräume ein.
Urteil der Jury
von Christian Kraus
Backstein- und Fachwerkhäuser prägen den Ortskern von Weiß, dieses links des Rheinufers gelegenen Kölner Stadtteils. Eines dieser ursprünglichen Fischerhäuschen hat sich zu einer „Spielart des lokalen Typus von Haus und Hof“ weiterentwickelt, wie der federführende Architekt Frederik Jaspert (JSWD Architekten) es formuliert. Ergänzt wird es heute durch zwei Neubauten: ein Langhaus und ein Scheunenhaus. Auch sie folgen der ortsprägenden Satteldachtypologie und nehmen die Grau-, Holz- und Beigetöne des historischen Ziegelhauses auf. Von drei Seiten säumen die Gebäude einen Innenhof, auf dem noch immer ein alter Lastkran als Zeitzeuge von der früheren gewerblichen Nutzung der Parzelle berichten kann. Entstanden ist ein dreiteiliges Hofensemble, das Alt und Neu in Einklang bringt und sich ganz natürlich und behutsam in die historische Umgebung einfügt.
Mit 300 Quadratmeter Wohnfläche ist das Innere zum Zuhause für eine fünfköpfige Familie geworden. Helle Räume mit weißem Innenputz, versiegelter Estrich als Bodenbelag, Geschossdecken und Fensterstürze aus Sichtbeton, Details aus Holz in Holzfenstern und schlichten Treppenstufen aus Eichenholz: All das strahlt bewussten Minimalismus aus und schafft zugleich eine familiäre Atmosphäre. Im Winter spendet der offene Kamin Wärme und Gemütlichkeit, im Sommer ermöglichen breite Schiebeflügel eine Aufhebung von Innen und Außen – Wohnraum und Essbereich verschmelzen mit Hof und Garten.
Den Architekten ist es in besonderer Weise gelungen, die Grenzen zwischen Alt und Neu, Innen und Außen in fließende Übergänge aufzulösen. Dabei verliert das Hofensemble nie seine eigentliche Bestimmung und ist in erster Linie eines: ein Zuhause.
Küche und Essplatz in der Scheune
Treppe zur Schlafebene der Kinder im Langhaus
Scheunen- und Langhaus sind eindeutig heutig. Die dem historischen Ziegelbau entsprechende Form und Farbigkeit verbinden Alt und Neu.
Maßstäblichkeit, Einfachheit von Form und Material und der Erhalt der gebauten Geschichte, von der das Fischerhaus ebenso erzählt wie der Industriekran, begeistern auch die Nachbarn.
Die Zugangspodeste vor den Eingängen sind aus Sichtbeton gefertigt. Auch die Hoffläche erhielt eine Zementoberfläche. Hinter dem Scheunenhaus liegt der kleine Garten.
Querschnitte
Längsschnitt
Grundriss Obergeschoss
Grundriss Erdgeschoss
Material/Hersteller: Außenwand/Fassade: Neubau: WDVS, Fa. Baumit | Dämmsystem: Mineralwolle und Besenstrichputz | Dachgestaltung: Ziegel | Fenster: Holzfenster | Beschläge: FSB | Boden: beschichteter Sichtestrich, Fa. Magotex | Armaturen: Gessi | WC und Zubehör: Duravit Vero | Waschbecken: Duravit Vero | Dusche und Badewanne: Duschrinne Cosima Edelstahl, Fa. Vigour | Küche: Next • Beteiligte Unternehmen: Ausführungsplanung und Bauleitung: Michael K. Walther, Köln
Maßstab
M 1:400
1Fischerhaus, Lager, Technik
2Scheunenhaus
3Langhaus
4Kochen, Essen, Wohnen
5Eltern
6Einlieger
7Kinder
8Bad
„Inmitten des ehemaligen Fischerdorfs ist eine Spielart des lokalen Typus von ‚Haus und Hof‘ entstanden: Drei schlichte Baukörper bilden ein Ensemble und schaffen eine familiäre Atmosphäre.“
JSWD Architekten
Frederik Jaspert
Anzahl der Bewohner:
5
Wohnfläche (m2):
300
Grundstücksgröße (m2):
880
Standort: Köln
Bauweise: Massivbau
Zusätzliche Nutzfläche (m2): 100
Fertigstellung: 05/2019
Architekturfotografie:
Christa Lachenmaier, Köln
Lageplan
Hinter grünen Mauern
Anerkennung
VON
bergmeisterwolf architekten
IN
Vahrn (I)
Ohne sich anzubiedern, dockt der radikale Anbau an die bestehende Villa an. Die Außenwelt bildet er verschwommen ab.
Die kleine Gemeinde Vahrn liegt im Eisacktal, nördlich von Brixen. Wegen ihrer Lage zwischen der schluchtartigen Enge des Wipptales und der Talweitung von Brixen wurde sie früher von Reiseschriftstellern oft als „Tor zum Süden“ beschrieben. Tatsächlich lebten seit dem Mittelalter Gastwirte und Handwerker vom regen Fuhrwerksverkehr an der Nord-Süd-Verbindung, mit der Eröffnung der Brennerbahn im Jahr 1867 lockte der Ort bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs vornehme Gäste aus Wien, München und anderen Städten. Gut fünf Kilometer ist Brixen entfernt, wo Gerd Bergmeister und Michaela Wolf ihr Büro bergmeisterwolf architekten führen. „Unser Büro-Knotenpunkt“, so war kürzlich in einem Interview zu lesen, „ist die Modellbauwerkstatt, um die sich alles dreht: das gemeinsame Entwickeln am Modell, das Experimentieren und Forschen in unterschiedlichen Maßstäben. Modelle sind für uns Werkzeuge, sie werden zu Prototypen, an denen gearbeitet,