7 Engel. Karin Waldl

7 Engel - Karin Waldl


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Wünsche waren schon verflogen, ehe sie einen genauen Blick darauf werfen konnte.

      Elina erwachte aus ihrem Tagtraum, als sie den gedeckten Tisch mit zwei eleganten weißen Stühlen, einer Weinkaraffe und zwei Gläsern, sowie einem weißen Blumengesteck im Holzpavillon bemerkte. Laurenz bat sie an den Tisch und rückte ihr den Stuhl zurecht, ehe er selbst Platz nahm. Alles war liebevoll bis ins kleinste Detail arrangiert. Eine geübte Hand musste das während ihrer Abwesenheit zuwege gebracht haben. Wie aus dem Nichts erschien ein Kellner, schenkte Wein ein und brachte wenig später die Vorspeise, kleine Gurkensandwiches mit Zitronenbutter.

      „Wann hast du das schon wieder organisiert?“

      „Ein paar Anrufe haben genügt“, zwinkerte ihr Laurenz zu.

      Elina wusste, dass ihre Welt eine ganz andere war als die ihres Gegenübers. Warum verblüffte sie das immer noch? Alles schien bei diesem Mann so unendlich leicht zu sein, vielleicht liebte sie deshalb seine Gesellschaft, er ließ sie die Sorgen des Alltags vergessen.

      Der Salat mit Avocado und Birnen schmeckte himmlisch, die Apfelsuppe schmeichelte Elinas Gaumen, doch das Roastbeef mit Yorkshirepudding und Wirsingkohl war das beste Gericht, das sie jemals gegessen hatte. Solche erlesenen Speisen kannte sie nur aus der Zeit, als sie als Kellnerin gejobbt hatte. Da hatte sie die Reste zu essen bekommen, die übrig geblieben waren.

      Das als Nachspeise gereichte Trifle erinnerte sie an glückliche Kindheitstage. Im Geiste sah sie ihre Familie am Tisch sitzen und aus einem besonderen Anlass ebenjenes Dessert regelrecht verschlingen, weil es so gut schmeckte.

      „Danke für das perfekte Dinner. Ich liebe traditionelle englische Küche.“

      „Ich weiß.“ Laurenz lehnte sich selbstzufrieden zurück und nippte an seinem Weinglas.

      Bei Käse und Portwein angelangt, brannte Elina noch eine Frage auf der Zunge. „Warum kauft sich Richard Benigna hier ein Haus, wenn er überall auf dieser Welt in Saus und Braus leben könnte?“

      Laurenz erzählte, dass Richard nicht der Typ für übermäßigen Reichtum sei, auch der Rummel um seine Person wäre ihm oft zu viel. Er liebe die Schauspielerei, wolle aber seine Privatsphäre in einem gewissen Maße bewahren.

      „Er ist ein Vorbild, wie er mit seinem Geld umgeht, er vergisst nicht, wie viele Menschen auf dieser Welt in Armut leben, und unterstützt viele Hilfsprojekte finanziell.“ Laurenz bemerkte, er persönlich wäre eher gefährdet, dass ihm der Ruhm zu Kopfe stiege und er durch nicht enden wollende Partynächte sein Geld einfach so zum Fenster hinauswürfe. Richard wäre anders, er wolle anderen Leuten einfach eine Freude machen mit seinen Filmen.

      Auch seine Freundin und Schauspielkollegin Mary Jakob sei nicht immer mit seinem Lebensstil einverstanden gewesen, aber sie hätten sich geliebt und wollten eine Familie gründen. Bis er eines Tages erfahren hätte, dass sie ihn mit dem Regisseur ihres neuen Filmprojektes betrog. Daraufhin habe er tief enttäuscht seine Sachen gepackt und sei vor Laurenz’ Tür gestanden. Er hätte bitterlich geweint und wäre mehrere Tage nicht außer Haus gegangen.

      „Nach einem Monat, in dem seine Beziehung in allen Klatschspalten gehörig durch den Kakao gezogen worden war, hat er beschlossen, wieder in die Nähe von London zu ziehen, um Abstand von seinem Kummer zu gewinnen und wieder etwas zur Ruhe zu finden. Außerdem vermisst er seine Heimat England.“

      „Aber warum hat er dich geschickt?“ Elina war sehr neugierig.

      „Er muss die Arbeiten zu einem Film abschließen, möchte dann aber gleich los. Mein derzeitiges Projekt ließ mir ein paar Tage Freizeit, deshalb bot ich an, ihm zu helfen. Er nahm dankbar an, er weiß, er kann sich auf mich voll und ganz verlassen.“

      Als der Kellner mit den letzten Tellern gegangen war, schlug Laurenz vor, im Teich zu baden. Elina war sich nicht sicher, sie hatte keine Badekleidung dabei.

      Laurenz lachte. „Ich habe dich bereits nackt gesehen und es würde mich nicht stören, wenn du dich noch einmal ausziehst. Ich liebe deinen Körper, es macht mich glücklich, ihn zu betrachten.“ Er ging auf sie zu, küsste ihre roten Wangen und begann, sie langsam auszuziehen.

      Das lauwarme Wasser prickelte auf Elinas Haut. Laurenz fasste sie um die Hüfte und küsste ihren Nacken, während sie zum Mond hinaufblickte und wusste, dass es das letzte Mal in trauter Zweisamkeit war. Laurenz würde morgen früh im Flieger nach Hollywood sitzen, das waren ihre letzten gemeinsamen Stunden. Wehmut kam in ihr auf.

      Elina drehte sich um, das Wasser umspülte ihre Brust, ihre Haut glitzerte im Mondlicht. Laurenz küsste sie erregt auf die Lippen. Sie erwiderte aller Bedenken zum Trotz die Zärtlichkeit dieses muskulösen Mannes in ihren Armen. Sie begehrte ihn.

      Unter der Weide vergaßen Elina und Laurenz die Welt um sich herum und erbebten unter ihren innigen Berührungen. Der Mond wurde zum einzigen Zeugen ihrer Vereinigung. Erschöpft kuschelten sie sich aneinander, kämpften gegen den Schlaf an, doch beide verloren.

      Der nächste Morgen sorgte bei Elina für Überraschungen. Sie lag eingehüllt in eine Picknickdecke unter der Weide, Blätter hatten sich in ihren Haaren verfangen. Laurenz war weit und breit nicht zu sehen. Sie fand nur einen Zettel auf dem Boden mit den Worten:

      Liebe Elina!

      Danke für die schöne gemeinsame Zeit. Ich werde dich in meinem Herzen bewahren.

      Dein Laurenz

      Und darunter stand:

      [email protected].

      Elina rannen die Tränen über die Wangen, wie konnte sie nur den Abschied verpassen? Jetzt war es vorbei, das Märchen von Elina und Laurenz, zerplatzt wie eine Seifenblase. Ein Abgrund tat sich in ihrem Herzen auf und eine Woge des Schmerzes überrollte sie. Verzweifelt wollte sie die letzten Stunden des vergangenen Abends festhalten, aber sie entglitten ihr und rannen ihr durch die Finger wie Sand. Die Welt brach über sie herein und schien sie langsam, aber sicher zu erdrücken.

      „Vor diesem Schmerz wollte ich dich bewahren“, erklang plötzlich die Engelsstimme von Malak.

      Elina versuchte, durch ihre tränenverhangenen Wimpern etwas zu erkennen. Malak stand umgeben von blendend weißem Licht vor ihr, hinter ihm sechs weitere Engel, die stumm blieben. Elina schämte sich plötzlich, nackt zu sein, sie wickelte die Decke noch enger um sich.

      „Wir sind hier im Auftrag unseres Herrn Jesus Christus. Gott lässt dich in deinem Schmerz nicht allein, auch wenn es besser gewesen wäre, dich selbst davor zu bewahren.“

      „Ich verstehe nicht!“, stammelte Elina.

      „Elina, du bist ein Kind Gottes. Du hättest diese Beziehung nicht eingehen sollen. Laurenz wird nicht zurückkommen, er hat dir nur Schmerz hinterlassen und diesen Schmerz auch selbst mitgenommen. Außerdem hast du noch etwas anderes außer Acht gelassen.“

      „Was?“, fragte sie schüchtern.

      Der Engel antwortete: „Wenn aus dieser Verbindung ein Kind hervorgegangen wäre, wolltest du es weit weg von seinem Vater alleine aufziehen?“

      In Elina stieg die Panik hoch, daran hatte sie nicht gedacht, zu sehr war sie im Rausch ihrer Gefühle gefangen gewesen.

      „Keine Angst, Elina, es ist noch nicht an der Zeit für dich, Mutter zu werden. Ich wollte dir nur erklären, warum die ganze Geschichte unüberlegt war.“

      „Wolltest du mir das die ganze Zeit sagen?“

      Malak nickte. „Ja, aber ich kann dir nur etwas mitteilen, wenn du Gottes Worte in dein Herz lässt. Erst der Schmerz hat dich für Jesus offen gemacht. Doch er weiß auch, dass du dein Leid erst überwinden musst, um bereit für deine Berufung zu sein. Gott wird dich heilen, wenn du ihn darum bittest. Geh nach Hause und lies in der Bibel deiner Mutter den Psalm 91. Finde Trost in diesen Worten.“

      Malak und seine Engel waren verschwunden. Elina blieb mit gemischten Gefühlen zurück, einerseits diesem unendlichen Schmerz, der in ihrem Inneren wütete, andererseits diesem übernatürlichen


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