Fettnäpfchenführer Italien. Sandro Mattioli

Fettnäpfchenführer Italien - Sandro Mattioli


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genommen. Das führt mitunter zu lustigen Auswüchsen. Als etwa im Jahr 2000 die Helmpflicht für Rollerfahrer erlassen wurde, hat eine regelrechte Kampagne die Einführung dieses Gesetzes begleitet. Ihre Kernaussage war, dass dieses neue Gesetz nicht nur erlassen wurde, sondern auch streng kontrolliert werde. In den Hauptnachrichten im Fernsehen wurden entschlossene Politiker gezeigt, Polizisten, die helmlose Fahrer erwischten, die Strafen dafür – ein Bußgeld von damals bis zu 240 Mark, also knapp 120 Euro – wurden aufgezeigt. Und eben immer wieder die Aussage: Bürger passt auf, wir machen Gesetze nicht nur, in diesem Fall kontrollieren wir ihre Einhaltung auch!

      »Dieses Mal werden wir es schaffen«, sagte der damals zuständige Minister Willer Bordon in einem Interview. In Siena erhielten Rollerfahrer, die sich an die neue Regel hielten, gar eine Belohnung, eine Eintrittskarte für ein Fußballspiel.

      Zugegeben: Die Maßnahmen waren erfolgreich und besiegten die Eitelkeit: Kaum ein Rollerfahrer ist mehr ohne Helm unterwegs, vielleicht von Jugendlichen in Neapel abgesehen, wo die Polizei traditionell etwas großzügig in der Auslegung von Gesetzen ist. Vermutlich trug auch zum Erfolg des Gesetzes bei, dass die in Rechtsdingen immer sehr skeptischen Italiener erkannt haben, wie sinnvoll diese Regelung ist. Ein Blick in die Verkehrsstatistiken zeigt, dass in Italien sehr viele Rollerfahrer auf der Straße ihr Leben lassen.

      Ein weiteres medial propagiertes Gesetz ist das Anti-Rauch-Gesetz, welches das Rauchen in öffentlichen Orten verbietet, wozu auch Bars, Kneipen und Diskotheken gehören. Sicher, die Strafen bei Verstößen sind hoch, wie allgemein Strafgelder in Italien höher angesetzt werden als in Deutschland, selbst beim Falschparken ist das so. Doch es ist wenig darüber bekannt, ob es überhaupt Verstöße gab. Denn die Italiener, einst ein Volk von eingefleischten Rauchern, haben die Sinnigkeit dieses Gesetzes nachvollzogen – und dann wird es eben auch respektiert. Ein weiterer Weg, wie man ein Gesetz erfolgreich einführt.

      Was die Kassenzettel anbelangt, ist es den meisten wohl zur Gewohnheit geworden, sie einzupacken. Viele werfen sie aber auch einfach weg, meist in den Mülleimer direkt am Tresen. Oder sie lassen ihn in der Bar mit etwas Trinkgeld auf dem Tresen liegen.

       Was können Sie besser machen?

      Eines sollte man nicht tun: Den kleinen Papierschnipsel an der Kasse gar nicht erst mitnehmen. Nehmen Sie ihren Kassenzettel mit, zumindest bis zum nächsten Papierkorb, und sie machen den Menschen an der Kasse zufrieden. Wenn Sie jedes Risiko vermeiden wollen, stecken sie ihn in Ihre Tasche und denken vor der nächsten Wäsche daran, ihn wieder herauszuholen.

      7

       WIE DER POSTBOTE ZWEIMAL KLINGELT

      Franziska hatte am Vorabend ihre erste Erasmusparty erlebt. Viele nannten solche Feste ja scherzhaft Orgasmuspartys, und warum dem so war, hatte sich Franziska schnell erklärt. Die Party fand in einer Kneipe im Zentrum von Rom statt, die eigentlich nichts Besonderes war. Im Grunde war die ganze Party nichts Besonderes: Es gab etwas verbilligten Alkohol, es ging vor allem darum, viel zu trinken, und dauernd wurde man, wenn man sich nicht versah, von irgendwelchen Leuten angequatscht. Dazu Blicke wie auf dem Fleischmarkt. Manche Jungs, so fühlte es Franziska, zogen sie mit ihren Blicken aus, vor allem zu fortgeschrittener Stunde. Sie hätte ja tatsächlich auch gerne ein paar Jungs kennengelernt, aber so dann auch wieder nicht.

      Sie hatte schließlich mit ein paar Spaniern gequatscht, die eher unbeteiligt am Rande saßen und nicht jedem Rock hinterher schauten – mal auf Englisch, mal mit ihrem brüchigen Italienisch. Außerdem hatte Franziska eine Deutsche kennengelernt, worauf sie aber gar nicht sonderlich erpicht war, schließlich war sie nach Italien gekommen, um Italienisch zu lernen. Am Ende saß sie mit ein paar Engländern am Tisch, doch nachdem deren Alkoholkonsum den Ihrigen bei Weitem überschritten hatte, was sich hinderlich auf die Kommunikation auswirkte, und einer der Trunkenen Anstalten machte, mit ihr rumzuknutschen, beschloss sie, doch besser nach Hause zu gehen. Es war bereits nach drei, und für Franziska war es genug des wilden Lebens. Zum Glück kam gleich ein Bus an die Haltestelle. Müde fiel sie zu Hause in ihr Bett und kurz darauf in einen tiefen Schlaf.

      Sie hätte Ohrenstöpsel kaufen sollen, war ihr erster Gedanke am Morgen. Die schrecklich schrille Türklingel hatte sie aus dem Schlaf gerissen, und was noch schlimmer war, das Schrillen hörte nicht auf. So ein Mist, gerade heute! Franziska ging zur Tür.

      »Guten Tag, ich habe hier ein Einschreiben für Giulia Cecere.« Ein Postbote mit tiefer sonorer Stimme starrte sie an, jedenfalls kam Franziska die Stimme extrem kraftvoll vor.

      »Non sono io«, antwortete Franziska, das bin ich nicht, und der Postbote starrte sie weiter an.

      Wann Giulia denn wiederkomme, wollte der Postbote wissen. Mein Gott, warum gaffte der denn so, stimmte etwas mit ihrem Schlafanzug nicht? Franziska sah an sich hinunter – nein, alles okay.

      Sie wisse nicht, wann Giulia wiederkomme, wollte Franziska gerade anfangen zu erklären, als sie hinter sich die Stimme von Giulia hörte. »Francesca, ich bin hier, warte kurz, ich komme gleich.«

      »Un momento per favore«, sagte Franziska dem Postboten. Sie hätte am liebsten die Tür zugemacht, der Mann hatte etwas Aufdringliches. Aber das wäre unhöflich gewesen und hätte nicht zu ihrer Erziehung gepasst. Außerdem brachte der Postbote ihnen ja etwas.

      »Danke«, sagte endlich Giulia hinter ihr, und Franziska ging in ihr Zimmer zurück und ließ sich auf ihr Bett fallen.

       Was ist diesmal schiefgelaufen?

      Es ist wieder das andere Verständnis, das Italiener von dem Privaten haben. In Italien öffnet man nicht jedem die Wohnung, weshalb manche Menschen die Post gar unten im Hausflur in Empfang nehmen. Gar so weit muss die Privatheit nicht reichen. Dass man jedoch in Schlafkleidung an der Tür steht, ist äußerst ungewöhnlich. Eine italienische Dame würde in einem solchen Fall durch die Tür erklären – auch das ist auffällig in Italien, dass Türen allgemein nicht so schnell geöffnet werden wie in Deutschland – sie würde also durch die geschlossene Tür erklären, dass es im Moment unpässlich sei und der Postbote anderswann wiederkommen oder eine Zeit lang warten solle. Und es ist gut möglich, dass er eine ganze Weile warten müsste, denn bis die Haare richtig sitzen und alles schön geschminkt ist, kann es lange dauern.

       Was können Sie besser machen?

      In diesem Fall hätte Franziska einen Mittelweg wählen können, also nicht im Schlafanzug und auch nicht in einen Bademantel gehüllt – das schickt sich ebenso wenig – die Tür öffnen. Besser ist es, sich kurz anziehen und dann die Post in Empfang nehmen.

      8

       WIE FRANZISKA VOM STRAND VERJAGT WIRD

      Franziska hatte sich vor ihrer Abreise viele Gedanken gemacht, wie es wohl in der Stadt sein würde. Wenn sie nun abends auf ihrem Bett lag und darauf wartete, einzuschlafen, toste der Verkehr in ihrem Kopf, tauchten die Sehenswürdigkeiten und die italienische Sprache in ihren Gedankenspielen auf und manchmal auch Tübingen und ihre Freunde. Eines hatte sie damals jedoch noch nicht wissen können: wie das römische Licht magisch leuchtete. Es stimmte tatsächlich, was viele Römer sagen, dass nämlich in Rom ein ganz besonderes Licht herrsche. Nicht nur abends, wenn die Sonne auf ihrem Weg zum Horizont die Häuserlandschaften in ein golden warmes Licht tünchte, sondern auch tagsüber. Gleich am zweiten Tag war Franziska dieses schöne Licht aufgefallen. Und nicht einmal der stärkste Smog schaffte es, die Schönheit der Strahlen zu trüben.

      Heute schien die Sonne besonders kräftig, obwohl in Deutschland der Sommer schon gänzlich dem Herbst Platz gemacht hatte und auch in Italien langsam aber sicher die Temperaturen sanken. Franziska wollte


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