Evolution ohne uns. Jay Tuck

Evolution ohne uns - Jay Tuck


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Hause.

      Und nicht nur mit Kameras.

      Urlaub unter Überwachung

      Wenn Sie verreisen, wissen Sie sicherlich, dass die Urlaubsrecherchen auf Ihrem privaten PC von dem Hersteller Ihres Suchsystems gespeichert werden, wie auch Ihre endgültigen Flug- und Hotel-Buchungen. Die wenigsten Menschen ahnen jedoch, welch breite Spur an Folgedaten sie im Netz hinterlassen.

      Beim Einchecken in einem ausländischen Hotel wird meist der Reisepass gespeichert, auch wenn die örtlichen Behörden dies nicht verlangen. Die Rezeption im Hotel hält fest, ob Sie Raucher oder Nichtraucher sind. Sie werden ermutigt, dem Bonusplan der Hotelkette beizutreten, wo weitere persönlichen Daten abgefragt werden. Diese Daten, womöglich mit Kreditkarten-Infos gekoppelt, werden auf dem Magnetstreifen des Zimmerschlüssels gespeichert. Ihr Gang durch Fahrstuhl und Flur wird von Überwachungskameras festgehalten. Während des Aufenthalts wird jede Türöffnung mit Datum und Uhrzeit im zentralen Schlüsselsystem gespeichert. So kann ihr vollständiger Aufenthalt im Ausland Schritt für Schritt nachvollzogen werden.

      Der Prozess ist aufwendig.

      Aber er ist machbar.

      Für Geheimdienste ein Kinderspiel.

      Für eine Künstliche Intelligenz ist er eine Frage von Mikrosekunden.

      CSI Dubai

      Ein ganz besonderes Beispiel für die forensische Auswertung solcher Daten lieferte der Wüstenstaat Dubai. Wer denkt, dass die Technik in einem solchen Land unbeholfen und veraltet sei, macht einen schweren Fehler …

      … einen schweren Fehler, den auch der israelische Geheimdienst Mossad gemacht hat.

      Mit einem 27-köpfigen Killerteam waren die Israelis ausgerückt, um einen Top-Terroristen der Hamas zu töten. Der Anschlag sollte in einem Hotel in Dubai stattfinden. Der Plan war komplex, die Aufgaben verteilt, die Beteiligten allesamt geschulte Profikiller.

      Aber auf verhängnisvolle Weise unterschätzten die Profi-Attentäter das Ermittlungstalent der Einheimischen.

      Mossad-Mord im Fernsehen

      Die Geschichte beginnt mit einem Zimmermädchen im zweiten Stock des Hotels Al Bustan Rotana in Dubai. Sie ist etwas ungeduldig. Der Gast in Zimmer 230 antwortet nicht auf ihre Klopfzeichen. Check-out war schon um zwölf. Es ist schon 13 Uhr. Sie will sauber machen.

      Der Tag ist der 19. Januar 2010, der Gast ein gewisser Mahmoud Abdul Raouf Mohammed Hassan. Er antwortet auch nicht, als der Duty-Manager im Zimmer anruft.

      Um 13:30 Uhr lässt das Management die Tür aufmachen.

      Auf dem Bett liegt ein Toter.

      Äußere Anzeichen von Gewalt sind nicht erkennbar. Die Tür ist mit Kette und Riegel von innen verschlossen. Wertsachen fehlen nicht. Alles spricht für einen natürlichen Tod. So steht es auch im vorläufigen Bericht des Krankenhauses Dubai, Tod durch übermäßigen Blutdruck im Gehirn, ein Routinefall.

      Bis die Polizei die Identität des Toten überprüft. Sein wirklicher Name lässt Alarmglocken läuten. Mahmoud Abdul Raouf Mohammed Hassan, alias Mahmoud Al-Mabhouh, ein hochrangiger Palästinenser, Gründer der Izz ad-Din Qassam Brigaden. Er ist auch verantwortlich für die Entführung und Ermordung von zwei israelischen Soldaten, wie er selbst in einem Bekenner-Video erklärte. Seit Jahren steht er auf der Todesliste des Mossad ganz oben. Mehrmals hat man versucht, ihn umzulegen.

      Jetzt ist es offenbar gelungen.

      Ein israelischer Mord auf dem Boden der Vereinigten Arabischen Emirate? Die Staatssicherheitspolizei von Dubai setzt gleich mehrere Ermittlungsteams auf den Fall an.

      Sie kommen schnell zu dem Schluss: Das Attentat war langfristig geplant, großflächig angelegt und professionell ausgeführt. Mabhouh war, wie die Polizei nach ersten Ermittlungen schnell mitteilte, „in seinem Hotelzimmer mit einem Elektroschocker betäubt und danach wohl mit einem Kissen erstickt“ worden. Offenbar sollte es wie ein natürlicher Tod aussehen.

      Bemerkenswert an dem Vorfall – vor allem für die Attentäter aus Israel – war die schnelle Aufklärung. Innerhalb kürzester Zeit hatten die Ermittler umfangreiches Videomaterial aus den unzähligen Überwachungskameras der Stadt gesichert, gesichtet und ausgewertet. In mühsamer Kleinarbeit hatten sie die Puzzlestücke aneinandergereiht: Einreise-Stempel, Hotelanmeldungen, Passkopien, Mietwagen-Verträge und Kreditkarten.

      Leicht zu verfolgen waren die Profikiller nicht. Das israelische Elite-Team hatte im Stillen gearbeitet und war spurlos abgereist. Fingerabdrücke oder DNA hatten sie nicht hinterlassen. In einer undurchsichtigen Choreografie standen sie in Foyer und Fluren, tauschten Zimmerschlüssel und schwere Taschen. Sie wechselten Tarnnamen und Taxifahrten, gefälschte Pässe und gefärbte Perücken. Sie wechselten Anzüge und Aufgaben, Koffer und Kostüme sowie ihre Rollen untereinander. Die Täter erschienen mal als coole Geschäftsfrau, mal als übergewichtiger Tennisspieler.

      Niemand in Dubai hatte gewusst, dass sie kommen, niemand ihr Kommen und Gehen beobachtet. Ihre Autos wurden nicht verfolgt, ihre Gespräche nicht abgehört. Erst durch den Toten in Zimmer 230 hatten die Behörden die Brisanz des Falles realisiert. Erst dann begannen die Ermittlungen. Als die Täter längst über alle Berge waren. Die Operation musste nachträglich zusammengepuzzelt werden – Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen. Es war die kriminalistische Rekonstruktion eines Tathergangs von unvorstellbarer Dimension.

      Die Fahnder ermittelten im Stillen. Sie verfolgten die Machenschaften des Mossad-Teams auf Dutzenden von Bildschirmen. In minutiöser Kleinarbeit mussten sie die Szenen Standort für Standort aneinanderreihen – Täter in Großaufnahme und Totale, im Fahrstuhl und im Flur, beim Einchecken im Hotel, beim Einkauf in der Shopping-Mall. Sie überprüften Hüte und Umhängetaschen, Sportgerät und Spezial-Telefone für die Kommunikation mit Vorgesetzten in einer konspirativen Wiener Einsatzzentrale.

      Am Ende stand eine eindrucksvolle Fernseh-Dokumentation, produziert ausschließlich aus authentischen Überwachungsbildern. Der Film ist ein öffentliches Dokument über die Arbeit von professionellen Killern im geheimdienstlichen Milieu. Stolz stellten die Emirati-Ermittler ihr Werk auf YouTube.29

      Eine unglaubliche Leistung, was die arabischen Kriminalisten in diesem Mordfall vollbracht haben. Damit haben sie auf exemplarische Weise demonstriert, wozu Big Data – in Kombination mit flächendeckenden CCTV-Aufnahmen – fähig ist.

      Der forensische Erfolg war nur möglich, weil die Überwachungstechnik im Lande fehlerfrei und flächendeckend funktioniert. Die Überwachung war automatisch. Die Arbeit von Maschinen. Ohne Menschenhand.

      Noch haben Menschen die Forensik vollbracht, nämlich die Kriminalisten von Dubai. In Zukunft werden solche Analysen mithilfe von Hochleistungssoftware immer mehr von Maschinen erledigt.

      Von lernfähigen Maschinen.

      Mit Künstlicher Intelligenz.

      Das ist eine Zukunft, die bei westlichen Geheimdiensten mit Nachdruck gefördert wird.

      Beim Militär sowieso.

      BEWAFFNUNG

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      Das Arsenal der Killermaschinen

      Der moderne Spion ist ein Großrechner. Sein Auftrag ist, Feinde in einem Meer von Millionen von Menschen ausfindig zu machen. Er sucht die bedrohliche Nadel in einem Heuhaufen der Harmlosen. Geholfen wird ihm von lernfähigen Programmen mit Künstlicher Intelligenz.

      Die Spionage sucht die Ziele.

      Das Militär jagt sie.

      Die ersten intelligenten Waffensysteme hatten mit Künstlicher Intelligenz nichts zu tun. Es waren computergesteuerte Lenkwaffen und Cruise Missiles.


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