Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis - Walter G. Pfaus


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in Palm Beach. Ich brauche Sie, und zwar dringend. Sind Sie frei?“

      „Frei wofür?“, fragte Bount Reiniger. Seine Füße lagen auf dem Schreibtisch, und es bedurfte einer ziemlichen Anstrengung, um die etwas außer Reichweite liegende Packung PALL MALL heranzuziehen. Er schob sich eine Zigarette zwischen die Lippen und lächelte dankbar, als June, seine junge, attraktive Mitarbeiterin, das Office betrat und heraneilte, um ihn aus seinen Nöten zu befreien. Sie gab ihm Feuer.

      „Ein Fall für Sie. Mein Hoteldetektiv ist verschwunden. Außerdem wurde ein Anschlag auf das Haus verübt. Einer der Angestellten wurde durch einen Schuss verletzt - lebensgefährlich.“

      „Wann war das?“

      „Gestern. Seit diesem Zeitpunkt ist auch Myers, der Hausdetektiv, verschwunden.“

      „Was sagt die Polizei dazu?“

      „Sie tappt im Dunkeln. Offen gestanden traue ich den Männern, die behördlicherseits den Fall bearbeiten, nicht viel mehr zu als ihren guten Willen. Deshalb würde ich es begrüßen, wenn Sie Ihren Koffer packten und herflögen - am besten sofort.“

      „Ich bin zwar frei“, erklärte Bount, „aber ich sollte Ihnen klipp und klar sagen, dass es für Sie billigere Möglichkeiten gibt, einen tüchtigen Privatdetektiv zu engagieren. Ich wette, dass es in Palm Beach davon mindestens ein halbes Dutzend gibt.“

      „Ich will nicht irgendeinen. Ich will Sie“, sagte der Anrufer. „Das hat seinen guten Grund.“

      „Darf man erfahren, welchen?“

      „Aber gewiss“, sagte der Anrufer. „Sie sind in den Fall verwickelt, Mister Reiniger.“

      „Das müssen Sie mir schon genauer erklären“, meinte Bount.

      „Sie erfahren es, sobald Sie hier sind. Eine Bitte vorab. Suchen Sie mich zunächst nicht im Hotel auf! Niemand braucht zu wissen, dass ich Sie hergebeten habe. Sie erreichen mich privat im Hause Seaview Drive 41.“

      „Ich melde mich sofort nach meiner Ankunft.“

      „Ich freue mich auf Ihren Besuch“, sagte Elmer und legte auf.

      Bount schwang die Füße auf den Boden, legte den Hörer auf die Gabel und blickte June an. Sie hatte über den eingeschalteten Telefonlautsprecher mitgehört.

      „Das scheint ein dicker Fisch zu werden“, meinte sie. „Was ist das für ein Hotel?“

      „Das Kenwood Plaza in Palm Beach.“

      June gab einen dünnen Pfiff von sich.

      „Die Kenwood Hotelkette ist die zweitgrößte des Landes und schickt sich an, Nummer eins zu werden. Luxus zu erschwinglichen Preisen. Kenwood betreibt eine aggressive Preispolitik. Man wirft ihm vor, dass er mit Dumpingreisen die potentiellen Konkurrenten aus dem Mark zu drängen versucht. Angeblich ist es sein Ziel, diese Konkurrenten zu ruinieren und aufzukaufen. Diese Leute meinen, er habe vor, seine Preise schlagartig zu erhöhen, sobald er die Konkurrenz geschluckt hat.“ Sie lächelte und seufzte: „Ich wünschte, ich könnte dich begleiten. Vergiss nicht die Badehose mitzunehmen!“

      „Ich fliege mit der nächsten Maschine“, sagte Bount und erhob sich. June war schon auf dem Weg zur Tür. Bount begab sich in das angrenzende Apartment und packte seinen Koffer.

      Obwohl er Übung darin hatte, passierte es ihm immer wieder, dass er das eine oder das andere vergaß. Auf seinem letzten Trip waren es die Socken gewesen. Er legte sie also zuerst in den roten Samsonite, aber als er ihn schloss, hatte er das quälende Empfinden, wieder etwas vergessen zu haben, aber er kam nicht darauf, was es war.

      Am Abend landete Bount auf dem International Airport in Miami Beach. Er übernachtete im Hotel, besorgte sich einen Leihwagen und fuhr damit am nächsten Tag nach Palm Beach. In Fort Lauterdale legte er eine Pause ein, um Kaffee zu trinken. Aus dem Lokal rief er das Kenwood Plaza in Palm Beach an. Nach einigem Hin und Her bekam er Elmer an die Strippe.

      „Es ist jetzt zehn“, sagte Bount. „In zwei Stunden kann ich bei Ihnen sein.“

      „Großartig. Fahren Sie direkt zu mir nach Hause! Ich sage Xenia Bescheid, dass Sie mit uns essen.“

      Um halb eins lenkte Bount den roten Camaro auf den Kiesweg, der von der Straße zu dem großen, weißen Bungalow am Ende eines riesigen Gartengrundstücks führte. Bount stoppte vor der Doppelgarage, deren Tor offen stand. Eine Box war leer, in der anderen parkte ein Alfa Spider.

      Bount kletterte ins Freie und ging auf das Haus zu. In diesem Moment knallte es. Bount machte einen Satz und landete flach auf dem Bauch in einer Bodenmulde.

      Er hörte das Zwitschern der Vögel. Aus der Ferne kam das Tuten eines Schiffes. Bount hob vorsichtig den Kopf. Er zog das rechte Knie an, sprang auf und begann zu rennen. Er erreichte die Haustür ohne weiteren Zwischenfall. Er klingelte. Die Tür öffnete sich. In ihrem Rahmen zeigte sich eine junge, rothaarige Frau, deren strahlende Schönheit Bount fast den Atem verschlug.

      Er war normalerweise von weiblicher Attraktivität nicht so leicht aus der Fassung zu bringen, aber sein Gegenüber hatte das gewisse Etwas, eine elektrisierende Mischung aus damenhafter Kühle und prickelndem Sex Appeal.

      „Missis Elmer?“, fragte Bount.

      „Sie sind Mister Reiniger, nicht wahr?“, meinte die Rothaarige, nachdem sie Bounts Frage mit einem Kopfnicken beantwortet hatte. „Treten Sie ein, bitte. Herzlich willkommen!“

      „Auf mich ist soeben geschossen worden“, sagte Bount, der ein Gefühl der Erleichterung verspürte, als Xenia Elmer die Tür hinter ihm ins Schloss drückte. Die Diele war sehr groß. Man hörte das monotone Rauschen der Klimaanlage.

      „Ich habe einen Knall gehört“, sagte Xenia Elmer, die sehr große, grünlich schimmernde Augen hatte und einen Mund, dessen schwungvolle Kurven etwas Lockendes hatten, aber auch etwas Kindhaftes, dem sich kaum ein Betrachter entziehen konnte. Das schulterlange Haar machte den Eindruck, als sei es soeben von der erfahrenen Hand einer Friseuse betreut worden, es hatte einen seidigen Glanz. Xenia Elmer trug ein weißes Kleid. Sein Schnitt war von raffinierter Schlichtheit. Ein schmaler, roter Schlangenledergürtel machte deutlich, wie schmal und zerbrechlich die Taille war, während die üppige Oberweite ganz andere Maße zu bieten hatte. Die hochhackigen Sandaletten bestanden aus dem gleichen Material wie der Gürtel. Xenia Elmers Beine präsentierten sich mit nackter, untadeliger Haut, aber weder sie noch das Gesicht waren so braun, wie man es von einem Bewohner dieser Gegend erwartete.

      „Als ich den hörte, war es fast schon zu spät, da hatte ich das Gefühl, dass mir jemand das Haar zu versengen wünschte“, sagte Bount.

      „Das kann nur dieser dumme Bob gewesen sein.“

      „Bob?“

      „Der Sohn des Nachbarn. Eine Landplage. Er jagt wilde Kaninchen. Mir ist auch schon mal eine Kugel um die Ohren geflogen. Wo ist Ihr Gepäck?“

      „Der Koffer ist noch im Wagen.“

      „Ich zeige Ihnen das Bad, Sie können sich ein wenig frisch machen und mir dann auf der Terrasse Gesellschaft leisten. Oder ziehen Sie es vor, im kühlen Haus zu bleiben?“

      „Offen gestanden bin ich nicht versessen darauf, die Mittagshitze von Palm Beach auszuloten“, meinte Bount, den jedoch weniger klimatische Vorbehalte plagten, als vielmehr die Überlegung, dass er auf der Terrasse erneut ein fabelhaftes Ziel bieten würde.

      Nachdem er sich im Bad aufgemöbelt hatte, setzte er sich mit der Dame des Hauses in das große, elegant und geschmackvoll möblierte Wohnzimmer. Die Temperatur wurde gleichfalls von einer gut funktionierenden Klimaanlage bestimmt.

      „Gregg wird nicht lange auf sich warten lassen“, meinte die junge Frau und kredenzte ihrem Gast und sich selbst einen Longdrink. „Er weiß, wann gegessen wird. Sonst speist er im Hotel, immer schön a la carte, aber heute wird er Ihnen und mir das Vergnügen machen, schlichte Hausmannskost einzunehmen. Sie haben doch hoffentlich


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