Wyatt Earp Staffel 12 – Western. William Mark D.

Wyatt Earp Staffel 12 – Western - William Mark D.


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entgegnete Holliday bissig. »Sie haben ja auch bis jetzt geschlafen.«

      »Einen Galgen«, stöhnte der Bürgermeister und fuhr sich mit dem Zeigefinger durch die Falten, die vom Mundwinkel bis zu seinem rechten Auge hinaufführten. »Das ist doch nicht möglich. Ein Galgen? Um Himmels willen, das bedeutet ja…, daß die Galgenmänner in der Stadt wären.«

      »Oder gewesen sind«, entgegnete der Marshal. »Der Sheriff ist tot. Hatte er einen Deputy?«

      »Ja, Joe Calhoun, er wohnt gleich nebenan.«

      »Kommen Sie.«

      Die drei Männer verließen das Haus. Und der Mayor deutete auf das kleine Haus, in dem der Deputy wohnte.

      Wyatt trat in den Hausflur und begegnete einem älteren Mann.

      Der Mayor schob sich nach vorn. Er erklärte dem Alten:

      »Das ist Wyatt Earp, Mr. Asman. Er will mit Joe sprechen.«

      »Joe? Damned, er schläft noch. Hätte eigentlich längst unten sein müssen.«

      Der Georgier knurrte: »Hier scheint die halbe Stadt bis in den hellen Mittag hinein seelenruhig zu schlafen.«

      Ein Mädchen kam die Treppe herunter. Sie hatte die Worte der Männer gehört.

      »Ich werde ihn gleich wecken«, sagte sie und ging die Treppe wieder hinauf, und wenige Sekunden später erzitterte das Haus unter einem gellenden Hilfeschrei.

      Mit weiten Sätzen war der Marshal sofort auf der Treppe. Gleich darauf stand er in dem Zimmer, in dem der Deputy lag. Calhoun war nicht tot. Aber er war schrecklich zugerichtet. Mehrere Messerstiche hatten ihn im Rücken schwer verletzt.

      Wyatt lief sofort zurück und rief ins Treppenhaus:

      »Doc, kommen Sie schnell!«

      Der Georgier erschien sofort. Düster blickte er auf den Schwerverwundeten.

      Nach einer kurzen Untersuchung erklärte er: »Ich habe nicht sehr viel Hoffnung. Er ist lebensgefährlich verletzt…«

      Fairbanks war erschüttert von der Nachricht.

      Der Sheriff tot, und sein Deputy lebensgefährlich verletzt!

      Wyatt Earp und Doc Holliday standen unten im Office bei dem Mayor und drei Mitgliedern des Bürgerrates.

      »Was sollen wir jetzt tun?« stotterte der Mayor.

      »Wir müssen den Mörder suchen«, meinte ein rußiger Blacksmith.

      »Den Mörder suchen«, krächzte der Mayor und sah sich nach allen Seiten um. Er war ebenso wie die anderen Mitglieder des Bürgerrates von einer großen Angst gepackt, die sich weniger auf den Tod des Sheriffs bezog, als auf die Tatsache, daß die Galgenmänner hier zugeschlagen hatten.

      Vielfach suchten sich diese Banditen nämlich gleich mehrere Opfer. Hier hatten sie zweimal zugeschlagen, und es stand zu befürchten, daß sie sich noch weitere Opfer holen würden.

      Dabei hatte der Mann, der den Galgen vor dem Haus des Sheriffs aufgestellt hatte, gar nichts mit den Graugesichtern zu tun. Erst in den letzten Wochen seines Aufenthaltes in Fort Worth hatte Jake Lead von den Galgenmännern gehört. Die wildesten Geschichten kursierten über diese Bande. Immer wieder wußten sich die Sträflinge neue Geschichten von den Graugesichtern zu erzählen. Selbstverständlich war auch die Nachricht, daß der Marshal Earp den Kampf gegen die Crew aufgenommen hatte, bis ins Straflager gedrungen.

      Jake Lead hatte sich dann entschlossen, sich die Galgenmänner zunutze zu machen. Deshalb hatte er den Galgen aufgestellt. Niemand würde auf den Gedanken kommen, daß der entflohene Sträfling Jake Lead der Mörder war. Alle würden die Morde­ den Graugesichtern zuschreiben.

      Und die Überlegung war berechtigt.

      Dennoch stand der Marshal Earp ihr argwöhnisch gegenüber.

      Als die beiden Dodger am Nachmittag das Sheriffs Office verließen, meinte der Georgier: »Ich habe so das Gefühl, daß Sie nicht an die Galgenmänner glauben?«

      Der Marshal zog die Schultern hoch. »Ich weiß nicht recht. Es ist schließlich nicht ausgeschlossen, daß irgendein Halunke den Brauch dieser Bande angenommen hat, um dadurch seine Spuren zu verwischen und den Verfolgern Angst einzujagen. Wer will schon die Galgenmänner verfolgen!«

      Holliday lachte leise in sich hinein.

      »Ich weiß zwei unverbesserliche Männer, die es sich offensichtlich in den Kopf gesetzt haben, die Galgenmänner zu verfolgen, bis an den Rand der Welt.«

      Da blieb der Marshal stehen. Er hatte auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Menschen entdeckt, der an einen Vorbaupfeiler lehnte und ihm mit der linken Hand zuwinkte, wobei er dümmlich grinste.

      Der Marshal ging auf ihn zu: »Was gibt’s, Mister?« fragte er barsch.

      Der Mann öffnete den Mund und zeigte ein scheußliches Gebiß. Ohne sich von dem Pfeiler zu lösen, krächzte er im höchsten Diskant: »Sein Ohr ist halb… halb weg! Ja, ja…«

      »Von wem sprechen Sie?« Wyatt blickte den Mann forschend an.

      Der grinste und lachte blöde.

      Holliday stieß den Missourier unbemerkt an.

      Wyatt nickte. Er hatte schon gemerkt, daß dieser Mann geistesschwach war.

      Während sie weitergingen, meinte der Georgier:

      »Ich habe ein paarmal erlebt, daß diese Leute nicht unbedingt Unsinn reden.«

      »Wie meinen Sie das?«

      »Well, ich will dem, was er gesagt hat, noch keinen Wert beimessen, aber vielleicht ist es doch gut, wenn wir uns seine Worte für alle Fälle merken. Er hat etwas von einem halben Ohr geredet. Wie ist er nur darauf gekommen.«

      »Wie andere auf weiße Mäuse verfallen. Oder er hat wirklich so was gesehen…?«

      Es war gegen fünf Uhr, als sich die beiden Dodger in die Sättel ihrer Hengste zogen.

      Der Mayor stand vor ihnen. »Sie wollen wirklich die Stadt verlassen, Mr. Earp? Doc Holliday, könnten Sie nicht wenigstens bleiben?«

      Der Spieler grinste. »Nein, tut mir leid, und wenn ich gewußt hätte, was hier auf uns wartet, wäre ich bestimmt in weitem Bogen um die Stadt herumgeritten.«

      »Das sollten… das sollten… Sie nicht sagen«, stotterte der Mayor. »Es ist eine schöne Stadt. Es ist unser Unglück, daß die Galgenmänner sie jetzt in Verruf bringen.«

      Einer der Stadträte, ein kleiner hagerer Mann mit verkniffenem Gesicht, knurrte: »Ich finde, es ist Ihre Pflicht, Marshal, daß Sie den Mörder jagen.«

      Da stieg Doc Holliday blitzschnell vom Pferd und trat vor den Mann hin. »Was haben Sie eben gesagt, Mann?«

      »Ich habe nicht mit Ihnen gesprochen, Doc. Ich sprach mit dem Marshal.«

      »Sie sollen mir wiederholen, was Sie gesagt haben.«

      »Ich habe gesagt, daß es die Pflicht des Marshals wäre, den Mördern zu folgen.«

      »So, das ist die Pflicht des Marshals, finden Sie? Soll ich Ihnen sagen, was Ihre Pflicht ist, Mister?«

      Der Mann retirierte mehrere Schritte. »Sie haben doch nicht etwa die Absicht, mich zu bedrohen, Doc Holliday?«

      »Doch, das kann leicht passieren, nämlich, wenn Sie eine so blödsinnige Rede noch einmal vom Stapel lassen. Kümmern Sie sich um die Angelegenheiten Ihrer Stadt gefälligst selbst.«

      Er packte den Sattelholm und zog sich wieder auf den Rücken seines Hengstes. Die beiden nahmen die Zügelleinen auf und trabten aus der Stadt.

      Schweigend ritten sie nebeneinander her. Obwohl es noch verhältnismäßig früh am Tage war, stiegen schon wieder die Nebelschwaden hoch. Die Sonne hatte ihren kurzen Tageslauf schon


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