Reisen unter Osmanen und Griechen. David Urquhart

Reisen unter Osmanen und Griechen - David Urquhart


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Ein Name oder Begriff wird dabei beim ersten Auftreten kurz erläutert, da anderenfalls der größere Sinnzusammenhang verlorenginge. Urquhart selbst hatte eine ganze Reihe griechischer Zitate in seinen Text aufgenommen - und diese mit einer Ausnahme auch richtig wiedergegeben. Um der besseren Lesbarkeit willen, wurden diese Passagen nun jedoch unter den Text gesetzt, zumal Urquhart selbst diese zu einem großen Teil schon übertragen hatte. Doch wie eingangs bereits angedeutet: Solche Reiseberichte wurden - bevor Kulturwissenschaftler und Historiker sie für sich in Anspruch nahmen - als Werke der schönen Literatur verfasst und von ihrem Publikum auch als solche verstanden. Und von daher sollten sie in erster Linie auch gut lesbar sein.

       Weiterführende Literatur:

      D. BREWER, THE FLAME OF FREEDOM. THE GREEK WAR OF INDIPENDENCE, 1821-1833. LONDON 2001.

      P. N. TZERMIAS, NEUGRIECHISCHE GESCHICHTE. EINE EINFÜHRUNG. 3., ÜBERARBEITETE UND ERWEITERTE AUFL. TÜBINGEN 1999.

      R. HEYDENREUTHER (HRG.), DIE ERTRÄUMTE NATION. GRIECHENLANDS WIEDERGEBURT IM 19. JAHRHUNDERT. 2. AUFL. MÜNCHEN 1995.

      TH. C. PROUSIS, RUSSIAN SOCIETY AND GREEK REVOLUTION. DEKALB, ILL., 1994.

      G. HERING, DIE POLITISCHEN PARTEIEN IN GRIECHENLAND, 1821-1936. BAND 1. MÜNCHEN 1992.

      G. ROBINSON, DAVID URQUHART. BOSTON 1920.

      (Titel der deutschen Originalausgabe)

      DER GEIST DES ORIENTS

      erläutert in einem Tagebuch

      über

      Reisen durch Rumili

      während einer ereignisreichen Zeit.

      Von

      D. Urquhart, Esq.

      Verfasser der Schriften: „Die Türkei und ihre Hilfsquellen“ -„England, Frankreich, Russland und die Türkei“ u.s.w.

      Aus dem Englischen übersetzt von F. Georg Buck, b.R. Dr. Hamburg

      (Motto: Nicht durch Tatsachen, sondern durch Ansichten über Tatsachen lassen sich die Menschen leiten. Epiktet.)

      Erster Band

      Stuttgart und Tübingen, Verlag der J.G. Cotta’schen Buchhandlung 1839.

      Dem Andenken Wilhelms IV. gewidmet.

      EINLEITUNG

      Jeder Reisende, der dem Publikum ein Werk vorlegt, setzt voraus, dass er neue Tatsachen oder Ideen mitzuteilen oder irrige Angaben oder Meinungen in den Werken seiner Vorgänger zu berichtigen habe. Ist das richtig in Beziehung auf uns nahe liegende Länder, mit deren Sprache, Einrichtungen und Gebräuchen wir völlig vertraut sind, so muss es noch viel anwendbarer auf ferne Länder sein, deren Sitten und Einrichtungen den unsrigen unähnlich, mit deren Sprache wir nun einmal nicht bekannt sind, von deren Literatur wir nichts wissen, mit deren Gesellschaft wir nie zusammenkommen, zwischen deren Bewohnern und unseren Landsleuten selten oder nie Freundschaft besteht. Wer zufällig in solch ein Land reist, muss, da es ihm unmöglich ist, genau zu beobachten, eine Menge oberflächlicher Eindrücke in sich aufnehmen, die er dann bei seiner Heimkehr eben so leicht und bunt verbreitet, wie er eben sie empfangen. Nicht sowohl in dem Glauben daher, dass vieles zu berichtigen sei in den Meinungen, die aus solchen Nachrichten in Bezug auf die Länder entstanden sind, von denen diese Bände handeln, sondern in der Überzeugung, dass man gar nichts davon weiß, übergebe ich diese Bände meinen Landsleuten. Mit den Sitten eines Volkes geht es, wie mit seiner Sprache: Keines von beiden kann genau beschrieben, keine Stelle kann richtig angewendet werden, wenn nicht der Geist der Volkssitten, wie die Grammatik der Volkssprache fleißig studiert und vollkommen begriffen ist.

      Die Ansprüche, die ich aufweisen kann, um mein Selbstvertrauen oder das Vertrauen anderer zu begründen, sind -zehn Jahre, die ich unablässig anwendete, die nötige Belehrung zu erlangen, um über die Länder zu urteilen, die ich hier zum Teil beschreibe. Während dieses Zeitraumes, wo kein anderer Zweck mich beschäftigte, habe ich meine Zeit gänzlich dazu gewidmet, im einzelnen oder im ganzen zu erforschen und zu studieren, was sich in gegenseitiger Verbindung auf die Gesetze, die Geschichte, den Handel, die politische und diplomatische Lage des Orients und besonders der Türkei bezog. Obgleich sich diese Untersuchungen über weite und mannigfache Felder verbreiteten, wurden sie doch systematisch auf die Aufklärung einer einzelnen Frage geleitet, der Frage nämlich, welche die Interessen und vielleicht das politische Dasein Großbritanniens zunächst berührt.

      Während meiner früheren Reisen, eingebunden, wie ich ursprünglich war, in den Krieg zwischen Griechenland und der Türkei, kam ich zu den ungünstigsten Schlüssen über den Charakter der orientalischen Länder und besonders der türkischen Regierung und des türkischen Volkes. Erst nach dreijährigen fleißigen Forschungen in der Statistik1 begann ich einzusehen, dass es doch wirklich Institutionen gebe, die mit dem Orient verknüpft sind. Von dem Augenblick an, wo ich das Vorhandensein besonderer, obgleich noch unklarer Grundsätze bemerkte, erwachte in meiner Seele ein hohes Interesse, und ich machte mich an eine Sammlung finanzieller Details, in der Absicht, die Regeln kennenzulernen, auf welche diese gegründet waren. Ich darf wohl sagen, dass ich abermalige drei Jahre in dieser Ungewissheit zubrachte, und ich sammelte und notierte die Verwaltung von zweihundertfünfzig Städten und Dörfern, bevor mir die gemeinsamen Grundsätze auffielen, welche diese Verwaltung leiteten.

      Erst nachdem also die Hälfte der Zeit verflossen war, die ich überhaupt im Orient zubrachte, begann ich zu merken, dass dort bestimmte Regeln und Grundsätze der geselligen Sitten und Gebräuche vorhanden waren, die man an ihnen selbst studieren müsse, und deren Erlernung eine Bedingung zum nützlichen und geselligen Verkehr sei.

      Nachdem ich diesen mühsamen Prozess durchgemacht, muss ich natürlich annehmen, dass eine Kenntnis des Orients lange und emsige Arbeit erfordert, die nur von jemand unternommen werden kann, der keine andere Beschäftigung oder Ziele hat, der mit Tatkraft und Beharrlichkeit ausgerüstet und bereit ist, alle Bequemlichkeiten, Annehmlichkeiten und Lebensgenüsse, an die er gewöhnt gewesen, gänzlich aufzuopfern.

      Ein Werk über den Orient ist eine Aufgabe, die kein Man von richtigem Takt leicht oder bereitwillig übernehmen kann. Je weiter man vorschreitet, gerade um so deutlicher werden die Schwierigkeiten solch eines Studiums, desto grösser das Misstrauen des Forschers.

      Wenn ein Botaniker, an eine Gegend gewöhnt, die nur eine beschränkte Zahl von Arten enthält, seine Theorie der Botanik auf solche allgemeinen Regeln gegründet hat, wie er nach dieser beschränkten Anzahl von Daten aufstellen durfte oder anwenden konnte, und nun plötzlich in eine andere Gegend gerät, wo er seine Grundsätze unanwendbar oder unzureichend findet, so muss er augenblicklich die ganze Wissenschaft, zu der er sich bekennt, revidieren. Ebenso wenn man Nationen beobachtet und auf Ideen stösst, die, wenn richtig verstanden, nicht genau durch die Worte der bekannten Sprache übersetzt werden können, muss man augenblicklich zu den ersten Anfängen zurückkehren, zurück zu der Wiederbeobachtung der menschlichen Natur.

      Darin liegt die Schwierigkeit des Orients, der eigentliche Grund der Verlegenheit, die sich zu vergrössern scheint, je nachdem die Materialien sich anhäufen. Wer das Morgenland einen Tag lang ansieht, kann äussere Gegenstände mit den Worten skizzieren, die in der europäischen Sprache vorhanden sind. Um aber im Stande zu sein Gedanken vorzuführen, muss er fühlen wie die Morgenländer, und dennoch diese Gefühle in einer Sprache beschreiben, die nicht die ihrige ist, und das gerade ist eine überwältigende Aufgabe. Die Sprache ist die herkömmliche Vertreterin der Eindrücke; aber wenn die Eindrücke nicht dieselben sind, können sie nicht durch gemeinsame Töne ausgedrückt werden, und deshalb ist da, wo eine Verschiedenheit der Eindrücke stattfindet, keine Möglichkeit einer gemeinsamen Sprache.

      Bei dieser Schwierigkeit der gemeinsamen Mitteilung darf man natürlich nur annehme, dass jeder Teil in den Augen des anderen gelitten hat: wir sind der Mittel beraubt gewesen, das Gute zu würdigen; wir haben das Schlechte übertrieben und das Gleichgültige ungünstig gedeutet. Die ursprüngliche Unzulänglichkeit der Sprache ist später


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