Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Im Augenblick spielt er lediglich mit dem Gedanken.«

      »Na, na.« Silvia Leutner schüttelte den Kopf. »So ganz die Wahrheit ist das aber nicht gerade, habe ich Recht? Soweit ich informiert bin, ist Ihr Herr Vater nahezu bankrott. Und sollte er keinen Käufer finden, stünde die Zwangsversteigerung ins Haus.«

      »Das sind Probleme, die sich mit Sicherheit auch anderweitig lösen lassen.«

      »Tatsächlich?« Silvia Leutner schien sie nicht ganz ernst zu nehmen. »Nun, ich bleibe dennoch dabei: Ihrem Vater wird früher oder später nichts anderes übrig bleiben, als das Anwesen zu verkaufen. Und ich bezweifle, dass es viele Interessenten geben wird.«

      »Da täuschen S’ sich aber«, sagte Michaela schnell. »Es liegen nämlich bereits andere Angebote vor.«

      »Aber sicher keines, das so gut ist wie meines. Und damit kommen wir auch gleich zur Sache: Ich bin nämlich befugt, Ihnen folgenden Preis zu machen.«

      Sie nannte die Summe, und Michaela nickte. In der Tat war das Angebot wesentlich besser als das von Karstens Arbeitgeber.

      »Und was soll mit dem Hof geschehen, wenn mein Vater tatsächlich an Ihren Chef verkaufen sollte?«, wollte Michaela wissen.

      Silvia Leutner lächelte erneut, dieses Mal war es aber ein richtig herablassendes Lächeln. »Nun, ich kann mir natürlich denken, dass Sie und Ihr Vater nicht allzu erfahren in geschäftlichen Dingen sind, aber auf Ihre Frage kann ich Ihnen natürlich keine Antwort geben. Sehen Sie, mein Arbeitgeber ist Immobilienmakler. Das bedeutet, dass er, sollte er das Anwesen kaufen, im Anschluss daran jemanden suchen wird, an den er das Grundstück weiterverkaufen kann. Zu einem höheren Preis natürlich, schließlich muss er ja auch einen Gewinn haben, aber dafür wird er auch zuvor einiges investieren, um den Wert des Objektes zu steigern.«

      Michaela schluckte. Dass diese Frau sie offenbar für ein dummes, naives Landei hielt, gefiel ihr gar nicht. Natürlich wusste sie um die Tätigkeiten eines Immobilienmaklers. Sie hatte halt nur wissen wollen, was aus dem Hof im Falle eines Verkaufs wurde, aber ihr war schon klar, dass ihr das in diesem Fall niemand würde sagen können.

      »’s tut mir leid«, sagte sie deshalb und erhob sich, »aber wenn die Sache so liegt, muss ich leider ablehnen. Solange mir niemand sicher sagen kann, was hinterher aus dem Hof wird, werde ich keinem Verkauf zustimmen. Und jetzt entschuldigen S’ mich bitte, ich habe noch zu tun.«

      Schlagartig verschwand das Lächeln aus dem Gesicht der Besucherin. »Warum denn so voreilig?«, fragte sie. »Letztendlich werden S’ ohnehin verkaufen müssen. Oder denken S’ etwa, ich hab’ mich im Vorfeld nicht ausgiebig über die finanzielle Lage des Hofes informiert?« Sie schüttelte den Kopf. »Machen Sie sich doch nichts vor, Frau Bender: Der Hof ist nicht mehr zu retten. Jetzt sollten Sie das für Sie günstigste Angebot annehmen – und dieses ist zweifellos das, das ich Ihnen eben unterbreitet habe. Also: Denken S’ noch einmal in aller Ruhe nach. Ich werde mich zu gegebener Zeit wieder mit Ihnen in Verbindung setzen. Und meine Visitenkarte lasse ich Ihnen auch hier.«

      Silvia Leutner erhob sich, drückte Michaela ihre Karte in die Hand und ging dann erhobenen Hauptes davon.

      *

      »Und du meinst wirklich, ich soll dieses Angebot annehmen?«

      Zweifelnd sah Michaela ihren Vater an. Er wirkte noch immer sehr schwach und gebrechlich, wie er so in seinem Krankenbett lag, aber geistig war er fit wie eh und je. Michaela hoffte, dass es ihm auch körperlich in nicht allzu ferner Zukunft wieder besser ging.

      »Im Grunde ist das doch gar keine Frage, oder?«, erwiderte ihr Vater. »Das Angebot, das sie dir unterbreitet hat, schlägt das vom Hofstädter doch um Längen.«

      Sie nickte. »Das stimmt schon. Aber wer sagt uns dann, was hinterher aus dem Höfl wird, Vater? Ich will auf gar keinen Fall, dass hinterher nix mehr von dem übrig bleibt, das du aufgebaut hast.«

      »Wer will das schon?« Der Bender-Ludwig seufzte. Traurigkeit erfüllte seinen Blick. »Aber wie’s ausschaut, haben wir keine andere Wahl. Wir werden verkaufen müssen, so oder so.«

      »Da bin ich mir noch net so sicher.« Entschlossen straffte Michaela die Schultern. »Ich werd’ mir die Zahlen und alles noch mal ganz genau ansehen. Vielleicht gibt es ja doch noch eine andere Möglichkeit. Und wenn es die gibt, dann werde ich sie auch finden, das verspreche ich dir.«

      Ihr Vater rang sich ein mühsames Lächeln ab. Michaela spürte, dass er längst aufgegeben hatte. Und in diesem Augenblick wurde ihr klar, dass jetzt alles an ihr lag. Sie muss­te den Hof irgendwie retten. Das war sie dem Vater und auch der Mutter einfach schuldig.

      *

      Einen Tag später befand sich

      Karsten erneut auf dem Weg zum Bender-Hof. Er wollte Michaela erneut ein Angebot unterbreiten.

      Zwar war er sich inzwischen nicht mehr sicher, ob es wirklich richtig war, Michaela weiterhin zum Verkauf zu bewegen, andererseits blieb ihm aber gar nichts anderes übrig. Schließlich konnte er seinem Chef nicht einfach sagen, dass er diesen Auftrag nicht ausführen konnte, weil er moralische Bedenken hatte. Dann konnte er sich nämlich gleich seine Papiere abholen, und das durfte auf keinen Fall passieren. Eine Kündigung durfte er einfach nicht riskieren, er musste schließlich auch an seine Zukunft denken.

      Was den möglichen Kaufpreis anging, den Karsten Michaela anbieten konnte, so gab es da noch etwas Spielraum nach oben, und deshalb war er jetzt in der Lage, ihr ein neues Angebot zu machen. Viel höher als das erste war es allerdings auch nicht, und so war es fraglich, ob Michaela darauf eingehen würde.

      Als er den Hof jetzt erreichte, traf er draußen einen Mann an, den er hier schon einmal flüchtig gesehen zu haben glaubte.

      »Grüß Gott«, sagte der Mann freundlich. »Mein Name ist Sebastian Trenker. Ich bin zu Gast hier auf dem Hof. Kann ich Ihnen weiterhelfen?«

      Karsten erwiderte den Gruß. Er wusste nicht, warum, aber der Mann war ihm auf Anhieb sympathisch. »Mein Name ist Karsten Hofstädter«, sagte er. »Ich müsst’ einmal mit der Michaela Bender sprechen.«

      »Natürlich.« Sebastian Trenker nickte. »Wenn mich net alles täuscht, ist sie grad drüben bei den Ställen.«

      Karsten folgte seinem Blick, bedankte sich und ging in die entsprechende Richtung. Gerade, als er die Ställe erreichte, vernahm er ein leises Schluchzen.

      Karsten runzelte die Stirn und blickte nach rechts. Dort sah er Michaela, die neben dem Stall auf einer kleinen Kiste hockte, das Gesicht in den Händen vergraben hatte und weinte.

      Mit einem Mal war Karstens Kehle wie zugeschnürt. Er spürte, dass es ihm wehtat, Michaela so verzweifelt zu sehen, und abermals fragte er sich, ob er es überhaupt verantworten konnte, sie zu einem Verkauf des Hofes zu drängen. Andererseits würde ihr oder ihrem Vater früher oder später ohnehin nichts anderes übrigbleiben, als zu verkaufen.

      Karsten räusperte sich, und Michaela fuhr hoch. Rasch wischte sie sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht und blickte ihn an.

      »Was willst du hier?«, fragte sie barsch.

      Karsten hob die Schultern. »Ich…, ich bin gekommen, weil ich noch einmal mit dir sprechen wollte«, sagte er und trat näher an sie heran.

      »Und weswegen? Etwa schon wieder wegen dem Hof?«

      »Ja, in der Tat. Ich bin gekommen, um das Angebot, das ich dir unterbreitet hab’, zu erhöhen. Ich kann jetzt also mehr für den Hof bieten als zuvor und…«

      »Das kannst d’ dir sparen«, fiel sie ihm ins Wort. »Ich hab’ dir schon einmal g’sagt, dass ich net zulassen werde, dass aus dem Hof meines Vaters ein Luxushotel wird. Sollen die Reichen doch woanders hingehen, hier ist jedenfalls kein Platz für sie!«

      Mit diesen Worten wollte sie an ihm vorbeistürmen, doch Karsten hielt sie auf, indem er sie am Oberarm packte. Er wusste, dass ihr das mit Sicherheit nicht recht war, aber er wollte und konnte sie jetzt einfach nicht gehen lassen. Nicht in dem Zustand, in dem sie


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