Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 20 – Heimatroman - Toni Waidacher


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seinen Wagen am Straßenrand vor der Pension ab, in der er zur Zeit wohnte, und stieg aus.

      Gerade wollte er auf das Haus zugehen, als er innehielt.

      Direkt neben der Pension gab es eine Bäckerei, aus der in dem Moment eine junge blonde Frau kam.

      Silvia!

      Karsten erstarrte. Dann hab’ ich mich also doch net getäuscht, als ich sie neulich erkannt zu haben glaubte, dachte er noch immer geschockt.

      Da entdeckte auch die Frau ihn. Für einen Moment wirkte sie irritiert, doch sie hatte sich schnell wieder im Griff.

      Mit einem Lächeln auf den knallroten Lippen kam sie auf Karsten zu.

      »Na, das ist aber eine Überraschung«, sagte sie und hielt ihm die Hand hin. »Was führt dich denn in diese Gegend, mein Lieber?«

      Karsten ignorierte ihre ausgestreckte Hand. »Das frag’ ich mich umgekehrt ebenso.«

      »Ach, komm schon.« Sie verdrehte die Augen und lächelte süffisant. »Jetzt trag’ mir die alte Sache doch endlich net mehr nach. Wir haben uns doch mal so gut verstanden und…«

      »Diese Zeiten sind vorbei, und zwar endgültig«, fiel Karsten ihr ins Wort. »Also – was führt dich nach Pertenried?«

      Sie hob die Schultern. »Nun, ich denke mal, das gleiche wie dich. Ich kann mir bei dir jedenfalls auch nicht vorstellen, dass du nur hergekommen bist, weil du dich mal erholen musst. Was du aber dennoch mal tun solltest, wenn du mir diese Bemerkung gestattest. Du wirkst reichlich verspannt, mein Lieber.«

      »Ich denke, das kannst du getrost meine Sorge sein lassen.« Er seufzte. »Du bist also aus geschäftlichen Gründen hier?«, fragte er, und ein schlimmer Verdacht keimte in ihm auf. »Und worum geht’s da genau?«

      »Aber, aber, mein Lieber«, sagte sie lächelnd. »Wenn man über so etwas überhaupt spricht, dann bestimmt net zwischen Tür und Angel, oder? Aber ich mache dir einen Vorschlag: Die Bäckerei hier hat auch ein Sitzcafé. Lass uns einfach einen Espresso miteinander trinken, dabei über alte Zeiten reden, und dann erzähle ich dir vielleicht auch, was du wissen willst. Na, was meinst?«

      Karsten hob die Schultern. »Meinetwegen. Aber das mit den alten Zeiten kannst du vergessen.«

      Gemeinsam betraten sie die Bäckerei. Im hinteren Teil befanden sich einige Tische, die allesamt nicht besetzt waren; Karsten und Silvia waren die einzigen Gäste.

      Sie nahmen an einem Tisch Platz und bestellten bei der Bedienung, einer älteren rundlichen Frau, zwei doppelte Espresso, die auch kurz darauf gebracht wurden.

      »Und, was hast du in der letzten Zeit so getrieben?«, erkundigte Silvia sich und nippte an ihrem Espresso. »Bist d’ denn zurechtgekommen ohne mich?«

      »Besser als du denkst«, erwiderte Karsten mit eisigem Blick. »Viel besser. Und jetzt lass uns net länger um den heißen Brei herumreden: Warum bist d’ hier in Pertenried? Was hast d’ hier Geschäftliches zu erledigen?«

      Sie seufzte. »Schade, ich dachte, wir könnten noch ein bisserl über alte Zeiten plaudern. Aber, na ja, wie du meinst. Also, ich bin hier, weil mein Chef an einem Grundstück interessiert ist, das…«

      »Welchem Grundstück?«, drängte Karsten. »Nun sag schon!«

      »Nun, eigentlich weiß ich gar net, ob ich dir das überhaupt sagen darf. Aber da wir ja alte Freunde sind… Also schön, es geht um den Bender-Hof. Er befindet sich hier ganz in der Nähe, nur etwa…«

      »Ich kenne den Hof!«, fuhr Karsten sie an.

      Kurz musterte sie ihn. »Ach, sieh mal einer an. Da bist d’ dann also auch deshalb hier. Ist dein Chef ebenfalls an dem Hof interessiert? Nun, dann solltest d’ ihm aber ausrichten, dass er sich warm anziehen kann, mein Lieber. Ich bin nämlich befugt, eine ganz schöne Summe Geld zu bieten. Und…«

      Karsten hörte gar nicht mehr hin. Er konnte sich schon denken, dass Silvia der Michaela ein wesentlich höheres Angebot gemacht hatte als er. So was Dummes aber auch! Dass ausgerechnet seine Ex in dieser Angelegenheit zu seinem Konkurrenten wurde, damit hatte er nicht gerechnet. Andererseits… Er wollte seinen Auftrag ja gar nicht mehr erfüllen, von daher gab es in dieser Hinsicht also kein Problem. Jetzt musste er nur zusehen, dass Michaela nicht noch auf Silvias Angebot einging. Das aber konnte er nur erreichen, wenn sein Plan, den Hof zu retten, aufging.

      Aber ob das wirklich funktionieren konnte? Karsten wusste es nicht. Er wusste nur, dass er alles Erdenkliche dafür tun musste, Michaela zu helfen.

      Koste es, was es wolle!

      *

      Zur selben Zeit erreichte Michaela die Pension, in der Karsten, wie sie wusste, für die Dauer seines Aufenthaltes in Pertenried wohnte.

      Doch sie hatte Pech. Von der Pensionswirtin erfuhr sie, dass Karsten nicht im Haus war. Das wunderte Michaela, stand sein Wagen doch draußen auf der Straße.

      »Vielleicht ist er ja in der Bäckerei nebenan einen Kaffee trinken«, überlegte die freundliche Pensionswirtin laut. »Versuchen Sie doch einfach mal Ihr Glück.«

      Michaela bedankte sich und verließ die Pension wieder. Draußen überlegte sie kurz, ob sie den Rat der Wirtin befolgen und nachschauen sollte, ob sich Karsten tatsächlich in der Bäckerei aufhielt.

      Warum eigentlich nicht?, sagte sie sich und betrat gleich darauf das Geschäft, das sich ja direkt neben der Pension befand.

      Die Verkäuferin hinter der Theke bediente gerade ein älteres Ehepaar und bemerkte Michaela gar nicht. Sie wusste, dass sich im hinteren Teil der Bäckerei ein kleines Café befand, hatte hier früher selbst hin und wieder mal was getrunken, vor allem, wenn es in der Schule eine Freistunde gegeben hatte.

      Michaela betrat also kurz darauf das kleine Café – und blieb wie erstarrt stehen.

      Sie erblickte tatsächlich Karsten, der bis eben wohl an einem der Tische gesessen, sich nun aber erhoben hatte.

      Doch das war es nicht, was Michaela so schockte. Karsten war nämlich nicht allein, bei ihm war eine sehr attraktive Blondine, die Michaela nur zu gut kannte: Es war Silvia Leutner, die Frau, die ihr das lukrative Kaufangebot gemacht hatte.

      Und jetzt umarmten die beiden sich heftig.

      Michaela hielt den Atem an. Sie war weder von Karsten noch von seiner Begleitung entdeckt worden, dazu waren die beiden viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

      Hastig wandte Michaela sich jetzt ab und stürmte aus der Bäckerei. In ihren Augen schimmerten Tränen.

      *

      Eine Weile später versuchte Michaela am kleinen See, an dem sie früher schon so oft gewesen war, den Kopf freizubekommen.

      Doch es war aussichtslos. Immer wieder spielte sich ein und dieselbe Szene vor ihrem geistigen Auge ab. Der Moment, in dem sie gesehen hatte, wie Karsten und diese Silvia Leutner sich umarmt hatten.

      Tausend Gedanken schossen Michaela durch den Kopf. Da waren so viele Fragen: Wie konnte es sein, dass Karsten ausgerechnet mit Silvia Leutner etwas hatte – und dass dem so war, stand ja wohl außer Frage! –, der Frau, die sich ebenfalls um den Hof von Michaelas Vater bemühte? Steckten die beiden etwa unter einer Decke?

      Doch gleich darauf verwarf Michaela den Gedanken wieder. Das würde einfach nicht passen, schließlich trieben sie damit den Preis gegenseitig in die Höhe, und jeder von ihnen musste schließlich daran interessiert sein, so wenig wie möglich zu bezahlen.

      Also waren sie viel eher Konkurrenten. Michaela nickte. Ja, so musste es sein. Privat waren sie ein Paar, geschäftlich Konkurrenten. Und dass sie Privates und Geschäftliches sehr wohl voneinander trennen konnten, bewies die Tatsache, dass sie sich vorhin im Café umarmt hatten.

      Michaela wurde regelrecht schlecht angesichts dieser neuen Erkenntnisse. Sicher, das alles war für sich genommen kein Problem, eines allerdings schon, und zwar Karstens Verhalten ihr, Michaela, gegenüber.

      Denn


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