Projekt Phoenix. Kevin Behr

Projekt Phoenix - Kevin Behr


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die Dringlichkeit besitzen. Perfektion ist der Feind des Guten. Bill, wir besitzen einfach nicht den Luxus, alles so lange zu polieren, bis es irgendeinen von Ihnen vorgeschlagenen Gold-Standard erfüllt. Wir müssen Gewinn machen, und das können wir nur, wenn wir Marktanteile zurückgewinnen. Und dazu muss Phoenix live gehen.«

      Sie sieht Steve an. »Uns war das Risiko doch klar, oder Steve? Sie haben das den Analysten und selbst den Leuten von CNBC wirklich toll verkauft – ich glaube nicht, dass wir jetzt abgewatscht werden wollen, weil wir noch später liefern, als wir es sowieso schon tun.«

      Steve nickt bedächtig und reibt sich am Kinn, während er nachdenkt. »Stimmt«, sagt er schließlich und lehnt sich vor. »Wir haben unseren Investoren und den Analysten gegenüber die Zusage gemacht, dass wir Phoenix in diesem Quartal ausliefern werden.«

      Mir fällt die Kinnlade herunter. Sarah hat all meine Argumente einfach beiseite gewischt und Steve auf einen waghalsigen, destruktiven Weg geschickt.

      Verärgert sage ich: »Sieht denn keiner, wie verrückt das ist? Ich war in diesem Raum bei einem Meeting dabei, in dem wir über das Installieren neuer Wasserspender in jeder Filiale diskutiert haben. Das Team hatte neun Monate Zeit, den Roll-out zu planen. Neun Monate! Und alle waren der Meinung, das sei vernünftig.

      Jetzt reden wir über Phoenix, das Tausende POS-Systeme und die gesamten Back-Office-Buchungssysteme betrifft. Das ist mindestens zehntausendmal komplexer als das Installieren der Wasserspender und weitaus risikoreicher für den Geschäftsbetrieb. Und wir bekommen nur eine Woche, um den Roll-out zu planen und umzusetzen?«

      Ich schaue Steve inständig an. »Ist das nicht ein bisschen waghalsig und unfair?«

      Kirsten nickt, aber Sarah sagt geringschätzig: »Bill, das ist eine rührende Geschichte, aber es geht hier nicht um Wasserspender, sondern um Phoenix. Und zudem glaube ich, die Entscheidung ist schon gefallen.«

      Steve sagt: »Ja, das ist sie. Vielen Dank für Ihre Einschätzung der Risiken, Bill.« Er wendet sich Sarah zu. »Wann wird Phoenix freigegeben?«

      Sarah antwortet schnell: »Marketing-Launch ist nächsten Samstag, am 13. September. Phoenix wird am Tag zuvor um 17 Uhr verfügbar sein.«

      Steve schreibt sich die Daten in seine Kladde und sagt: »Gut. Halten Sie mich über den Fortschritt auf dem Laufenden und lassen Sie mich wissen, wenn es irgendetwas gibt, was ich tun kann.«

      Ich schaue zu Wes, der mit seinen Händen ein Flugzeug darstellt, das vor ihm auf den Tisch aufschlägt und in Flammen aufgeht.

      In der Halle sagt Wes: »Na, das lief doch ziemlich gut, Chef.«

      Mir ist nicht zum Lachen zumute. »Was ist da drin passiert? Wie konnten wir in diese Lage geraten? Weiß irgendjemand, was wir tun müssen, um diesen Launch zu unterstützen?«

      »Keiner hat eine Ahnung«, antwortet er und schüttelt empört den Kopf. »Wir haben uns noch nicht einmal darauf geeinigt, wie die Übergabe von der Entwicklung aussieht. Bisher haben sie einfach einen Link zu einem Netzwerkordner geschickt und gesagt: ›Da, das muss deployt werden.‹ Es gibt ausgesetzte Neugeborene, die mehr Handlungsanweisungen mitgeliefert bekommen.«

      Ich schüttele meinen Kopf angesichts dieses Vergleichs, aber er hat recht. Wir haben hier ein echtes Problem.

      Er fährt fort: »Wir müssen ein gewaltiges Team bilden, einschließlich der Leute von Chris, um herauszufinden, wie wir das lösen. Wir haben Probleme auf jeder Ebene: Netzwerk, Server, Datenbanken, Betriebssysteme, Anwendungen, Layer-7-Switching – das volle Programm. Die nächsten neun Tage werden für uns alle sehr lang werden.«

      Ich nicke unglücklich. Diese Art von gemeinsamem Aktivismus gehört zur IT, aber ich ärgere mich, wenn wir wieder die Helden sein müssen, um die fehlende Planung von anderen auszubügeln.

      Ich sage: »Ruf dein Team zusammen und bitte Chris, das mit seinem auch zu machen. Aber schreib keine E-Mail und lass das Ticketsystem außen vor. Alle müssen zusammen in einem Raum sein.

      Ach, und noch was: Was meinte Chris, als er sagte, dass unsere Leute nie bei den Architektur- und Planungs-Meetings von Phoenix aufgeschlagen sind? Stimmt das?«

      Wes rollt frustriert mit den Augen. »Ja, denn meist haben seine Leute uns immer auf den letzten Drücker eingeladen. Echt jetzt, wer kann in seinem Kalender innerhalb von einem Tag oder weniger einen Termin freibekommen?«

      Nach einem Moment sagt er: »Um fair zu sein: Bei einigen der größeren Planungs-Meetings wurden wir rechtzeitig informiert. Und eine der entscheidendsten Personen, die dort hätte sein müssen, konnte es nicht, weil es Eskalationen gab. Dreimal darfst du raten, wer das war ...«

      Ich stöhne. »Brent?«

      Wes nickt. »Jepp. Er ist der Einzige, der den idiotischen Entwicklern bei solchen Meetings erzählen kann, wie es in der Realität aussieht und was im Produktivbetrieb auf jeden Fall kaputtgehen wird. Die Ironie daran ist, dass er nie zu den Meetings gehen kann, um den Entwicklern das zu erzählen, weil er immer damit beschäftigt ist, all diese Dinge zu reparieren.«

      Er hat recht. Wenn wir diesen Teufelskreis nicht durchbrechen können, werden wir immer weiter hineingezogen werden. Brent muss mit den Entwicklern zusammenarbeiten, um die Probleme an der Quelle zu beheben, damit wir nicht dauernd mit dem Löschen von Feuern beschäftigt sind. Aber Brent hat keine Zeit dazu, weil er eben die Feuer löschen muss.

      Ich sage: »Wir brauchen unsere besten Köpfe bei der Vorbereitung dieses Deployments. Sorge also dafür, dass Brent dabei ist.«

      Wes sieht einen Moment verlegen aus. »Was ist?«, frage ich ihn.

      »Ich glaube, er arbeitet gerade an einer Netzwerkstörung«, antwortet er.

      »Jetzt nicht mehr«, sage ich. »Das werden sie mal ohne ihn regeln müssen. Wenn damit irgendjemand ein Problem hat, soll er zu mir kommen.«

      »Okay, was immer du willst, Chef«, sagt er und zuckt mit den Schultern.

      Nach dem Projektmanagement-Meeting bin ich nicht in der Stimmung, mit jemandem zu reden. Ich sitze an meinem Schreibtisch und bin knurrig, weil mein Laptop nicht wieder aufwachen will. Einzig die Festplatten-LED blinkt vor sich hin. Als sich auf dem Bildschirm nichts tut, schnappe ich mir meine leere Kaffeetasse, die neben dem Bild mit Paige und meinen zwei Söhnen steht, und gehe zur Kaffeemaschine im Flur.

      Als ich zurückkomme, teilt mir ein Fenster auf dem Bildschirm mit, dass ein kritisches neues Update einzuspielen ist. Ich setze mich, klicke auf »Ok« und beobachte, wie der Fortschrittsbalken langsam wächst. Plötzlich erscheint der verfluchte »Blue Screen of Death«. Mein Laptop ist platt, und ich kann ihn nicht nutzen.

      Auch nach einem Reboot bleibt es dabei. Ich murre verzweifelt: »Du willst mich doch verarschen!«

      In dem Moment schaut Ellen, meine neue Assistentin, um die Ecke. Sie streckt die Hand aus und sagt: »Guten Morgen. Herzlichen Glückwunsch zur Beförderung, Bill!« Dann sieht sie meinen Laptop mit dem Blue Screen und sagt mitfühlend: »Oh, das sieht nicht gut aus.«

      »Umm, danke«, sage ich und schüttele ihre Hand. »Wegen des Laptops – können Sie jemanden im Desktopsupport fragen? Bei Phoenix ist noch viel zu tun, und ich brauche den Rechner.«

      »Kein Problem«, sagt sie und lächelt. »Ich werde denen erzählen, dass unser neuer VP im Dreieck springt, weil sein Laptop nicht läuft. Von allen, die hier arbeiten, brauchen Sie wohl am ehesten einen funktionierenden Computer, oder?

      Wissen Sie«, fügt sie hinzu, »ich habe gehört, dass heute viele dieses Problem haben. Ich werde dafür sorgen, dass Sie an den Anfang der Liste wandern. Sie können es sich nicht leisten, zu warten, bis Sie dran sind.«

      Noch mehr zerschossene Laptops? Das ist der sichere Beweis, dass mir das Universum heute eins auswischen will.

      »Ach übrigens, ich brauche Hilfe beim Koordinieren von ein paar Notfall-Phoenix-Meetings. Hat Ihnen schon jemand Zugriff auf meinen Kalender gegeben?«,


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