Mörderische 13 Urlaubs-Krimis auf 1600 Seiten. A. F. Morland

Mörderische 13 Urlaubs-Krimis auf 1600 Seiten - A. F. Morland


Скачать книгу
alt="image"/>

      ÄHNLICHE GEDANKEN WIE Fichte und Brock wälzte auch Rudi. Ein festes und sicheres Versteck bis zu Mitte nächster Woche? Aber auch eine ständige Bewegung zusammen mit dem männlichen oder weiblichen Schützling hatte ihre Probleme. Rudi fuhr einen normalen, unauffälligen Mittelklassewagen mit einer normalen Wiesbadener Nummer – bloß kein Behörden-Kennzeichen. Die beste Sicherheit für ihn und seinen Schützling war, nicht aufzufallen, im Strom der Fahrgäste, Einkäufer, Touristen und Spaziergänger mitzuschwimmen.

      Der Chef hatte gestern entschieden, die Zielperson Isa Vandenburg aus dem Lesterwald in ein Versteck in der Nähe des Ortes Linsengericht zu bringen, von der Fichte-Truppe allgemein als „Erbsensuppe“ verspottet.

      Rudi trödelte gemütlich Richtung „Erbsensuppe“. Das Versteck war ein alter längst aufgegebener Bauernhof, vor Jahren von einem Künstlerehepaar aus Frankfurt aufgekauft und aufwendig restauriert. Das Ehepaar hatte sich dann nach zwei harten Wintern doch entschlossen, in ein wärmeres Land mit mehr Sonne auszuwandern, und hatte sein Domizil relativ billig verkauft. Die Lage war an sich unübertrefflich. Mitten in einem Feld mit freier Sicht – und notfalls freiem Schussfeld – in alle Himmelsrichtungen, eine geschotterte Zufahrtsstraße, die kein Autofahrer, wollte er seine Stoßdämpfer behalten, mit mehr als 20 km/h passieren würde, mit einer Scheune, die als Garage diente, einem Geräteschuppen, in dem ein Notstromaggregat und mehrere Trinkwassertanks untergebracht waren, und auf mehreren hundert Meter im Umkreis kein Nachbar, keine Verbindungs- oder Bundesstraße und kein Spazierweg. Es war unglaublich still, bis auf die wenigen Vögel, die nachts auf Jagd gingen oder flogen.

      Als Rudi von dem ehemaligen Wirtschaftsweg auf die Schotterpiste abbog, wurde er geknipst, er bemerkte den Blitz auf dem hohen Holzmast und wusste, dass nun sein Kennzeichen an die Hausbewohner gemeldet und über Funk an einem anderen Ort elektronisch gespeichert wurde. Wer absolute Ruhe und absolute Einsamkeit schätzte, war hier gut aufgehoben. Ansonsten kam es dem Stadtmenschen Rudi Herzog wie die Vorhölle vor, eingerichtet von des Teufels verbitterter Großmutter. Als er fünfzig Meter vom Eingang entfernt war, trat ein Mann vor's Haus und beobachtete ihn offen in einem Feldstecher. Der Kollege Claus Kowalski nahm die Vorschriften offenbar sehr ernst.

      Rudi winkte ihm zu, als er ausstieg, und Kowalski winkte zurück. Dann trat eine unbekannte Frau aus dem Haus und erst als sie laut höhnte: „Ich werd' verrückt, man verdoppelt meine Schutztruppe!“, erkannte er Isa an der Stimme wieder. Die blonden Locken waren verschwunden, diese langen glatten brünetten Haare durften wohl eine Perücke sein, und die zusätzlichen Kilos, die sie in Form von Kissen oder einer gefütterten Schutzweste auf den Hüften herumschleppte, standen ihr nicht. Auch sie winkte Rudi zu: „Gott zum Gruße, großer Meister.“

      Er zögerte, sie hatte vermieden, ihn mit Du oder Sie anzureden und nicht zu erkennen gegeben, dass sie ihn kannte oder wiedererkannt hatte. Zufall oder von ihrer Seite Absicht? Deswegen rief er ebenfalls ohne Anrede zu ihr hinüber: „Guten Tag, schöne Frau.“

      Kowalski trat an ihn heran. „Tach, Rudi. Der Alte hat schon angerufen, du übernimmst? Dann kann ich also weg von hier?“ Er senkte die Stimme: „Ich wäre nicht böse, wenn ich gleich abdampfen könnte, sie ist nicht so ganz leicht zu ertragen.“

      Rudi brummte heuchlerisch: „Der Chef hat mich auch schon gewarnt. Wenn du magst, fahr' los, sobald ich die Hütte durchsucht habe. Hat es irgend etwas Auffälliges gegeben?“

      „Nein, absolut tote Hose den ganzen Tag über. Komm!“

      Er ging mit Rudi auf die Frau zu, die neben der Tür stehen geblieben war und sie spöttisch musterte. Kowalski meinte nervös: „Das ist mein Kollege Rudi Herzog, er löst mich jetzt ab.“

      „Ich heiße Isa Vandenburg, wie sicherlich im Amte schon bekannt,“ antwortete sie ungerührt. Es klang zynisch.

      „Auf Wiedersehn, Frau Vandenburg. Und alles Gute für Sie.“

      „Tschüss, Herr Kowalski, kommen Sie gut nach Hause.“ Das hörte sich jetzt eher höhnisch als nett an. Kowalski ging nicht sofort zur Garage, sondern wartete, bis Rudi einmal durchs Haus gelaufen war. Selbst seinem Rücken war anzusehen, wie froh Kowalski war, von hier fortzukommen. Rudi schaute auf seine Uhr – kurz vor achtzehn Uhr. Der Chef musste noch an seinem Schreibtisch sitzen. Und so war es.

      „Rudi hier, ich habe gerade von Kowalski übernommen. Er fährt eben los.“

      „Na, Rudi, was Neues?“

      „Nein, und bei euch?“

      „Auch nicht. Lederer wollte mir eine dicke Zigarre verpassen, und wurde so dreist, dass ich ihn nachdrücklich darauf hinweisen musste, der Maulwurf könne auch bei ihm, in der Staatsanwaltschaft, sitzen. Ich dachte, er fällt gleich von Wut auseinander.“

      Staatsanwalt Wilfried Lederer war berühmt und berüchtigt für seine Unhöflichkeit. Aber wenn Rudis Chef „nachdrücklich“ wurde, rummste es im Karton, ganz gleich, mit wem Fichte es zu tun hatte. Als Kowalskis Auto außer Sicht geriet, sagte Isa: „Komm, lass uns reingehen! Es war doch richtig, dass ich dich nicht gekannt und nicht geduzt habe?“

      „Goldrichtig, Isa. Je weniger Kollegen wissen, dass wir uns von früher kennen, desto besser. Und mein Chef weiß auch nicht, dass und wie wir uns in Lanzarote getroffen haben. Es geht ihn auch nichts an.“

      Sie kniff ihm ein Auge zu, drehte sich um und öffnete die Tür. „Gut, dass du gekommen bist, von Kollegen wie Rotter und Kowalski hätte ich mich nicht länger beschützen und belästigen lassen.“

      „Wusstest du, dass ich komme?“

      „Ja, der Kowalski hat fast pausenlos mit seinem Chef in Wiesbaden telefoniert. Aber nun komm!“

      Er schaute ihr nach und hielt sie an der Schulter fest, weil sie merkwürdig steif und humpelnd ging und dabei wie angetrunken schwankte: „Sag mal, ist was mit deinen Gelenken? Oder mit deinem Becken?“

      „Nein, keine Angst. Ich trage nur so eine dicke gefütterte kurze Hose, weißt du, wie die Torleute beim Eishockey.“

      „Wer hat dir denn das sexy Wäscheteil verpasst?“

      „Eine Kollegin von dir.“

      „Eine Kollegin? Wann und wo, Isa?“

      „Sie hieß Senta Stolze und hat mich mit Rotter in das Haus gebracht, das dann abgebrannt ist. Wir haben uns darüber unterhalten, wie man mich am besten verstecken kann, und da meinte sie, sie würde mir eine Perücke besorgen und meine Figur so verändern, dass mich kein Mensch mehr an meiner äußeren Erscheinung und an meinen Bewegungen erkennen würde.“

      „Das ist ihr gelungen. Ich habe dich eben auch nicht erkannt.“

      „Und dabei habe ich nicht einmal meine höchst elegante neue Brille aus echtem Fensterglas getragen. So, so, nicht erkannt, ich fühle mich auch scheußlich und hässlich in dem Ding. Und an Perücken bin ich auch nicht gewöhnt. Durst?“

      „Schon, aber Alkohol ist für mich verboten, bis ich dich heil abgeliefert habe.“

      „Aber ich werde mir nach diesem stinklangweiligen Tag einen Wein gönnen. Sag nichts und denk' daran, man muss aussagebereite Zeugen bei Laune halten.“

      Er konnte auch gar nichts sagen, weil in der Minute eine auffällig große Drohne so niedrig über sie hinwegdröhnte, dass sogar die Fensterscheiben leise klirrten. „Wo kommt das Ding denn her?“, sorgte sich Rudi. Sie zuckte die Achseln: „Die kurvt schon seit Mittag hier herum. Kowalski hat deswegen telefoniert, aber niemand weiß anscheinend, wem die Drohne gehört und wer sie von wo aus steuert.“

      Und die Person am Steuergerät musste das Haus sehen können, denn die Drohne kam nach einer Minute zurück und dröhnte wieder direkt über das Haus hinweg.

      Rudi sagte nichts, aber machte sich in Gedanken einen dicken Knoten ins Taschentuch. Diesen Kowalski würde er sich zur Brust nehmen, wenn er diesen Auftrag beendet hatte. Konnte der Arsch wirklich so dumm sein? Telefonierte den ganzen Tag mit seinem


Скачать книгу