Wirtschaft – Eine Zukunft für die Zukunft. Anand Buchwald

Wirtschaft – Eine Zukunft für die Zukunft - Anand Buchwald


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durchsetzten, desto mehr Einfluss konnte von den Wirtschaftsgrößen auf die Ausgestaltung der Regeln und Gesetze ausgeübt werden, so dass es ihnen zunehmend leichter fiel, Reichtümer anzuhäufen. Da diese Regeln zwar in der Theorie für alle galten, sie aber in der Praxis nur von jenen erfolgreich genutzt werden konnten, die über eine entsprechende Mentalität und bisweilen auch Rücksichtslosigkeit verfügten, blieben diejenigen auf der Strecke, die nicht genügend wirtschaftlichen Sachverstand und Egoismus hatten oder sich auf ihre individuellen Talente und Neigungen konzentrierten. Das führte schleichend zu einer ersten Trennung der Menschen in zwei Gruppen. Die eine Gruppe besteht heute aus Bankern, Wirtschaftsbossen, Industriellen und zum Teil auch Politikern, während die andere, wesentlich größere und stetig wachsende Gruppe aus den Produzenten, Schöngeistern und Aussteigern besteht, also aus Bauern, Arbeitern, Angestellten, Handwerkern, Dienstleistern, Künstlern, Philosophen und Minimalisten.

       Mittlerweile ist die Wirtschaft ein derart komplexes Gebilde, dass nur noch Spezialisten durchblicken und die eingebauten Schlupflöcher nutzen können. Und die Dienste dieser Spezialisten können sich nur die Menschen mit Geld leisten. Das ist ein weiterer Grund, weshalb der Unterschied zwischen Arm und Reich immer schneller immer größer wird.

       Der nächste Grund liegt darin, dass die Gesetzgebung, die dem theoretisch einen Riegel vorschieben könnte, völlig überfordert ist und sich in die Ecke gedrängt sieht. Diese Überforderung kommt daher, dass die Wirtschaft noch keine eigentliche Wissenschaft mit klarem Durchblick und vorhersehbaren Resultaten ist, sondern ein Kampf verschiedener Glaubensbekenntnisse um Vorherrschaft, in dem kaum jemand einen Durchblick hat, außer den Politikern, die aus den oberen Etagen des Finanzmanagements kommen und dessen Interessen verstehen und vertreten. Das Dogma, das die Grundlage ist, auf der dieser Kampf ausgefochten wird, und gegen das alternative Dogmen bislang nicht ankommen, ist der Kapitalismus. Zwar gab es mit dem Kommunismus einen Gegenentwurf, der sich mehrere Jahrzehnte lang behaupten konnte, doch dieser Entwurf scheiterte schon früh an Egoismus und Bewusstseinsmangel.

       Das Dogma das Kapitalismus ist verbunden mit dem der Marktwirtschaft und parallel zur Evolution der Wirtschaft und des Geldes entstanden. Kapitalismus ist die Sucht, immer mehr Geld anzuhäufen, mit allen Mitteln und um jeden Preis. Das Werkzeug dazu ist die Marktwirtschaft, die sich zunehmend verselbständigt. Von der Freien Marktwirtschaft, die nicht von der Politik und der Gemeinschaft gesteuert wird, wurde erwartet, dass die Produktion von Waren und der Wert von Gütern und Dienstleistungen durch marktinterne Regelmechanismen, wie etwa Angebot und Nachfrage, selbständig geregelt werden, so dass man nicht, wie etwa in einer Planwirtschaft, Produktion und Preise vorschreibt. Das mag eine Zeitlang funktioniert haben, aber nur solange, bis man anfing, den Markt zu manipulieren, sei es durch künstliche Verknappung von Gütern, durch Spekulationen oder durch den Konsumismus, indem man also durch Werbung der verschiedensten Art, durch Zurschaustellung von Glanz und Gloria, durch Erweckung von Neid die Mentalität der Menschen beeinflusste und künstliche Bedürfnisse weckte. Durch diese Förderung von Egoismus und Konkurrenzdenken konnte sich der Kapitalismus ausbreiten, weil die Wirtschaft nun zu einem Instrument der Bereicherung wurde und die eigentlichen Funktionen der Stabilisierung und der ausgeglichenen Güterverteilung nachrangig wurden. Im Moment ist die Wirtschaft durch den Einfluss des Kapitalismus darauf ausgerichtet, die Mehrheit der Menschen auszubeuten und zu willigen Konsumenten und Sklaven zu machen und den Reichtum in den Händen einiger weniger Menschen zu konzentrieren.

       Die eigentliche Aufgabe der Wirtschaft aber wäre es, die Umstände so zu regeln, dass jedem Menschen auf der Welt genug Mittel und Waren zur Verfügung stehen, dass er satt wird, zu trinken hat und ein zumindest bescheidenes, bewusstes und zukunftsorientiertes Leben führen kann, in dem alle darauf hinarbeiten, den globalen Wohlstand gleichmäßig zu verteilen und zu mehren. Statt dessen hat sich mittlerweile immer deutlicher ein Drei-Klassen-System herausgebildet, dass zwar schon seit Jahrtausenden existiert, aber noch nie dieses extreme Ausmaß annahm.

       Die unterste Klasse wird von den Menschen gebildet, die Hunger leiden und denen die Mittel und Möglichkeiten fehlen, sich ausreichend zu ernähren. Um darüber reden zu können, hat man Armutsgrenzen eingeführt. Extreme Armut bedeutet, dass man maximal 1,25 USD am Tag zur Verfügung hat, Allgemeine Armut hat 2 USD als Grenze. Von dieser Allgemeinen Armut ist etwa ein Drittel der Menschheit betroffen. Allerdings ist das nur ein relativer numerischer Wert, der zum einen durch den sinkenden Geldwert und die unterschiedliche Kaufkraft in verschiedenen Ländern relativiert wird, und zum anderen die Möglichkeiten oder Unmöglichkeiten nicht-monetärer Selbstversorgung, etwa durch Zugang zu Wasser und bebaubarem Land, nicht berücksichtigt. Wenn man den Begriff der Armut etwas weiter fasst, dann fallen beispielsweise auch die deutschen Hartz-IV-Empfänger darunter, die keinen Zugang zu Arbeit haben, obwohl sie deutlich über der künstlichen Armutsgrenze liegen. Sie sind vielleicht global gesehen nicht arm, aber national gesehen schon. Man kann also vermuten, dass mindestens die Hälfte der Menschheit arm ist.

       Fast alle übrigen Menschen bilden die zweite Klasse, die Klasse der Wohlhabenden. Zu dieser Klasse gehört als Untergrenze jeder, der über eine regelmäßige Arbeit und/oder ein regelmäßiges Einkommen verfügt, die es ihm erlauben, zumindest ein wenig über dem Existenzminimum zu existieren. Die Obergrenze bilden die Menschen, die noch nicht genügend Geld und Besitz haben, um ohne Arbeit bequem davon leben zu können.

       Wer mehr hat, gehört der dritten Klasse an, der Klasse der Reichen und Superreichen. Diese Menschen könnten sich jederzeit zur Ruhe setzen und ein bequemes bis sehr luxuriöses Leben führen. Die Oberschicht dieser Klasse, die nur ein paar wenige Prozent der Menschheit ausmacht, verfügt über wesentlich mehr Mittel, als sie jemals verbrauchen können. Und diese Mittel sind höher, als sie den beiden anderen Klassen zusammen zur Verfügung stehen und wachsen immer noch an. Sie sind so hoch, dass sich damit locker die globale Staatsverschuldung begleichen ließe, ohne dass die Reichen auf ihr luxuriöses Leben verzichten müssten. Vereinfachen ließe sich diese Art der Beseitigung der Wirtschaftskrise durch einen einfachen Erlass der globalen Staatsschulden, denn diese Schulden haben die Staaten ja letztlich gegenüber diesen Superreichen. Das wäre für die Staaten eine Gelegenheit, neu anzufangen, ihr Wirtschaftsverständnis zu überprüfen und auf neue Beine zu stellen und die gesamtgesellschaftliche Entwicklung auf ein größeres Miteinander hinzulenken.

       Das Geld, über das die dritte Klasse, die Klasse der Superreichen verfügt, ist derart immens und in relativ kurzer Zeit gewachsen, dass man sich mit der Frage beschäftigen muss, wo dieses Geld – außer durch rücksichtsloses Wirtschaften – überhaupt herkommt. Man sollte meinen, dass so eine gewaltige Geldmenge nicht einfach so aus dem Nichts kommen kann, sondern irgendwie entstehen und erarbeitet werden muss.

       Hier hilft vielleicht ein Blick auf die Produktion oder die Schöpfung des Geldes weiter.

       Die Generierung des Geldes war nach der Entstehung und Umsetzung der Idee eines universalen, vergleichbaren, rechenfähigen und wertbeständigen Tauschmittels eine relativ einfache Sache. Man hat durch Arbeit ein Produkt oder einen anderen Wert geschaffen und tauschte dieses Produkt gegen Geld ein. Diese Produkte waren Dienstleistungen wie Fremdarbeit als Tagelöhner, Vermittlung von Wissen als Lehrer, Heilung von Kranken, Arbeit für das Seelenheil, sexuelle Gefälligkeiten, Verwaltung von Gemeinwesen, Rechtsprechung... Andere Produkte sind materiellerer Natur, wie die Schaffung von Nahrungsmitteln, die Viehzucht, das Schöpfen von Kunstwerken (Malerei, Skulptur, Schmuck, Architektur...), das Verarbeiten von Wolle, die Schneiderei, die Schusterei, die Kürschnerei, die Bäckerei und Metzgerei, das Herstellen von Werkzeugen, das Kopieren von Büchern, das Schreinern von Möbeln und Haushaltsgegenständen... Durch all diese Tätigkeiten werden Werte geschaffen, für die man im Tauschverfahren mit Geld entlohnt wird.

       Doch wo kommt das Geld selbst her? Auch dieses wurde erarbeitet, allerdings relativ direkt. Muschelgeld etwa entstand, indem jemand viele geeignete Muscheln sammelte und sich dann hinsetzte und sie verarbeitete, sie also zurecht schliff, Löcher hinein bohrte und sie auf Fäden aufzog, deren Länge den Wert des Geldes bestimmte. Für diese Ketten konnte man sich dann Essen oder Anderes eintauschen bzw. kaufen, da man sich während der Zeit der Geldproduktion ja nicht um den Anbau oder Fang von Essen oder die Fertigung von Kleidung kümmern konnte. Und bei anderen Geldformen, wie etwa dem Salzgeld, lief es im Prinzip auch so ab. Man könnte auch sagen, dass Geld und die erarbeiteten Produkte ein Gegenwert für die Zeit sind, die man im Dienste an der Gemeinschaft


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