Mechanik. Michael Schulz
können also entlang einer beliebigen, mindestens zweimal differenzierbaren Bahnkurve in jedem Punkt die beiden zueinander orthogonalen Vektoren t und n bestimmen. Dieses Paar kann um einen dritten, auf t und n senkrecht stehenden Vektor ergänzt werden. Dieser Vektor wird als Binormale b bezeichnet. Die Orientierung des Binormalenvektors wird so gewählt, dass die Vektoren t, n und b ein Rechtssystem bilden. Dieses Orthogonalsystem ist in jedem Punkt der Bahnkurve erklärt, aber seine räumliche Orientierung kann ständig variieren. Deshalb spricht man auch von einem begleitenden Dreibein (vgl. Abb. 2.7).
Wir wollen jetzt die aus der Bahnkurve folgende Geschwindigkeit und Beschleunigung des Massenpunktes in Komponenten des begleitenden Dreibeins ausdrücken. Für die Geschwindigkeit erhält man mit der Transformationsformel (2.11)
(2.65)
Die Geschwindigkeit hat also in dem begleitenden Dreibein die Komponenten
(2.66)
wobei wir die übliche Vereinbarung υ = |υ| genutzt haben. Auch in Zukunft wollen wir den Betrag eines beliebigen Vektors u durch u kennzeichnen.
Die zweite Ableitung der Trajektorie nach der Zeit gibt
(2.67)
(2.68)
Mit (2.64) und (2.11) folgt dann
(2.69)
Damit erhalten wir folgende Komponenten für die Beschleunigung:
(2.70)
Die Tangential- oder Bahnbeschleunigung at =
Dagegen wird die Normal- oder Zentripetalbeschleunigung an = υ2R−1 durch den Betrag der Geschwindigkeit und den Krümmungsradius der Bahn bestimmt. Wenn wir beispielsweise die Bewegung eines Massenpunktes auf einer Kreisbahn mit einem konstanten Betrag der Geschwindigkeit betrachten, so sind die Tangentialbeschleunigung at = 0 und die Zentripetalbeschleunigung an = υ2R−1.
2.2.5 Allgemeine krummlinige Koordinaten
In kartesischen Koordinaten wird der Ortsvektor geschrieben als
(2.71)
Die zugehörige infinitesimale Verrückung ist durch das Differential
gegeben. Hieraus lässt sich die entsprechende infinitesimale Bogenlänge bestimmen. Wegen der Orthogonalität der Basisvektoren ex, ey und ez folgt sofort
(2.73)
Die Größe ds wird auch als Linienelement bezeichnet. Die differentielle Darstellung (2.72) kann auf beliebige Koordinaten verallgemeinert werden. Wir schreiben dann
wobei im letzten Ausdruck die Einstein’sche Summationskonvention verwendet wurde. Diese Regel besagt, dass über doppelt vorkommende Indizes summiert wird. Die eα sind nicht unbedingt Einheitsvektoren, sondern enthalten alles bis auf das Differential und stellen i. Allg. nicht normierte Basisvektoren dar.
Hieraus ergibt sich die Darstellung der Geschwindigkeit in krummlinigen Koordinaten:
Die Basisvektoren sind bei einem beliebigen Koordinatensystem gewöhnlich Funktionen der Koordinaten {xα}. Für das Basissystem {e1, e2, e3} ist allerdings die Orthogonalität keine notwendige Forderung mehr. Deshalb ist das Quadrat des Linienelementes jetzt eine allgemeine quadratische Form der Koordinatendifferentiale
(2.76)
Führt man anstelle des Skalarproduktes der gewöhnlich ortsabhängigen Basisvektoren die ebenfalls ortsabhängigen Komponenten
des metrischen Tensors g ein, dann gelangt man zur metrischen Fundamentalform
Die Komponenten gαβ des metrischen Tensors können zu einer quadratischen Matrix
(2.79)
zusammengefasst werden. Der metrische Tensor ist symmetrisch,
(2.80)
und in euklidischen Räumen stets positiv definit. Wir werden uns in Kap. 9 noch einmal ausgiebig mit dieser differentialgeometrischen Präsentation von Linienelementen befassen.
Für die oben angegebenen Beispiele orthogonaler Koordinaten erhalten wir problemlos die entsprechenden metrischen Tensoren. Insbesondere folgt für kartesische Koordinaten (x, y, z)
(2.81)
für Zylinderkoordinaten (r, φ, z)
(2.82)
und für Kugelkoordinaten (r, θ, φ)
(2.83)