Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman - Toni Waidacher


Скачать книгу
zwitscherten, und langsam legte sich die Dämmerung über das Land.

      Der Kellner brachte den Champagner, den Karsten bestellt hatte, und nahm die Bestellungen auf.

      »Nun, dann stoßen wir einmal an, was meinen S’?«, sagte Karsten, und kurz darauf klirrten die Gläser.

      Michaela nahm nur einen Schluck. »Meinen S’ net, der Champagner ist etwas übertrieben?«, erkundigte sie sich.

      »Ach was.« Er schüttelte den Kopf. »Sicher, oft trinke ich so etwas auch net, aber zur Feier des Tages darf das doch ruhig mal sein, oder finden S’ net?«

      »Nun, ich weiß net so recht… Was gibt es denn Ihrer Meinung nach zu feiern?«

      »Na, da fragen Sie noch? Also, für mich ist ein romantisches Dinner mit einer so bezaubernden Frau wie Ihnen jedenfalls Grund genug zur Freude.«

      Michaela spürte, wie sie rot wurde und senkte verlegen den Blick. Gleichzeitig fragte sie sich jedoch, was Karsten mit diesem Abendessen wirklich bezweckte.

      Das Essen wurde serviert, und Michaela fand, dass es einfach fabelhaft schmeckte. Auch der Champagner begann immer mehr, ihr zu munden, und nach dem ersten Glas – eine wirkliche Leistung für sie, die sonst sehr selten Alkohol trank – begann sie sich zu entspannen.

      Es wurde ein sehr schöner Abend, Michaela genoss das Essen und die Unterhaltung mit Karsten. Sie sprachen über Gott und die Welt, und Michaela gefiel vor allem, dass Karsten nicht einer jener Männer war, die vor allem sich selbst gern reden hören. Im Gegenteil, er interessierte sich für das, was sie sagte, und war wirklich ein aufmerksamer Zuhörer.

      »Was meinen S’, hätten S’ noch Lust auf einen kleinen Spaziergang?«, erkundigte er sich nach dem Essen. »Nach so einem fürstlichen Mahl tut so was immer ganz gut, wie ich find’.«

      Zustimmend nickte Michaela. »Ja, da haben S’ wohl Recht. Ich bin jedenfalls so satt wie schon lang’ net mehr, ein bisserl Bewegung wird mir also sicher guttun.«

      Karsten nickte und beglich beim Kellner die Rechnung. Dann verließen sie das Lokal.

      Draußen hatte sich inzwischen die Dunkelheit über das Land gelegt, der fast volle Mond schien, und am klaren Himmel funkelten die Sterne miteinander um die Wette.

      Sie gingen hinunter zu einem kleinen See; ein Platz, an dem es sich schön verweilen ließ. Hieran hatte Michaela viele Erinnerungen. Oft war sie früher als Jugendliche mit Freunden hier gewesen, vor allem natürlich im Sommer. Der See war ein beliebter Treffpunkt gewesen, und sicher verhielt es sich auch heute noch so.

      Jetzt aber, am Abend, war kein Mensch hier.

      Am Ufer des Sees standen zahlreiche uralte Birken, die tagsüber bei warmem Wetter angenehmen Schatten spendeten. Jetzt war die Luft erfüllt vom Zirpen der Grillen, ab und zu quakte ein Frosch, und der Schein des Mondes spiegelte sich auf der ruhigen Wasseroberfläche des Sees.

      »Ein schöner Ort ist das hier«, stellte Karsten fest.

      Michaela nickte. »Net wahr? Ich war hier früher schon immer recht gern. Tagsüber konnte man hier jede Menge Spaß mit anderen Jugendlichen haben, und abends, da war man meistens allein, war dies der perfekte Platz, um mal in aller Ruhe nachzudenken.«

      »Ja, das kann ich mir vorstellen. Muss schön sein, einen solchen Platz zu haben.«

      »Hatten Sie den denn nie?« Michaela sah ihn fragend an. »Ich mein’, auch in München gibt’s doch Plätze, an denen es ein bisserl ruhiger ist, oder net?«

      »Doch, sicher. Aber ich hab’ mir halt nie die Zeit genommen, mal für mich zu sein und über so einiges nachzudenken. Für mich gab’s immer nur die Karriere, für was anderes war da kein Platz.«

      »Ja, das kenne ich. So ähnlich ging’s mir die letzten Jahre auch.«

      Sie sah ihn an, und in diesem Moment hatte sie nur noch den Wunsch, in seinen wundervollen blauen Augen zu versinken. Einen Augenblick herrschte Stille zwischen den beiden jungen Leuten, sie sahen sich nur an und schwiegen dabei.

      Dann begann es plötzlich zu regnen.

      »Oje«, sagte Michaela. Zwar hatten sie im Radio schon seit Tagen ein heftiges Unwetter angekündigt, dass es jetzt aber so überraschend kam, damit hätte sie dann doch nicht gerechnet. Eben war der Himmel doch noch sternenklar gewesen! »Jetzt werden wir wohl ganz schön nass, wie?«

      »Komm schnell«, sagte er, nahm ihre Hand und zog Michaela mit sich. Die junge Frau verharrte kurz. Diese Berührung löste in ihr etwas aus, das es in ihrem ganzen Körper kribbeln ließ.

      Karsten eilte mit ihr zu den Bäumen, die weiter hinten standen, dort konnten sie sich unterstellen. Doch während sie liefen, schüttete es bereits wie aus Eimern, und als sie den Unterschlupf endlich erreichten, waren sie doch schon ganz schön durchnässt.

      *

      Nebeneinander hockten die beiden sich auf den Boden, der im Schutz des Baumes trocken blieb, und sahen zu, wie es immer weiter regnete. Bald hatten sich überall große Pfützen gebildet, und die Luft roch nach Erde und Wasser.

      Als Michaela plötzlich lachen musste, blickte Karsten irritiert zu ihr herüber. »Was ist denn daran so lustig?«, fragte er.

      »Ich weiß selbst nicht«, antwortete Michaela, weiter amüsiert. »Irgendwie kommt mir das alles so unwirklich vor. Es erinnert mich an früher, als man einfach hin und wieder mal völlig verrückte Sachen gemacht hat. Als man halt noch net erwachsen war.«

      Jetzt nickte Karsten, und auch über seine Lippen huschte ein Lächeln. »Ja, ich muss Ihnen Recht geben. Das hat was.«

      Er sah sie einen Moment schweigend an, dann hob er seine rechte Hand und wischte ihr mit dem Zeigefinger die Regentropfen aus dem Gesicht. Ganz zärtlich, voller Gefühl.

      Michaela stockte der Atem. Plötzlich war ihr, als liefe es heiß und kalt zugleich durch ihre Adern. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und ihr Atem ging stoßweise.

      Tief sahen die beiden sich in die Augen. Keiner von ihnen war mehr fähig, auch nur ein Wort zu sagen. Sie saßen nur da und sahen sich an.

      Dann zuckte ein Blitz vom Himmel und erhellte die Umgebung für einen winzigen Augenblick, und Michaela fuhr unwillkürlich zusammen.

      »O nein«, stieß sie aus, »net auch das noch!«

      Kaum dass sie die Worte ausgesprochen hatte, bereute sie sie aber auch schon wieder. Ja, sie hatte Angst vor Gewittern, und das schon seit frühester Kindheit. Aber jetzt ärgerte sie sich darüber, denn schließlich war sie längst kein Kind mehr, sondern eine erwachsene Frau! Was sollte der Karsten denn jetzt von ihr denken? Wahrscheinlich würde er sie auslachen.

      Doch genau das tat er nicht. Stattdessen legte er ihr eine Hand auf die Schulter und sprach ihr beruhigend zu. »Keine Angst«, sagte er, »man soll sich zwar bei Gewittern net unter Bäumen aufhalten, aber dieses ist noch viel zu weit weg. Schauen S’, erst jetzt kommt der Donner.«

      Es krachte gewaltig, und wieder zuckte Michaela unwillkürlich zusammen. Dennoch fühlte sie sich jetzt, nach Karstens Worten, schon viel besser.

      Doch beim nächsten Blitz zuckte sie abermals zusammen – und dabei blieb es dieses Mal nicht. Schutz suchend schmiegte sie sich an Karsten, und der hielt sie fest, als wolle er sie nie wieder loslassen.

      Michaelas Körper bebte in seinen starken Armen, in denen sie das Gefühl hatte, sich so sicher und geborgen wie nie zuvor in ihrem Leben zu fühlen. Ganz kurz noch keimten Zweifel auf, als Karstens Mund sich dem ihren näherte, aber Michaela ließ es nicht zu, dass sie die Oberhand gewannen, und scheuchte sie fort.

      Ihre Lippen berührten sich, und Michaela schloss die Augen, vor denen plötzlich tausend Sterne zu explodieren schienen. Es war ein Feuerwerk der Sinne, und Michaela wünschte sich, dass dieser Augenblick nie vorüber ging.

      *

      Karsten dachte nicht mehr nach, folgte nur noch seinem Herzen. Als sich seine Lippen Michaelas


Скачать книгу