Luzy Bloom: Ab heute will ich S...x. Mizzi Malone
anderer kleiner Panikattacken, auch dazu später mehr, war’s das auch schon. Obwohl, da gibt’s noch eine Sache, die mir erst nach zwei Jahren des Zusammenlebens aufgefallen ist: Ich habe David-Alexander in den elf Jahren unserer Beziehung kein einziges Mal pupsen hören. Keine Ahnung, wie er das gemacht hat.
Nach einem Jahr sind wir zusammengezogen, in eine Zweizimmerwohnung, ganz klassisch mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, einer kleinen Küche und Bad. Ich beendete mein Germanistikstudium, David-Alexander sein Jurastudium. Er fing als Steueranwalt in einer großen Kanzlei an, ich versuchte mich bei verschiedenen Werbeagenturen als Texterin. Im ersten Jahr hatten wir noch dreimal in der Woche Sex, in den Jahren zwei bis fünf noch zweimal, danach immerhin noch einmal. Und zwar immer am Samstagmorgen. Leider war David-Alexander im Bett ebenso berechenbar wie im sonstigen Leben. Unsere Begegnungen verliefen mehr oder weniger stereotyp. Er begann immer damit, mich im Nacken zu kraulen. Das bedeutete: Ich wäre so weit. Dann küssten wir uns ein bisschen (mit den Jahren wurde diese Phase immer kürzer) und zogen uns aus, am Anfang noch gegenseitig, später jeder für sich. David-Alexander befummelte meine Brüste und hatte seine Hand dann sehr schnell zwischen meinen Beinen. Und wenn er meinte, ich sei feucht genug, drang er in mich ein. Von diesem Szenario gab es nur seltene Abweichungen. Das Aufregendste, was wir gemeinsam erlebt haben, war ein Quickie auf der Toilette seiner Steuerkanzlei während eines Betriebsfestes im dritten Jahr unserer Beziehung. David-Alexander war ein wenig angetrunken, ich hatte mich sehr sexy gekleidet, einer seiner Kollegen flirtete mich an, und ich glaube, für einen winzigen unkontrollierten Moment war David-Alexander eifersüchtig. Er zog mich an der Hand durch den Raum und schleppte mich über den Flur Richtung Toilette. In der Kabine drängte er mich unerwartet fordernd an die Wand, und weil ich ihn in diesem Moment so herrlich unkonventionell fand, habe ich mich auf die Kloschüssel gesetzt, seinen Schwanz in den Mund genommen und ihn mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln zum Höhepunkt gebracht. Noch während wir dabei waren, betrat jemand die Toilettenräume. Ich wurde heftiger, und als ich merkte, dass David-Alexander kam, zog ich die Klospülung. Wir warteten, bis die Person den Raum wieder verlassen hatte, und öffneten leise die Tür. In dem Moment betraten zwei Kolleginnen von David-Alexander die Damentoilette, und in einer Art Übersprungshandlung begann David-Alexander, mit seinem Jackett wie verrückt vor meinem Gesicht zu wedeln.
„Geht’s wieder?“, fragte er gespielt besorgt, und ich antwortete:
„Vielleicht brauche ich eine Mund-zu-Mundbeatmung.“
Die anderen beiden Frauen grinsten, ich grinste. Nur David-Alexander grinste nicht.
„So etwas dürfen wir nie wieder machen“, schimpfte er in einem Anfall von Selbstvorwürfen auf dem Nachhauseweg mit mir.
„Wieso, hat es dir nicht gefallen?“
„Darauf kommt es doch gar nicht an – stell dir mal vor, meine Kollegen hätten etwas mitbekommen.“
„Na und?“, erwiderte ich. „Was wäre daran so schlimm gewesen?“
„Das verstehst du nicht“, sagte David-Alexander wie so oft zu mir. Und wie so oft verstand ich ihn wirklich nicht.
Im Laufe der Jahre unternahm ich ein paar Versuche, um unser Sexleben etwas aufzupeppen. Ich kaufte mir wirklich teure Reizwäsche.
„Das sieht billig aus, so was hast du gar nicht nötig.“
Ich animierte ihn zum gemeinsamen Pornogucken.
„Das mache ich nicht, und schon gar nicht mit dir zusammen!“
Aha – alleine wahrscheinlich schon?! Ich versuchte es mit Handschellen.
„Spielen wir 50 Shades of Grey?“
„Ja, warum nicht?“
„Weil das total alberne Hausfrauenfantasien sind.“
„Woher willst du das denn wissen? Du hast das doch gar nicht gelesen.“
„Das muss ich nicht lesen, das weiß ich auch so. Und außerdem würde ich dir die Rolle als Dienerin nicht abnehmen.“
„Aber der Master wärst du schon gerne, oder?“
„Ach, Luzy, jetzt mach dich nicht lächerlich. Wir haben doch auch ohne Schnickschnack schönen Sex. Findest du nicht?“
„Na ja, ich finde, es könnte etwas aufregender sein.“
David-Alexander seufzte, zog mich an sich, und wir machten es (ausnahmsweise!) auf dem Sofa. Danach war die Diskussion beendet. Meine Idee, ihn im Krankenschwester-Outfit zu überraschen, gab ich daraufhin auf, obwohl das eigentlich mein letzter Trumpf gewesen wäre. Aber der Umstand, dass David-Alexander ein Vorzeige-Hypochonder war, hätte der Sache möglicherweise die Erotik genommen. Wahrscheinlich hätte ich bei ihm Fieber messen oder ihm Wadenwickel verpassen müssen. Ich musste es einsehen: David-Alexander war einfach kein Draufgänger. Dafür hatte er andere gute Seiten. Er kochte gerne und gut, kümmerte sich zu fast gleichen Teilen um den Haushalt, fuhr das Auto in die Waschanlage, massierte mir ab und zu wirklich virtuos den Nacken, holte sonntags frische Brötchen, und wenn wir einen Garten gehabt hätten, hätte er Säbel-Olly beim Wettkampf um den schönsten Rasen wahrscheinlich den ersten Platz streitig gemacht. Sex stand einfach nicht ganz oben auf seiner Prioritätenliste – jedenfalls nicht der Sex mit mir.
Es war an einem Samstagabend. Wir hatten eine von David-Alexanders köstlichen Pasta Arrabbiata gegessen und wollten uns gleich „A Star is born“ anschauen. Ich hatte ihn bereits im Kino gesehen und war wie meine Freundin Dina völlig verzückt von Bradley Cooper in seiner Rolle als Jackson Maine. Ich hegte die leise Hoffnung, dass David-Alexander sich etwas von seinem Charme abgucken könnte – dieses tiefgründige Lächeln, den traurigen Blick …
Na ja, David-Alexander musste noch mal eben aufs Klo, und ich fläzte mich schon mal aufs Sofa, wo er sein Handy nachlässig liegen gelassen hatte. Ich suchte die Fernbedienung, als eine Nachricht auf seinem iPhone aufpoppte. Nicht, dass ich mich besonders dafür interessiert hätte, aber ich las beiläufig die Worte: ‚You are a hot stallion, D. A.’ Stallion, stallion … Was hieß das noch mal? Ich kam nicht drauf, und als David-Alexander vom Klo zurückkam, fragte ich ihn mit Blick auf sein Handy:
„Was bedeutet noch mal stallion?“
Er schaute auf den Bildschirm und wurde doch tatsächlich rot. Aber David-Alexander konnte nicht lügen.
„Hengst“, murmelte er.
„Was?“
„Hengst“, sagte er, jetzt fast wütend.
„Hengst – du?“
Ich musste lachen.
„Ja, warum denn nicht?“, erwiderte er pikiert, und in diesem Moment fiel es mir wie Schuppen von den Augen: David Alexander hatte in den letzten zwei Monaten oft in London zu tun gehabt, jede zweite Woche von Dienstag bis Freitag.
„Du hast eine Affäre“, stellte ich ernüchtert fest.
„Ja“, bestätigte er trocken.
Ich konnte es nicht fassen. Mein spießiger Steueranwalt trieb es mit einer anderen.
„Ich wusste gar nicht, dass Sex für dich überhaupt eine Rolle spielt“, bemerkte ich spitz.
„Kommt ganz drauf an.“
„Worauf denn?“
„Auf die Art des Sex.“
„Aha – und worauf steht der Hengst im Allgemeinen so?“
„Anal, vaginal, oral – you name it.“
„Oh, you name it – wow. Sind wir jetzt Mitglied der royalen Reitergarde?“
Viel weiter kamen wir an diesem Abend nicht. Ich verbannte David-Alexander, den heißblütigen Hengst, auf das Wohnzimmersofa und legte mich waidwund in unser gemeinsames Bett.
Die halbe Nacht lang hatte ich das Gefühl, mein Lebenstraum sei in sich zusammengefallen. Ich heulte wie ein Schlosshund, während David-Alexander ungerührt schlief wie ein Fohlen. Aber je