Im freien Feld. Группа авторов

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Nistplätze erreichen. Für einige Wochen beherbergt dieser Flussabschnitt den meilenlangen Vogelschwarm. Doch wenn der Frühling beginnt, erheben sie sich in die Lüfte und verschwinden, folgen ihrem inneren Kompass bis hinauf nach Saskatchewan, Alaska oder noch darüber hinaus.

      Dieser Flug steht außerhalb der Zeit. Etwas lässt diese Vögel einer Route folgen, die schon Jahrhunderte alt war, als sie sie von ihren Eltern erlernten. Und jeder Kranich erinnert sich an den Weg, der noch in der Zukunft liegt.

      Auch heute Abend kreisen sie wieder über dem verzweigten Wasserlauf. Noch für eine Stunde ertönen ihre Rufe, bis der Himmel sich leert. Die Vögel schlagen nervös mit den Flügeln, unruhig von der Wanderung. Einige zupfen bereifte Halme aus dem Boden und schleudern sie in die Luft. Sie sind so gereizt, dass sie anfangen zu kämpfen. Doch schließlich kommen sie zur Ruhe und schlafen, auf einem Bein stehend und immer noch wachsam, die meisten im Wasser, einige wenige weiter oben auf den Stoppelfeldern.

      Quietschende Bremsen, das Kreischen von Metall auf Asphalt, ein erstickter Schrei, dann ein zweiter wecken den Schwarm. Der Truck fliegt im hohen Bogen durch die Luft und bohrt sich in das Feld. Ein Schwall von Erde prasselt auf die Vögel nieder. Sie schrecken auf und schlagen mit den Flügeln. Der Teppich erhebt sich verstört in die Lüfte, kreist über dem Fluss und landet wieder. Schreie wie von Kreaturen, scheinbar doppelt so groß wie sie, sind meilenweit zu hören, doch schließlich verhallen sie.

      Als der Morgen anbricht, hat es diese Laute nie gegeben. Wieder herrscht nur das Hier und Jetzt, das geflochtene Band des Flusses, ein Festmahl aus verstreuten Körnern, das diese Vögel nach Norden tragen wird, bis über den Polarkreis hinaus. Beim ersten Lichtstrahl erwachen die lebenden Fossilien wieder zum Leben, noch unsicher auf den Beinen schmecken sie die frostige Luft, springen in die Höhe, die Schnäbel gen Himmel gereckt, die Kehle weit aufgerissen. Und als hätte die Nacht nichts genommen, vergessen die Kraniche alles außer diesem Moment in der Morgendämmerung und beginnen zu tanzen.

      Henry David Thoreau (1817–1862)

      Wenn uns der poetische Wahnsinn packt, dann hasten und kratzen wir mit unserer Feder, ergötzen uns, wie es der Hahn mit dem seinen tut, an dem von uns aufgewirbelten Staub, aber entdecken nicht, wo das Juwel liegt, das wir inzwischen vielleicht weit weggeschleudert oder wieder ganz bedeckt haben.

      Teresa Präauer (*1979)

      Um Tiere anzulocken, hilft es aber auch, sich auf die Lauer zu legen und ihre Rufe und Laute nachzuahmen oder diese einfach als Tonaufnahmen abzuspielen. Für den Vogelfang gibt es allerlei Vogelflöten aus dem Jagdbedarf. Imitieren, anlocken, fangen und töten geraten hier in eine gemeinsame begriffliche Nähe, als hätten Neugier, Wissensdurst und Sammelleidenschaft sich mit einer Art von Vernichtungswillen gepaart, von dem die naturhistorischen Museen, die Menagerien, die Kunst- und Wunderkammern bis heute Zeugnis ablegen. Von John James Audubon ist bekannt, dass er im Furor des Anspruchs, für The Birds of America jede Vogelart des Landes abzubilden, auf seinen Reisen mit feinem Schrot Tausende von Vögeln geschossen hat. Er fixierte die Vögel danach mit Drähten und Schnüren, um sie in lebensähnlichen Posen, wie beim Jagen oder Fressen, zeigen zu können. Audubon malte mit wasserlöslichen Farben, Pastellkreiden und Tusche, die Kupferstiche samt Kolorierung wurden danach von einer Werkstatt angefertigt und in den Jahren von 1827 bis 1839 als Serie von je fünf losen Blättern für Subskribenten, vorerst ohne erläuternden Text, herausgebracht. Die so entstandene erste Ausgabe dieser Enzyklopädie der Vögel Amerikas hat das Format »double elephant folio« und misst in der Höhe fast einen Meter. Damit können die Vögel in Lebensgröße gezeigt werden, im Bildhintergrund dabei vereinzelt die natürliche Umgebung von Landschaft, Himmel und Wasser, die in ihrer Farbgebung selbst wieder etwas Dramatisch-Artifizielles bekommt. Auch wenn der Anspruch, die Tiere möglichst naturgetreu abzubilden, sich in der präzisen, fast sachlich anmutenden bildnerischen Gestaltung hier weitestgehend erfüllt, bleibt doch etwas, das zuvorderst künstlerisch-ästhetischen Gesetzmäßigkeiten folgt und damit eine innerbildliche Wirklichkeit erschafft: Auswahl, Bilddiagonalen, Ornamentierung, Farbkontraste, alles das baut auch mit an der Welt, wie wir sie später wahrnehmen. Zwei weiße Gerfalken mit schwarzen Flecken im Gefieder stecken bei Audubon ihre aufgerissenen Schnäbel aneinander, dahinter ist der Himmel diffus-schwarzblau wie vor einem unwirklichen Gewitter. Linné beschrieb aufgrund der variablen Gefiederfarbe noch Unterarten des Gerfalken, die heute nicht mehr voneinander abgegrenzt, sondern als individuelle Merkmale einer Art gezählt werden. Andere Vögel, die Audubon gezeichnet hat, sind mittlerweile vollständig ausgestorben und nur noch in den Bildern erhalten oder als einzelne Tierpräparate im Museum, teilweise wurden auch aus den Organen nach der Entnahme, eingelegt in Alkohol, Feuchtpräparate hergestellt. Im Naturkundemuseum in Berlin gibt es einen riesigen dunklen Raum voll von solchen Gläsern mit eingelegten kleinen Tieren, Weichteilen, Organen in gelb leuchtenden Flüssigkeiten. Abseits der öffentlich zugänglichen Ausstellungsräume befindet sich im ersten Stock ein Saal, der über und über bestückt ist mit ausgestopften Vögeln in Regalen und Laden, gefüllt mit leeren Vogelbälgen. Der Vorteil der Lagerung als Balg, also der Haut samt Gefieder, Schnabel, Füßen und Beinen, gegenüber der Dermoplastik, dem ausgestopften Tier, liegt in der platzsparenden Handhabung und in der vermeintlichen Objektivierung für den wissenschaftlichen Gebrauch, wohingegen das ausgestopfte Tier stärker eine Interpretation des Habitus mitliefert. Wenn man jedoch selbst einmal vor diesen vielen, vielen Schubladen stehen durfte, in denen diese Vogelbälge zu Hunderttausenden liegen, eins neben dem anderen, kleine Papieretiketten ans Bein gebunden mit Beschriftung, lässt einen das Bild nicht mehr los, in welchem die tote Natur und das Wort, die Schrift, die Handschrift auf Papier, für immer verbunden sind, einander physisch nah und dennoch artfremd. Die Etiketten sagen etwas über den ursprünglichen Fundort aus und über die aktuelle Zugehörigkeit zu einer öffentlichen oder privaten Sammlung, sie vermerken aber mitunter auch, was den Vögeln an inneren Organen entnommen wurde. So haben diese kleinen Begleittexte zu den Tieren die Aufgaben der Benennung, der Herstellung von Zugehörigkeit und der Berichterstattung über das, was fehlt und vielleicht verloren gegangen ist. Das ist nicht nur wissenschaftlich, das ist auch poetisch – Tier gewesen, Text geworden.

      Ambrose G. H. Pratt (1874–1944)

      Wenn wir alle uns verfügbaren Fäden zusammenziehen, um uns einem Verständnis des Leierschwanzes anzunähern, müssen wir notgedrungen die Grauzone betreten, in der sich Intelligenz von Instinkt trennt und in eine, obzwar undeutliche, geistige Bewußtheit übergeht.

      Wie wir gesehen haben, unterwirft der Leierschwanz sein Leben willentlich der Regulierung durch einen bestimmten Kodex leitender Grundsätze.

      Er hat einen ausgeprägten Sinn für Eigentumsrechte und -werte.

      Er achtet die Gebietsrechte seiner Nachbarn und verteidigt seine eigenen.

      Er besitzt die Fähigkeit, Ideen durch eine Art von Sprache zu übermitteln.

      Er ist monogam und seinem Partner unbedingt treu – offenbar sogar (obwohl das noch nicht abschließend festgestellt wurde), nachdem er seines Lebensgefährten beraubt ist.

      Er hat eine tiefe Liebe zur Melodie, die er mit vollendeter Kunst und höchst gefällig zum Ausdruck bringen kann.

      Er tanzt ganz reizend und begleitet seine Schritte mit einer seltsamen Feenmusik, die durch pochende, auf die Tanzschritte abgestimmte Taktschläge gegliedert ist.

      Er wird unwiderstehlich verlockt, sich an äußerst entzückenden und großartigen Orten aufzuhalten, die beständig von den angenehmsten Düften des Buschs erfüllt sind.

      Sein Wesen ist liebenswert und freundlich und er ist entschieden sozial veranlagt.

      Er ist zu treuer Freundschaft mit menschlichen Wesen fähig, aber seine Freundschaft kann nicht – wie die aller anderen wildlebenden Geschöpfe – durch Nahrungsangebote gewonnen werden.

      Sein häusliches Leben ist beispielhaft und wird nie durch Gezänk verunstaltet.

      Der Menura-Hahn ist ein fleißiger, eifriger und beharrlicher Schüler seiner Kunst.

      Die


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