Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis. Walter G. Pfaus

Mörder sind nicht zimperlich: 10 Krimis - Walter G. Pfaus


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      8

      Das Hotelzimmer war total verqualmt. Die beiden Männer, die sich am Schachbrett gegenüber saßen, wechselten kein Wort. Ihren Gesichtern war die tiefe Konzentration anzusehen, die das Spiel ihnen abnötigte. Ein dritter Mann lehnte am Türrahmen, gähnte und war sichtlich gelangweilt. Hinter ihm befand sich der kleine Vorraum der Suite.

      Der Mann zuckte zusammen, als es klopfte. Die Männer am Schachbrett hoben die Köpfe. Sie blickten einander an, dann sahen sie auf den hochgewachsenen, schwarzhaarigen Endzwanziger, der an der Tür lehnte. Der warf einen Blick auf seine Uhr.

      „Das könnte Martinez sein“, sagte er.

      „Der klopft nicht“, sagte einer der Männer am Schachbrett. Er hatte glatt zurückgekämmtes, dunkles Haar und ein sehr scharfes, von einer Hakennase geprägtes Profil. Er war schätzungsweise 40.

      Sein Gegenüber war klein, massiv und bullig. Er hatte einen kurzen Hals und ein rundes, glattrasiertes Gesicht mit hervorquellenden Augen. Sein rostbraunes Haar war stark gekräuselt. Er war um die 35.

      „Sieh nach, wer es ist!“, sagte der Mann mit der Hakennase.

      Sein Gegenüber musterte die Figuren auf dem Brett.

      „Remis“, sagte er. „Okay?“

      „Okay“, sagte der Hakennasige, legte mit einer Hand die Figuren um und stand auf.

      Der Endzwanziger durchquerte das Vorzimmer und öffnete die Tür.

      „Sie wünschen?“, fragte er.

      „Ich bin Mike Finch“, sagte der Mann, der im Korridor stand. „Ich möchte Señor Saccato sprechen“, sagte er.

      „Kommen Sie herein!“, meinte der Endzwanziger und schloss die Tür hinter Finch. Der durchquerte den Vorraum und betrat das große Zimmer. Er blinzelte ein wenig, als er die Rauchschwaden mit seinen Blicken zu durchdringen versuchte.

      „Ich bin Juan Saccato“, stellte der Mann mit der Hakennase sich vor. Er wies in die Runde und begann mit seinem Schachpartner. „Das sind meine Freunde. Señor Cachez.“ Die Hand wanderte zu dem Endzwanziger, der schon wieder am Rahmen des Durchgangs lehnte. „Señor Barradon.“

      „Erfreut“, sagte Mike Finch. „Darf ich mich setzen?“ Er ging auf einen Sessel zu und ließ sich hineinfallen, ohne die Erlaubnis des Gastgebers abzuwarten.

      Saccato lächelte.

      „Ihr Besuch zu so ungewöhnlicher Stunde hat gewiss triftige Gründe, Mister Finch“, sagte er. „Wir sind gespannt, zu erfahren, was sich dahinter verbirgt.“

      „Sie wissen sehr gut, warum ich hier bin“, erklärte Mike Finch und zündete sich eine Zigarette an.

      Saccato hob erstaunt die Augenbrauen. Sie waren pechschwarz und machten den Eindruck, als seien sie getuscht.

      „Sie sprechen in Rätseln, mein Lieber.“ Er wandte sich an die beiden anderen Männer. „Oder kapiert ihr, was er meint?“

      Die Männer schüttelten die Köpfe. Sie starrten Mike Finch an, aber der kümmerte sich nicht um sie, er machte einen erstaunlich entspannten, selbstsicheren Eindruck.

      „Es ist wegen meines Geldes“, sagte er. „Ich möchte es wiederhaben.“

      „Ich bin sicher, dass Sie sich in der Adresse geirrt haben, Señor“, sagte Saccato. „Wir sind für Ihre Sorgen nicht zuständig.“

      „Ehe ich weiterspreche, sollte ich feststellen, dass ich schriftlich hinterlegt habe, was ich weiß und wo ich mich befinde. Sollte mir also etwas zustoßen, wird euch Galgenvögeln der Strom abgedreht. Es ist besser, ihr arrangiert euch mit mir. Ich stelle keine großen Ansprüche, aber ich will das Geld zurückhaben ... bis auf den letzten Cent. Es waren immerhin achtzigtausend Dollar.“

      „Sie fangen an, mich zu amüsieren“, meinte Saccato und produzierte ein Lächeln, das seine Worte zu bestätigen schien, aber der harte, metallische Glanz in seinen dunklen Augen strafte das Gesagte Lügen.

      „Ihnen wird das Lachen gleich vergehen“, sagte Mike Finch.

      „Wir sind Flüchtlinge. Wir warten sehnsüchtig auf die Rückkehr in unser Heimatland“, sagte Saccato. „In der Zwischenzeit bemühen wir uns, die Gesetze des Landes zu respektieren, das uns aufgenommen hat. Ist es nicht so, Gentlemen?“, wandte er sich an die beiden anderen.

      Die verwehrten ihm diesmal ein zustimmendes Kopfnicken. Sie starrten den Besucher an, aber der schien gar nicht zu bemerken, wie sehr er zur Klimaverschlechterung in der Suite beigetragen hatte. Er sprach ausschließlich mit Saccato, in dem er offenbar den Boss der Gruppe sah.

      „Ich könnte Sie hochgehen lassen“, sagte er mit sanfter Stimme, „aber ich sehe ein, dass es klüger ist, sich an gewisse Spielregeln zu halten. Ich will Ihnen ja gar nicht ins Handwerk pfuschen, aber Sie sollten mir auch meine kleine Beute lassen. Es ist der größte Happen Geld, den ich mir jemals schnappen konnte. Für Sie ist er nur ’n Klacks.“

      „Sie scheinen zu glauben, dass wir Millionäre sind“, spottete Saccato.

      „Genau das sind Sie“, stellte Mike Finch fest. „Ich weiß es von Charly.“

      „Wer ist Charly?“

      „Charly Leggins. Der Bursche, den Sie auf dem Gewissen haben“, sagte Mike Finch.

      „Ich habe Mühe, Ihnen zu folgen“, erklärte Saccato.

      „Sie haben auch Virginia hochgehen lassen“, sagte Finch. „Virginia Leggins.“

      „Das sind Leute aus Miami Beach“, sagte Barradon. „Ich habe da was im Radio gehört.“

      „Okay, aber was, um Himmels willen, haben wir mit der Sache zu tun?“, wollte Saccato von Mike Finch wissen. Der inhalierte genüsslich. Er schien die Situation zu genießen.

      „Sehen Sie“, sagte er langsam, „ich bin der Mann, der die Benzinbomben herstellte. Sie werden jetzt sagen, dass ich alles versaut habe und ein Stümper bin. Vielleicht haben Sie sogar recht damit, aber wichtiger ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass Charlys Auftrag mich stutzig machte. Er wollte nicht mit den Namen seiner Auftraggeber herausrücken, aber er hatte plötzlich Geld, er warf mit dem Mistzeug nur so um sich. Natürlich wurde ich neugierig. Ich wollte wissen, wer so großzügig ist, dass Charly Leggins, mein alter Freund, sich auf einmal als halber Millionär fühlen konnte. Dabei kam ich Ihnen auf die Schliche.“

      Die drei Männer schwiegen. Sie sahen den Sprecher an, ohne weitere Anmerkungen zu machen.

      „Aus Gründen, die ich nicht kenne, legten Sie Wert darauf, dass Ihr Quartier im Kenwood Plaza im Flammen aufgeht“, sagte Mike Finch. „Es wird mir ewig unverständlich bleiben, warum Sie den Job nicht selbst besorgten ... aber vermutlich ging das nicht, weil Sie zur fraglichen Zeit nicht im Hotel zu sein wünschten, deshalb mussten Sie den Auftrag einem Mann geben, von dem Sie erwarteten, dass er damit fertig wird. Sie hörten sich ein bisschen um und erfuhren, dass Charly Leggins, Miami Beach, ein Ganove ist, der vor nichts zurückschreckt. Sie setzten sich mit ihm in Verbindung und sagten ihm, was Sie beabsichtigen. Sie gaben ihm einen Batzen Geld und er leitete alles Notwendige in die Wege. Als dieser Kasten in Flammen aufgehen sollte, waren Sie nicht im Haus ... für alle Fälle hatten Sie für die fragliche Zeit ein Alibi, stimmt’s?“

      Saccato befeuchtete sich die Lippen mit der Zungenspitze, dann sagte er: „Sie entwickeln in der Tat eine erstaunliche Theorie, Mister Finch.“

      „Sie, Saccato, haben mit Charly verhandelt. Sie waren es, der ihm den Auftrag gab - und Sie töteten ihn, nachdem er versagt hatte.“

      „Das war ein bisschen anders, mein Freund“, sagte Saccato mit erstaunlich sanfter Stimme. Mit den beiden anderen Männern ging in diesem Moment eine Wandlung vor, ohne dass sie äußerlich erkennbar wurde. Sie lag vor allem im Klima, im Atmosphärischen. Auch Mike Finch spürte,


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