Geliebt. Mit allen Ecken und Kanten. Hayley Morgan
dieser Maßstab änderte sich ständig. „Gib dein Bestes“ ist ein hartes Lebensprinzip.
Je älter ich wurde, umso mehr Druck empfand ich, wenn ich mich bemühte, diesem vermeintlichen Potenzial in mir zu entsprechen. Manchmal fiel es mir wirklich schwer zu glauben, dass ich es überhaupt besaß. Ich fühlte mich nicht angespornt, sondern hatte im Gegenteil das Gefühl, dass meine Anstrengungen von vornherein zum Scheitern verurteilt waren.
Maßstäbe haben nämlich einen Haken: Entweder messen wir uns daran oder wir prügeln damit auf uns ein. Oder mit anderen Worten: Entweder erfüllen wir sie oder wir benutzen sie als Beweis für unser Versagen.
Mehr und mehr spürte ich, dass dieser unsichtbare Maßstab mich beherrschte. Er war ein unberechenbares, bewegliches Ziel. Ich wusste nie, ob ich mein Potenzial ausgeschöpft hatte, denn woher sollte ich wissen, ob ich nicht noch mehr hätte tun können? Ich weiß, dass mein Vater das überhaupt nicht beabsichtigt hatte, aber ich stellte allmählich einen unerfüllbaren Maßstab für mich selbst auf.
Aber Gott ist damit vertraut. Jeden Tag kommen unvollkommene Menschen zur Welt, von denen er genau weiß, dass sie seinen vollkommenen „Ansprüchen“ keinesfalls gerecht werden. Damals, zur Zeit des Alten Testaments, gab er den Israeliten sein Gesetz als Maßstab für ihre Gerechtigkeit. Leider war es allen unmöglich, dieses Gesetz jemals in seiner Gesamtheit zu erfüllen, und so wurde es zu etwas, an dem Menschen in ihrem Bestreben, Gott zu folgen, zerbrachen. Gott sei Dank hatte Gott aber schon lange dafür gesorgt, dass Jesus auf der Bildfläche erscheinen würde.
Unsere menschliche Vorstellung von Potenzial ist höchst fraglich, denn Jesus hat alles ausgeglichen, was uns mangelt.
Wir wollen seinen Erwartungen gerecht werden, und deshalb folgen wir ihm und sind Tag für Tag mit ihm unterwegs. Und dann geschieht etwas: Wenn wir Jesus-Nachfolgerinnen werden, hüllt er uns gewissermaßen ein, und wenn Gott dann unsere Gerechtigkeit beurteilt, sieht er gar nicht uns, sondern nur Jesus. Das ist Teil von Gottes Plan, der in dem Augenblick in Kraft trat, als Jesus in diese Welt kam.
Unsere menschliche Vorstellung von Potenzial ist höchst fraglich, denn Jesus hat alles ausgeglichen, was uns mangelt. Wenn wir zu ihm gehören, sind wir ganz und vollkommen, und er lebt in uns. Wir können innerlich zur Ruhe kommen in dem Wissen: Wenn wir wachsen, dann ist es Gott, der uns wachsen lässt. Wenn wir seinen Erwartungen gerecht werden, dann nur durch Jesus. Das Ziel, auf das wir zusteuern, verschiebt sich nicht länger, weil Jesus es für uns schon erreicht hat.
Das ist die gute Nachricht von Jesus. Unser Potenzial ist bereits ausgeschöpft – durch den einzigen vollkommenen Menschen, der jemals gelebt hat. Und wir müssen niemals mehr irgendwelchen unerfüllbaren Maßstäben gerecht werden.
Hayley
… auch wenn du dich nicht schön findest
Und wir wissen, dass für die, die Gott lieben und nach seinem Willen zu ihm gehören, alles zum Guten führt.
Römer 8,28
Ich habe den Spruch in allen möglichen Variationen und von allen möglichen Leuten gehört und habe mich immer wieder darüber geärgert: „Wenn du hübscher wärst … wenn du mehr so aussehen würdest wie andere Frauen, hättest du es sicher schwerer, in der Frauenarbeit glaubwürdig tätig zu sein.“
Wenn ich mich jemals verletzlich gemacht habe und durchblicken ließ, dass ich mit gewissen körperlichen Minderwertigkeitsgefühlen zu kämpfen hatte, brachte mir das solche oder ähnliche Kommentare ein. Und es konnte noch so viel Freundlichkeit oder Überzeugung darin mitschwingen: Die Aussprüche versetzten mir immer einen Stich. Ich wollte doch nur, dass irgendjemand mal sagen würde: „Nein, nein, das siehst du ganz falsch. Du bist schön, so wie du bist.“
Diese Worte haben meinen Stolz verletzt, selbst wenn sie als Ermutigung gemeint waren, und zwar so oft, dass das Thema für mich schließlich auch eine geistliche Komponente bekam: Verfolgt Gott auch damit eine Absicht? Kümmert ihn mein Aussehen? Hat er auch das in seiner Hand und nutzt er auch die Schönheit zu seiner Ehre und zu meinem Besten?
Um mir seine Antwort zu geben und mich im Hinblick auf diesen besonderen Bereich meines „Nicht-genug-Seins“ zu ermutigen, hat Gott eine recht ungewöhnliche Bibelstelle benutzt: „Und wir wissen, dass für die, die Gott lieben und nach seinem Willen zu ihm gehören, alles zum Guten führt.“
Wenn harte Zeiten kommen, wenn jemand aus meiner Familie krank wird oder ich einen Lebenstraum loslassen muss, dann tröstet mich dieser Vers. Meine Logik setzt ein und ich kann sagen: Ich glaube an Gott. Ich glaube, dass seine Absichten für mich besser sind als meine eigenen Pläne. Er hat mir versprochen, dass alles mir zum Guten und ihm zur Ehre dienen muss. Ich kann ihm vertrauen. Er überblickt die Zeit, und so kann er sehen, dass alles sich fügen wird, und zwar auf eine Weise, die ich jetzt noch nicht unbedingt nachvollziehen kann – aber er kann es schon sehen und in die Wege leiten.
Aber kann ich derselben Logik folgen und dieselbe vertrauensvolle Antwort geben, wenn es um mein Aussehen geht? Glaube ich, dass Gott auch in dieser Hinsicht alles erschafft und in allem so wirkt, dass es mir zum Guten und ihm zur Ehre dient – auch meine Haut, mein Haar, mein Gewicht und die Form meiner Augenbrauen? Denn wenn ich das tue, verändert sich meine Haltung zum gut gemeinten Kommentar meiner Zeitgenossen: Er ärgert mich nicht länger, sondern berührt mich.
Ich weiß nicht, ob du die schönste Frau auf dieser Welt bist oder ob noch nie jemand von deinem Aussehen geschwärmt hat. Ich weiß nicht, ob dieses Thema dich beschäftigt, ob du dich schon seit Tagen oder sogar Jahren über dein Aussehen grämst oder ob dieser Bereich deiner Seele unverletzt oder auch unerforscht geblieben ist. Aber ich weiß eines: Gott liebt dich. Und er ist auch jetzt, in diesem Augenblick, damit beschäftigt, alle Dinge zu deinem Besten und zu seiner Ehre zu fügen.
Glaube ich, dass Gott auch in dieser Hinsicht alles erschafft und in allem so wirkt, dass es mir zum Guten und ihm zur Ehre dient – auch meine Haut, mein Haar, mein Gewicht und die Form meiner Augenbrauen?
Und deshalb kann ich zuversichtlich sagen: Unser Aussehen ist nicht nur gut genug, es ist genau richtig für den ewigkeitsgroßen Auftrag, den er für uns im Sinn hat. Unser Aussehen hat auch damit zu tun, dass wir ganz bewusst als sein Ebenbild erschaffen wurden. Und das dient nicht nur uns zum Guten. Es dient zu Gottes Ehre.
Jess
… auch wenn du befürchtest, dein Glaube sei zu klein
„Ich versichere euch: Wenn ihr fest glaubt und nicht zweifelt, könnt ihr auch solche Dinge tun und noch viel mehr als das. Ihr könnt sogar zu diesem Berg sagen: ,Hebe dich empor und wirf dich ins Meer‘, und es wird geschehen. Wenn ihr glaubt, werdet ihr alles bekommen, worum ihr im Gebet bittet.“
Matthäus 21,21–22
Manchmal wünschte ich, ich hätte einen größeren, tragfähigeren Glauben. Ich wünschte, ich wäre wie die Leute, über die man Bücher schreibt, die Leute, die Dinge glauben, die Gott nur mal angedeutet hat. Ich frage mich, ob ich mich widerstandsfähiger fühlen und weniger zum Zweifeln neigen würde, wenn meine Glaubensmuskeln nur ein wenig kräftiger wären. Ich komme mir oft genug wie eine lausige Christin vor, wenn ich wieder einmal feststelle, wie schwer es mir fällt, überhaupt zu glauben.
Aber seltsamerweise fällt es mir oft in den schwierigen Phasen meines Lebens viel leichter, Gott zu vertrauen, als in den Banalitäten eines unaufregenden Alltags. Es fällt mir viel leichter, meine Augen mit Tunnelblick auf Gott zu richten, wenn ich mal wieder in einem „Feuerofen“ stecke (Daniel 3). Aber im Klein-Klein des