Frauenrechte sind Menschenrechte - weltweit. Christa Randzio-Plath

Frauenrechte sind Menschenrechte - weltweit - Christa Randzio-Plath


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Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW), war 1979 ein hart erkämpfter Glücksfall. Sie ist wegweisend, wenn es um die Identifizierung von strukturellen Ursachen von Frauendiskriminierung und um Forderungen nach ihrer Abschaffung geht. Die Spruchpraxis von CEDAW wie auch die Allgemeinen Empfehlungen an die Weltgemeinschaft zur Anwendung und Durchsetzung von Frauenrechten, sind bescheiden, aber eindeutig. Jegliche Diskriminierung der Frau ist eine Menschenrechtsverletzung. Die UN-Menschenrechtskonferenz und die UN-Generalversammlung erkannten 1993 diese FrauenMenschenrechtsverletzung an. Auch die UN-Sicherheitsratsresolution 1325, die Gewalt gegen Frauen in bewaffneten Konflikten geißelt und mehr Frauenpartizipation an Friedensverhandlungen fordert, ist ein Ergebnis des hartnäckigen Engagements von internationalen Frauenexpert:innennetzwerke und zivilgesellschaftlichen Lobbying-Aktionen international, regional und national.

      Das allgemeine Diskriminierungsverbot folgt aus der Menschenwürde, die jedem Menschen gleichermaßen zukommt. Gleichberechtigung ist ein Menschenrecht. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte vom 10.12.1948 kodifiziert: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Diese wunderbaren Worte hören Frauen gerne, glauben sie trotz aller realen Fortschritte nicht. Menschenrechtliches Denken beginnt hier. Trotzdem werden Menschen weltweit diskriminiert wegen ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung und nicht zuletzt wegen des Geschlechts. Gerade die Geschlechterdiskriminierung hat zugenommen und ist im Zeichen von Künstlicher Intelligenz (KI) und von Covid-19-Herausforderungen eine nachdrücklich, sich immer wieder wiederholende Diskriminierung. Weltweit sind es mehr Frauen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten, aber keinen gerechten Lohn für ihre Arbeit oder menschengerechte Arbeitsbedingungen haben. Diskriminierung ist eine schwere Menschenrechtsverletzung, weil sie Würde und Menschenrechte mit Füßen tritt. Das gilt für die Diskriminierung von Frauen, die weltweit ihren Ausdruck in häuslicher, auch sexualisierter Gewalt, in prekärer Beschäftigung, in ungerechten Arbeits- und Entlohnungsbedingungen und in ungenügender Sozial- und Altersversicherung ihren Ausdruck findet. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist weltweit «Frauensache». Deshalb müssen öffentliche Dienste der Daseinsvorsorge dazu beitragen, Frauen aus ihrer Armuts- und Sorgefalle zu befreien. Ein neoliberales Wirtschaftssystem, das öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge privatisiert, liefert Frauen und Männer weltweit Armut, Gewalt, Hunger und Ausbeutung aus.

      Frauen erleben täglich Diskriminierung, in der Arbeitswelt, in der Gesellschaft und in der Politik. Sie sterben an häuslicher Gewalt, im sicheren Heim, weil sie Frauen sind. Keine Frau ist vor Diskriminierung gefeit, aber wenige Frauen können ihr Recht auf Nicht-Diskriminierung durchsetzen. Deutschland hat wie andere Staaten die Frauenrechtskonvention nur unzureichend umgesetzt. In der öffentlichen Wahrnehmung fehlt ein Bewusstsein für Frauenrechte. Das gilt für Regierungen, Parlamente und die Zivilgesellschaft. Die unterschiedlichen Anstrengungen zur Beseitigung von Diskriminierung auf allen Ebenen weltweit sind unzureichend. Die meisten UN- Staaten haben es versäumt, die staatlichen Strukturen und Institutionen zu schaffen und mit angemessenen Personal- und Sachmitteln auszustatten, wie es die Aktionsplattform von Peking 1995 gefordert hat. Auch fehlt es fast überall an verbindlichen Gleichstellungsprogrammen und Gleichstellungsstrategien.

      Es gibt eine seltsame Ferne zwischen der internationalen Frauenpolitik und der notwendigen nationalen Umsetzung. Daran ändern auch die jährlichen Beratungen der UN-Frauenkommission (CSW) auf ministerieller und administrativer Ebene wenig. Immerhin: Die Frauenkommission war eine Wegbereiterin für Gendergerechtigkeit der UN-Politik und nutzte die frauenpolitischen Irritationen der Weltfrauenkonferenz in Mexiko 1975, um schnellstmöglich ihren Entwurf der Frauenrechtskonvention in Vorbereitung auf die 2. Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen durchzusetzen. Sie hat in den vergangenen Jahrzehnten dazu beigetragen, Rückschritte zu verhindern und das Emanzipations- und Gendergerechtigkeitsanliegen der Aktionsplattform von Peking aufrechtzuerhalten.

      Dennoch ist die Rechtslage weltweit auch heute noch sehr unterschiedlich wie auch Lebens- und Arbeitsbedingungen und der Zugang zu politischer und wirtschaftlicher Macht. Zentrales Thema war und bleibt Armutsbekämpfung. Die Feminisierung von Armut ist eine Herausforderung. Immer noch sind 70 % der in absoluter Armut lebenden Personen Frauen- trotz Weltfrauenkonferenzen, trotz Millenniumserklärung, trotz der UN-Agenda 2030, die niemand zurücklassen will. Immerhin sind 2020 viele Frauen wie Männer weniger arm und müssen nicht hungern. Die Covid-19- Pandemie wird das wieder verschlechtern.

      Zwischen 60 bis 80 % beträgt der Anteil der Frauen, die im informellen Sektor tätig sind. Die Diskriminierung der Frauen im ländlichen Raum wie in Südasien, in Afrika südlich der Sahara und in einigen lateinamerikanischen Staaten dauert an, weil Frauen weder den gleichberechtigten Zugang zu Landtiteln, Krediten, Wasser, Energie und Beratung haben wie Männer. Diese Frauen sind die Nahrungsmittelproduzentinnen für die Bevölkerung und trotzdem von Hunger und Mangelernährung betroffen.

      Die Feminisierung der Armut verletzt Menschenrechte von Frauen, weil sie ihre sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedürfnisse nicht einfordern können. Dabei geht es um materielle Armut, aber auch um den Zugang zu Ressourcen. Öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge für Bildung, Mobilität, Gesundheit stehen Frauen vor allem in ländlichen Gebieten nicht zur Verfügung. Der Zugang zu Gerichten ist Frauen durch materielle Barrieren und Geschlechterstereotypen versperrt. Armutsbekämpfungsprogramme, die es in vielen Staaten gibt, und auch von deutscher und europäischer Entwicklungszusammenarbeit unterstützt werden, sind wenig erfolgreich, wenn sie nicht auf die Lebenslagen der Frauen Rücksicht nehmen und die geschlechtsbedingten Disparitäten abschaffen.

      Dazu soll die Geschlechterparität bei politischen Entscheidungen beitragen. 2020 wird die Parität in Ämtern und Mandaten gefordert. Männermacht verhindert sie, männergemachte Verfassungen und Gesetze. Frauen müssen dafür sorgen, dass diese Verfassungen und Gesetze geändert werden. Ein Vorbild sind die Mütter des Grundgesetzes, die mit Unterstützung der Frauenverbände in Deutschland, den Gleichberechtigungsartikel 3 im Grundgesetz durchgesetzt haben. Demokratie braucht Partizipation, gleichberechtigte Partizipation.

      KAPITEL 1

      25 Jahre Aktionsplattform Peking

      Frauendiskriminierung bis heute nicht überwunden

      Das Internationale Jahr der Frau 1975 und das Internationale Jahrzehnt der Frau 1975 bis 1985 wurden von den UN beschlossen, stießen aber in der weltweiten Frauenbewegungen nicht unbedingt auf große Begeisterung. Als Staatsfeminismus wurden diese Initiativen belächelt und verspottet von Konservativen wie von Feministinnen. Autonome Bewegungen und unterschiedliche Emanzipationsideologien bzw. Emanzipationspolitiken grenzten internationale Frauenpolitik ein. Viele Frauenbewegungen entstanden gleichzeitig in unterschiedlichen Kontinenten und prangerten unterschiedliche Diskriminierungen von Frauen an. Dennoch waren die 1970er-Jahre stärker geprägt durch schwierige Auseinandersetzungen von Frauenbewegungen und nationalen Regierungen als durch internationale Frauensolidarität. Die Besetzung des Capitols in Rom durch italienische Frauen war ein Höhepunkt in der Forderung nach einem gleichberechtigten Familien- und Scheidungsrecht. Die Frauen waren erfolgreich wie in allen europäischen Staaten. Verfassungen und Bürgerliche Gesetzbücher wurden geändert. Die Berufstätigkeit der Frau konnte nicht mehr verboten werden. Die Kampagne «Mein Bauch gehört mir» mit der Forderung nach der ersatzlosen Streichung des Verbots von Abtreibung (§ 218 Strafgesetzbuch) war konstitutiv für internationale Solidarität zur sexuellen Selbstbestimmung von Frauen überall in Europa. Allerdings ist die Straflosigkeit von Abtreibung immer noch nicht durchgesetzt. Mit Fristenregelungen müssen sich Frauen begnügen.

      Internationale Frauenpolitik war immer auch Friedenspolitik. Frauen engagierten sich vor dem 1. Weltkrieg und danach immer wieder grenzübergreifend. Frauen waren Wortführerinnen in der Friedensbewegung zum «Nein gegen atomare Mittelstreckenraketen» und die unheilvollen Kriege weltweit auch als Antikriegsbewegung. Erinnert werden muss dabei an die erste Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, die bereits 1889 forderte: «Die Waffen nieder», um mit einer waffenlosen Welt Frieden durchzusetzen.

      In den 1970er-Jahren erfanden sich die UN neu. Die Weltkonferenzen wie die Umweltkonferenz von Rio 1972 und die Weltfrauenkonferenzen sollten einen Beitrag zur Aufwertung und demokratischer Legitimation internationaler Politikkooperation


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