Frauenrechte sind Menschenrechte - weltweit. Christa Randzio-Plath
ausdrücklich erwünscht. Die UN-Weltkonferenz zu Umweltfragen 1972 war legendär in ihrer Forderung zur ökologischen Umkehr und führte zu weitreichenden umweltpolitischen Engagements. Neuland betraten die UN auch mit den Weltfrauenkonferenzen. Niemals zuvor mussten alle UN-Regierungen in Berichten konkret über Erfolge und Rückstände in der Durchsetzung der Gleichstellung von Frau und Mann berichten. Niemals zuvor sahen sich Regierungen mit Zigtausenden von Berichten, Stellungnahmen und Konferenzen von zivilgesellschaftlichen Akteurinnen aus den Frauenbewegungen konfrontiert.
Die 1. Weltfrauenkonferenz von Mexiko gelang, obwohl es große Differenzen zwischen den Frauen im globalen Norden und globalen Süden gab. Feminismus war den Süd-Frauen nicht so wichtig wie die Bekämpfung von Armut und Hunger. Süd-Frauen sahen die koloniale Verantwortung des globalen Nordens für Armut und Hunger in den Ländern des Südens. Alle Frauen einigten sich dann auf weitere internationale Zusammenarbeit. Sie prägten das Motto: Gleichberechtigung, Entwicklung, Frieden. Daraus leiteten die Frauen weltweit auf den nächsten Weltfrauenkonferenzen Ansprüche an die Regierungen ab. Die drei Ziele wurden als miteinander verbunden verstanden, weil die Erreichung eines Ziels die anderen Ziele stärkt. Ohne Frieden sind weder Gleichberechtigung noch Entwicklung erreichbar. Die Gleichberechtigung wiederum ist wichtig für Frieden und Entwicklung, weil sich bestehende Ungleichheiten auf allen Ebenen verstärken und damit Spannungen verschärfen können. Die UN errichteten einen Entwicklungsfonds für Frauen und das internationale Fraueninstitut INSTRAW, um die internationale Zusammenarbeit zu fördern.
Auf der 2. Weltfrauenkonferenz 1980 in Kopenhagen begann die Unterzeichnung der UN-Frauenrechtskonvention gegen jegliche Diskriminierung der Frau (CEDAW) als eine Antwort auf die strukturelle Diskriminierung von Frauen. Sie setzt einseitig auf die Überwindung geschlechtsspezifischer Diskriminierung der Frau. Frauendiskriminierung ist seitdem verboten und alle UN-Staaten müssen pro-aktiv handeln, um Diskriminierungen im öffentlichen, aber auch im privaten Bereich zu verhindern. Bis heute haben nicht alle UN-Staaten diese Konvention unterschrieben oder ratifiziert, nicht der Iran, nicht die USA. Bis heute ist die UN-Konvention, die Konvention mit den meisten Vorbehalten von Mitgliedstaaten, insbesondere in Bezug auf die Bestimmungen im Ehe- und Familienrecht, weil sie die gleichstellungspolitischen Regelungen für sich nicht akzeptieren. Diese Vorbehalte dürften lange schon ihre Berechtigung verloren haben, weil seit 1979 alle UN-Staaten genügend Zeit zu Ehe- und Familienrechtsreformen gehabt hätten. Traditionen, Geschlechterstereotype und Rollenmuster, aber auch Machtverhältnisse stehen Reformen im Wege, obwohl UN-Normen universale unteilbare Gültigkeit haben.
Damals war klar: Frauendiskriminierung ist eine Menschenrechtsverletzung. Sie muss nicht nur angeprangert, sondern muss überwunden werden. Darin waren sich die Frauen einig, wenngleich sie sich in vielem anderen uneinig waren. In der Friedenspolitik gab es in damaligen Kalter-Krieg-Zeiten wenig Gemeinsamkeiten. Die Friedensdemonstrationen allerdings sprengten alle Dimensionen, so mächtig und bunt war der Frauenprotest gegen Aufrüstung und Krieg, auch in Kopenhagen. Einig waren sich die Frauen in der Einschätzung, dass Frieden nur möglich wird, wenn es keine Gewalt gegen Frauen mehr gibt.
Die Weltfrauenkonferenz 1980 war überschattet von Weltwirtschaftskrisen, Rezessionen und wirtschaftspolitischen Krisen in Entwicklungsländern. Deswegen forderte die Weltfrauenkonferenz eine neue gerechtere Weltwirtschaftsordnung. Damals wurde erstmals auch im Zusammenhang mit der neuen internationalen UN-Entwicklungsstrategie die Schlüsselrolle der Frau für den Entwicklungsprozess betont. Das Aktionsprogramm der Weltfrauenkonferenz setzt auf mehr Gleichberechtigung in Wirtschaft und Arbeitswelt und mehr Klimagerechtigkeit. Entwicklungsländer-Vertreterinnen empörten sich über frauenpolitische Anmaßungen aus den Industrieländern: Über Genitalverstümmelung als Menschenrechtsverletzung kann erst geredet werden, wenn kolonial bedingte Armut, Unterentwicklung und Hunger beseitigt seien. Trotz aller Unterschiede war den Frauen klar, dass ein Ringen um Geschlechtergleichheit hartnäckiges Denken und Handeln braucht. Die nordischen Frauen wurden bewundert: Immer, wenn es in einem nordischen Staat gleichstellungspolitische Fortschritte gab, konnten Frauen sicher sein, dass auch die Frauen in den anderen nordischen Staaten nachzogen. Die Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen bestand darauf, damit aufzuräumen, dass die Frau «weiterhin als Mensch zweiter Klasse gilt und ihren Problemen geringe Priorität eingeräumt wird».
Die 3. Weltfrauenkonferenz in Nairobi 1985 setzte neue Maßstäbe. Schon im Vorfeld positionierten sich nationale Regierungen gleichstellungspolitisch progressiv. Das galt auch für die deutsche Bundesregierung, die 1985 die Frauenrechtskonvention ratifizierte und 1986 ein Bundesfrauenministerium gründete. Keine Regierung wollte sich angesichts des großen medienwirksamen Einflusses der organisierten und autonomen Frauenbewegungen blamieren. Die Weltfrauenkonferenz in Nairobi forderte «Schluss mit der Feminisierung der Armut». Die neoliberale Wirtschaftspolitik setzte im Zeichen der Globalisierung auf die Nutzung der Frauenreserven in Entwicklungsländern. Millionen von Frauen fanden Arbeitsplätze in der Exportwirtschaft und in freien Produktionszonen. Die Beschäftigung war zwar weder menschenwürdig noch existenzsichernd. Dennoch wurde sie von vielen als Chance gesehen und trug zu mehr Wohlstand bei. Viele Frauen hatten erstmals ein Geldeinkommen. Trotzdem lebten sie weiterhin in absoluter Armut. Nairobi bereitete den Weg zu Peking 1995, weil eine weltweit feministische und frauenpolitische Bewegung entstand, die Regierungen der UN-Staaten unter Druck setzte. Niemals zuvor gab es so viele gleichstellungspolitische Impulse auf internationaler und nationaler Ebene.
Viele Delegierte wurden in Nairobi erstmals mit den Herausforderungen für Frauen in Entwicklungsländern konfrontiert, vor allem durch das Frauenerlebnis Afrika vor Ort. Für viele ein Schock. Gemeinsame Besuche in Frauenprojekten, wie auch die vielen Diskussionen und afrikanischen Veranstaltungen zur Lage der Frau in afrikanischen Ländern vertieften das gegenseitige Verständnis. Die Frauensolidarität war nicht nur beim Diskutieren und Beschließen groß, sondern auch beim Teilen von Alltagsabläufen. Der damalige kenianische Präsident Moi entzog Frauen aus der Zivilgesellschaft bezahlte Hotels und wies sie Regierungsdelegationen zu, sodass sehr viele Frauen in Schulen ohne Waschkapazitäten übernachten mussten. Frauen teilten, blieben und agierten. Nairobi war eine besondere Erfahrung, weil das Machtbewusstsein der afrikanischen Delegierten europäischen und amerikanischen Delegierten klar machte, dass ihr Negativbild von Macht eine Luxusposition war. Afrikanische Frauen brachten es auf den Punkt und wollten Einfluss nehmen zugunsten von Frauen und Kindern und Benachteiligten. Macht bedeutete für sie Einflussnahme und Veränderung. Dazu verabredeten sich die Frauen und versprachen sich in den dunklen afrikanischen Nächten, dass mit der Jahrtausendwende Schluss sein sollte mit der Frauendiskriminierung. Bis zum Jahr 2000 wollten alle Delegierten die Parität in Entscheidungsfunktionen durchgesetzt haben. Die Frauen forderten ihre gleichberechtigte Partizipation an politischen Entscheidungsprozessen. In Afrika gelangen Aufbrüche. Politische und wirtschaftliche Entscheidungsmacht von Frauen in Politik und Wirtschaft blieben mit durchschnittlich 12 % weltweit allerdings auch im Jahr 2000 marginal.
■ Peking, die 4. Weltfrauenkonferenz
Weltfrauenkonferenzen sollten in allen UN-Kontinenten stattfinden. Das war eine Verabredung. Die Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 war eine politische Herausforderung. Das chinesische Regime galt als autoritär und ideologisch festgelegt, die Unterdrückung von Menschenrechten war bewiesen. Nach dem Motto «Wandel durch Annäherung» gelang der Spagat, sowohl die Regierungskonferenz wie die Treffen der Zivilgesellschaft in China stattfinden zu lassen. Frauenpolitisch gelang auf dieser Weltfrauenkonferenz ein Durchbruch. Die Aktionsplattform von Peking verdient ihren Ruf als visionäre Handlungsanweisung an Regierungen, weil es Stillstand in der internationalen Gleichstellungspolitik gab und weil sich angesichts der Frauenbewegungen und ihrer Unterstützung weltweit weder die sogenannten Großmächte noch die fundamentalistisch orientierten Kreise in Religionen oder Ideologien zu Angriffen auf Frauenrechte trauten. Damals konnte die internationale Zivilgesellschaft die Regierungen noch unter Druck setzen, weil Gleichstellung ein politisches Profilierungs- und Wahlkampfthema war.
■ Meilenstein Kairo 1994
Ohne die Weltbevölkerungskonferenz 1994 in Kairo, wäre der Erfolg der Konferenz von Peking kein Durchbruch geworden. Gegen die Widerstände von den USA, den arabischen Staaten und dem Vatikan wurde der universale Zugang von Frauen auf reproduktive Gesundheit und reproduktive Rechte