Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон

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zu führen, mit dem man vertraut gelebt hat. Von der Freundschaft des Quintus Pompejus 149 hatte sich Scipio, wie ihr wißt, um meinetwillen zurückgezogen; wegen einer Mißhelligkeit aber, die im Staate herrschte, entfernte er sich von unserem Amtsgenossen Metellus 150. Beides that er mit Würde, ohne daß sein persönliches Uebergewicht und seine Empfindlichkeit kränkend gewesen wäre 151.

      78. Darum muß man sich erstlich Mühe geben, daß keine Entzweiungen zwischen Freunden entstehen; hat sich aber so Etwas ereignet, daß die Freundschaft mehr erloschen als unterdrückt zu sein scheine. Besonders aber muß man sich hüten, daß sich nicht Freundschaften sogar in schwere Feindschaften verwandeln, aus denen Zänkereien, Schmähungen und Beschimpfungen entstehen. Doch muß man diese, so lange sie erträglich sind, erdulden und der alten Freundschaft die Ehre erweisen, daß der die Schuld trage, der das Unrecht thut, nicht der, der es leidet.

      Ueberhaupt gibt es gegen alle Fehler und Unannehmlichkeiten nur ein Verwahrungsmittel und nur eine Vorsichtsmaßregel, daß man nicht allzu schnell und Unwürdige zu lieben anfange. 79. Würdig der Freundschaft sind aber diejenigen, in welchen selbst der Grund liegt, warum man sie liebe: eine seltene Gattung der Menschen. Freilich, aber alles Vortreffliche ist ja selten, und es ist Nichts schwieriger als Etwas zu finden, was in jeder Hinsicht in seiner Art vollkommen wäre. Aber sowie die Meisten in den menschlichen Angelegenheiten nichts Gutes erkennen, als was Gewinn bringt; so lieben sie auch unter ihren Freunden wie unter ihren Hausthieren diejenigen am Meisten, von denen sie den größten Gewinn zu ziehen hoffen.

      81. Wenn sich nun diese Erscheinung bei Thieren zeigt, sie mögen in der Luft oder im Wasser oder auf dem Lande leben, zahm oder wild sein, daß sie erstlich sich selbst lieben – ein Trieb, der zugleich mit jedem lebenden Wesen geboren wird –; sodann, daß sie Geschöpfe ihrer Art aufsuchen und begehren, um sich an sie anzuschließen; und wenn sie dieß mit Sehnsucht und einer der menschlichen ähnlichen Liebe thun: um wie viel natürlicher ist dieses bei dem Menschen, der nicht nur sich selbst liebt, sondern auch einen Anderen aufsucht, um dessen Gemüth so mit dem seinigen zu vermischen, daß er, ich möchte sagen, aus zwei Wesen eines macht!

      Da dieß also das beste und größte Gut ist, so müssen wir uns, wenn wir es erlangen wollen, der Tugend befleißigen, ohne die wir weder Freundschaft noch irgend ein wünschenswerthes Gut erreichen können. Wer aber diese vernachlässigt und dennoch Freunde zu besitzen wähnt, wird dann erst seinen Irrthum gewahr, wenn ihn ein schweres Mißgeschick zwingt seine Freunde zu prüfen.


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