Mitschwingen. Annalisa Hartmann

Mitschwingen - Annalisa Hartmann


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jene auf dem Land. Eine Zwölfjährige vom Land spielt noch, ein zwölfjähriges Stadtmädel postet Fotos auf Insta!»

      (Z., 41, Heilpädagogin, Gasel)

      «Wenn ich in die Stadt gehe, fühle ich mich oft wie ausgeschlossen. Die Kinder von der Stadt sind oft besser/kostspieliger angezogen und bei manchen, da ist man sofort ein Bauer oder eine Bäuerin, wenn man sagt, ‹ich bin vom Land›.»

      (I., 13, Schülerin, Jaberg)

      «Ja, den Stadt-Land-Graben gibt es definitiv. Besonders gemerkt habe ich es in der Berufsschule, wo ich die Einzige war, die aus der Stadt kommt und dort aufgewachsen ist. Die meisten Mitschülerinnen konfrontierten mich mit Vorurteilen. Zum Beispiel, ob ich als Stadtkind überhaupt wisse, wo die Milch aus der Migros herkommt. Ich bekam immer zu spüren, dass ich anders bin, nur schon deswegen, weil der Berner Dialekt in der Stadt anders ist als zum Beispiel im Emmental. Als wir uns besser kennenlernten, merkten wir, dass wir doch nicht so verschieden sind, obwohl wir ganz anders aufgewachsen sind und dadurch ganz andere politische Ansichten haben.»

      (T., 20, Gärtnerin, Bern)

      «Wir sind als Städter und Agglo-Bewohner aufs Land gezogen, daher erleben wir keinen Graben. Wir fühlen uns als Besucher in der Stadt wohl und wurden auf dem Land gut angenommen.»

      (C., 35, Sozialarbeiterin, Walkringen)

      «Ich finde, dass die Menschen in der Stadt viel weniger grüssen als auf dem Land.»

      (S., 12, Schülerin, Amsoldingen)

      «Ja, es gibt den Stadt-Land-Graben noch. Auf dem Land spüre ich mehr Empathie der Natur und den Bewohnern gegenüber. Man grüsst sich und hat fast immer ein Lächeln übrig. Auch trägt man zu allem mehr Sorge. In der Stadt empfinde ich meist eine monotone Hektik – und jeder schaut für sich.»

      (N., 40, KV-Angestellte, Kiesen)

      «Ich bin sehr ländlich aufgewachsen, auf einem Bauernhof am Ende der Telefonleitung in Eriswil. Seit einigen Jahren wohne ich in Bern. Es gibt sicher Unterschiede zwischen Stadt- und Landbevölkerung. Ob es einen Graben gibt, weiss ich nicht. Am meisten fällt mir auf, dass Gleichaltrige in der Stadt oft kinderlos sind und die höhere Schulbildung haben.

      Die Landbevölkerung fühlt sich von den Stadtbewohnern von ‹oben herab› behandelt. Die Städter denken, die Landleute seien zu wenig offen für alternative Lebensläufe usw. Ich bewege mich gerne auf diesem Spannungsfeld. Es hilft mir, offen zu bleiben.»

      (G., 32, Agogin, Bern)

      «Ja, den Graben gibt es schon, finde ich. Zum Beispiel bei Anlässen wie dem Schwingfest. Bei Abstimmungen. Okay, und Zürcher (-innen) sind ohnehin nicht sehr beliebt. Ein Austauschmonat in der Schulzeit oder danach wäre super. Auch für ‹Ländler›, nicht nur umgekehrt.»

      (B., 45, Direktionsassistentin, Zürich)

      «Ich bin auf dem Land aufgewachsen, den Stadt-Land-Graben spüre ich im familiären Umfeld, wo eine Mehrheit in ländlicher Umgebung wohnt. Traditionen haben einen höheren Stellenwert, das Erhalten von Bewährtem, Bisherigem. In der Stadt erlebe ich die Leute trendbewusster; interessiert, was das Leben alles zu bieten hat an Aktivitäten, Genuss und Freude.

      Neben meiner beruflichen Tätigkeit bin ich ab und zu in einer kleinen, bescheidenen Hütte auf etwas über 2000 Metern als Hüttenwartin tätig. Hier besuchen uns mehrheitlich gut ausgebildete Personen aus der Stadt. Trotz oder vielleicht sogar wegen ihrem ganz anderen Leben im Unterland können sie mit der Einfachheit, dem wenigen Komfort sehr gut umgehen und sind gar begeistert.»

      (D., 56, Sozialpädagogin, Bern)

      «Kunden vom Land sind sparsamer und nachhaltiger als Kunden aus der Stadt.

      Wo steht unsere Gesellschaft in zehn oder zwanzig Jahren? Ich bin besorgt …»

      (S., 28, Betriebsleiter Transportunternehmung, Schwar­­zen­­burg)

      «Auf dem Land wird da und dort einfach eine Postautolinie geschlossen. Zum Beispiel Oberdiessbach–Bleiken–Heimenschwand. Sobald etwas nicht mehr rentabel ist, wird es einfach abgeschafft, es geht immer um das liebe Geld. Und kein Arzt will irgendwo abseits von der Stadt noch in eine Praxis ziehen. Darum finden so viele Ärzte keinen Nachfolger mehr. Tendenz ist, dass sie in eine Gemeinschaftspraxis in der Stadt ziehen.»

      (V., 69, pensionierte Verwaltungsangestellte, Thun)

      «Der Stadt-Land-Graben ist beileibe nicht verschwunden. Gerade in der Politik. In der Stadt gibt Rot-Grün den Ton an, auf dem Land die SVP.

      In den Dörfern gehen traditionelle Begegnungsräume verloren. Dorfläden werden geschlossen, Postschalter verschwinden. Wie sollen ältere Menschen da noch zurechtkommen?»

      (B., 63, pensionierte KV-Angestellte, Niederwangen)

      «Ich bin ein meeega Landei und bin stolz darauf. Ich liebe die traditionellen Dinge auf dem Lande. Ich wuchs auf mit Alpabfahrten, Alphörnern und Treicheln. Ich beobachte aber auch immer, wie fasziniert die Stadtleute davon sind. Man verspürt dabei eine gewisse Verbundenheit.

      Ich denke, den Graben gibt es schon noch. Ich habe in einer Papeterie gearbeitet. Das Hauptgeschäft war in Langnau im Emmental (ländlich), eine Filiale in Sumiswald (sehr ländlich) und eine in Burgdorf (städtisch). In allen arbeitete ich und spürte enorme Unterschiede!»

      (P., 26, Mutter und Hausfrau, Oberburg)

      «Ich führe in der Matte eigentlich ein Dorfleben. Ich grüsse und kenne die Leute.»

      (R., 41, Onliner, Bern)

      «Ich denke, es wird ihn immer geben, den Unterschied zwischen den Menschen, die in der Stadt oder auf dem Land leben (nicht einen Graben).»

      (R., 30, dipl. Pflegefachfrau, Schwarzenburg)

      «Land = stärkere soziale Kontrolle»

      (K., 52, Lehrerin, Bern)

      «In der Stadt gibt es viel mehr Häuser, die sehen auch anders aus als auf dem Land. In der Stadt gibt es keine Bauern und Bäuerinnen, hier in Illiswil gibt es fast ausschliesslich Bauern, und alle haben Tiere. Stadt-Land-Graben: Wohlengraben … den kennen wir! Aber ich habe einen Freund in Zürich! Den habe ich vor ein paar Jahren in den Sommerferien kennengelernt.»

      (M., 9, Schüler, Illiswil)

      Mir isch de no z Sinn cho, dass es nid stimmt, dass ig drissg Jahr lang nie irgendöppis mit der Landwäut hätt z tüe gha. Im Chinderchor het’s ja d Pia gha, u die isch äxtra jedi Wuchä vo somne Chrache im Simmetau bis da zu üs i d Stadt gfahre. Über dä Wäg han i denn immer gstuunet. Und mängisch bin i sogar chly nidisch gsy. Wüu we mir aubä längi Probe oder Uffüehrige hei gha, de het’s ar Pia aubä gar nümm hei glängt u si het de immer bi irgendöpperem vom Chor müesse ga übernachte. Meischtens isch si de zu mir cho, u myni Mueter het ja fasch nid chönnä nei säge, o we’s sä sicher chly het gnärvt, dass mir de aubä bis i aui Nacht inä hei Bibi und Tina glost, a dä Radiochnöpf umä dräit, der Chopfstand güebt u glachet. Aber we öpper im Simmetau wohnt u gar ke Bös meh het für hei, de cha mä ja nüüt säge.

      I ha mi denn eigetlech gar nie gfragt, werum dass d Pia überhoupt däräwä wyt zu üs i Chor chunt. Öb’s bi ihne im Simmetau de ke Chor git oder öb üsä eifach der besser isch. Oder der luschtiger, mit emnä Dirigänt, wo Sunnä-Mond-u-Schtärnä-Schueh het annä gha. I bi ämu nid nume wäg em längä Wäg immer chly nidisch uf die Pia gsy, sondern o wüu si imnä grossä Huus het gwohnt mit emnä Garte und wüu si es eigets Söili het gha. Es eigets Söili. Das het doch müesse ds höchschtä vo dä Gfüu sy.

      I dänke no gärn a d Pia. O we das scho lang här isch und mir nüüt meh hei vonänang ghört. Einisch het si mir verzeut, ihrä Lehrer heig ihrä gseit, si syg es Huehn, aber es liebs. Das het mi denn sehr nätt dünkt vo däm Lehrer, und insgeheim hätt i o gärn einisch so öppis vo mym Lehrer, oder besser gseit vom Steuverträter vo mym Lehrer, ghört. Der Steuverträter het drum nume gseit, mir sygä pfiffigi Stadtragetä. Das Komplimänt het mi denn ender chly gnärvt. U


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