Crime Shots. Henri Conrad

Crime Shots - Henri Conrad


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      Alfred ging kopfschüttelnd hinaus, es hatte keinen Sinn mit ihr zu diskutieren.

      Diedrich van Doerp rieb sich mit der Hand über den Nacken. Nachdenklich blickte er seinen Freund an.

      »Du weißt, ich bin nie gut mit Isolde klargekommen, dennoch fällt es mir schwer, es zu sagen. Dein Unfall war kein Zufall, der Besenstiel führt kein Eigenleben. Der Sturz auf der Treppe hätte anders enden können.«

      »Diedrich, es war ein Unfall. Was du andeutest, kann nicht sein.«

      Er blickte auf seine Beine, bläuliche Striemen und große Flecke bedecken Ober- und Unterschenkel, die Füße und Knöchel waren geschwollen.

      »Ich glaube nicht mehr an Zufälle. Erst die Niete, die an der Leiter brach … es war schon ein Wunder, das du dir nur den Arm gebrochen hast. Die Platzwunde am Kinn vergessen wir ruhig mal. Dann deine Magenschmerzen und die wirren Träume von denen du mir erzählt hast. Den Bluttest damals haben wir zu spät gemacht, die Spuren von giftigen Pilzen die Halluzinationen auslösen, waren kaum noch nachzuweisen.«

      Alfred wehrte sich gegen diese Vorstellung.

      Was Diedrich sagte, hörte sich logisch an und dumm war sein Freund auch nicht. Isolde war eine zickige Person, füllig und geziert. Sie passte nicht in das Dorfleben von Stenden, aber dass sie ihm nach dem Leben trachtete, glaubte er dennoch nicht.

      Müde zuckte er mit den Schultern.

      »Isolde hat nur ihre Katzen im Kopf, ihre Katzen und ihren Frauentreff. Körperliche Anstrengungen sind ihr zuwider und diese Heimtücke traue ich ihr einfach nicht zu.«

      Diedrich seufzte, die Tatsachen lagen auf der Hand.

      »Mach weiterhin die Augen zu, irgendwann schließt du sie für immer. Komm, ich fahre dich nach Hause.«

      Sie fuhren aus Nieukerk hinaus, die ›B 9‹ entlang der Weiden und Äcker, an Aldekerk vorbei und durch Rahm. Hinter der Kiesgrube bog Diedrich ab, die Stendener Mühle zur Rechten.

      Malerisch lag das ehemalige Gästehaus von Underberg in der Sonne, weiß mit dunklen Flügeln. Am Dom vorbei, wie Alfred die massige Kirche nannte, über den Kirchplatz. Direkt an der Ecke zur Dorfstraße lag das Haus, eingeschossig, ockerfarben, in einem großen Garten.

      Isolde saß im Wohnzimmer an der offenen Terrassentür. Sie blickte nur kurz auf und vertiefte sich wieder in ihre Lektüre. Ein Fotoalbum ihrer Katzen. Baroness lag auf dem Sofa, lang ausgestreckt und genoss die Sonne.

      Schwerfällig ging Alfred hinaus in den Garten, Aras hatte bestimmt noch kein Wasser bekommen. Der Retriever lag vor seinem leeren Napf dösend im Gras, sein goldfarbenes Fell schimmerte mit seidigem Glanz im Licht. Alfred füllte Wasser hinein und ging langsam ins Zimmer zurück.

      »Lass bloß den Hund draußen, er ist sonst wieder hinter den Katzen her.«

      Isolde war nicht besonders tierlieb, nur katzenverrückt.

      »Du weißt, dass Aras den Katzen nichts tut. Nur wenn sie ihn ärgern, wehrt er sich«, er versuchte zu beschwichtigen. Aber warum eigentlich?

      »Die Katze ist die Herrin im Haus! Der Hund hat draußen seinen Platz!«

      Isolde starrte ihn mit finsterer Miene an, jede weitere Diskussion zwecklos. Die Perserkatze auf dem Sofa blinzelte Alfred herablassend an und leckte sich ihre Pfoten. Ihr weißes Fell schimmerte wie mit Gold überzogen. Sie war sich ihrer Schönheit bewusst.

      »Denkst du an die Steckdose, Al? Und den Flieder? Du wolltest den Ast herausschneiden.«

      »Nenn mich nicht Al! Alfred, von mir aus Fred, aber nicht Al! Ich bin nicht dieser blöde Schuhverkäufer aus dem Fernsehen«, er atmete tief durch. »Vielleicht schaffe ich es morgen den Flieder zu schneiden.«

      »Stell dich nicht so an. So schlimm war es doch nicht, sonst könntest du nicht laufen«, geringschätzig grinste sie ihn an. »Al hört sich besser an, nicht so dörflich.«

      Dieses »dörflich« hörte sich abfällig an.

      »Und das mit dem Schuhverkäufer kommentiere ich nicht!« Spöttisch verzog sie den Mund.

      Alfred ging zur Wand, an der die defekte Steckdose hing und befestigte sie neu. Danach schmerzten seine Beine so sehr, dass er sich setzen musste. Auf der Terrasse setzte er sich auf einen Stuhl. Die Sonne wirkte Wunder und er schlief entspannt ein.

      »Al, machst du das noch mit dem Flieder?«. Ihre nervige Stimme weckte ihn, bestimmt hatte er schon zehn Minuten geschlafen.

      Er versuchte es zu überhören, aber sie verstummte nicht. Die Kettensäge lag im Gerätehaus, sowie die Kabeltrommel. Es war für ihn momentan beschwerlich, aber Isolde würde keine Ruhe geben, also ergab er sich seinem Schicksal und bereitete alles vor.

      Alfred steckte das Kabel ein und startete die Säge.

      Der Stromschlag war heftig und warf ihn von der kleinen Leiter. Seine Beine schmerzten höllisch und die Hand lag merkwürdig verdreht unter der Hüfte.

      »Hast du dir weh getan mein Schatz?«, flötete Isolde.

      Ihr rundes Gesicht erschien über ihm. Ihre Augen straften sie lügen.

      »Ruf Diedrich an, bitte!«, in seiner Hand begann der Schmerz zu pochen.

      »Geldern oder Kempen?« Dr. Diedrich van Doerp betrachtete kummervoll seinen Freund.

      »Zweimal an einem Tag ist rekordverdächtig. Also, welches Krankenhaus?«

      »Geldern, die kennen mich schon.« Alfred grinste schief.

      Er lag im Bett, die operierte Hand in einem Gestell. Mühsam versuchte er die Augen zu öffnen, die Narkose klebte noch hartnäckig in seinem Kopf.

      »Wirst du endlich wach?«, fragte eine ihm bekannte weibliche Stimme. »Ich sitze hier schon eine halbe Stunde. Als ob ich nichts Besseres zu tun habe! Meine Katzen sind allein, wegen dir!«

      Jedes Wort war eine Anklage. Mehr noch, ein Urteil!

      Alfred bemühte sich sie anzusehen.

      »Ich bin nicht böse, wenn du wieder fährst.«

      »Du schickst mich weg? Ich bin extra wegen dir hierhergefahren, eigentlich wollte ich nach Essen zum Einkaufen. Das ist also der Dank?«, verärgert wandte sie sich ab.

      »So war es doch nicht gemeint. Es ist lieb von dir, dass du hier bist«, erschöpft hielt er inne. »Aber ich weiß, dass es im Krankenhaus langweilig ist.«

      »Du willst mich nicht hier haben«, entgegnete sie beleidigt. »Schlaf weiter, ich fahre einkaufen.«

      Sie stand auf und rauschte hinaus. Erleichtert schloss Alfred die Augen. Der Niederrhein war so friedlich ohne sie.

      Eine halbe Stunde später wachte er auf, ihm war warm, sehr warm und sein Arm brannte. Er schellte nach einer Krankenschwester.

      »Ruf Dr. Seegers, schnell!«, der Krankenschwester stand der Schweiß auf der Stirn.

      Diedrich blickte in das bleiche Gesicht vor ihm. Er machte sich Sorgen.

      »Alfred, deine Frau will dich umbringen. Die Infusion ist viel zu schnell gelaufen. Isolde muss sie hoch gestellt haben.«

      »Hat es jemand gesehen?«, seine Stimme war dünn.

      »Nein,


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