Ökonomie die dem Leben dient. Franz Segbers

Ökonomie die dem Leben dient - Franz Segbers


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und menschenrechtlich fundiert

       Würde des Lebens der ganzen Schöpfung

       Würde des Menschen: Vorrang der Arbeit vor dem Kapital

       Das Recht auf eine menschenrechtlich fundierte Wirtschaftsordnung

       Recht auf Arbeit

       Rechte in der Arbeit

       Grundrechte in der Arbeit: Kernübereinkommen der ILO

       Arbeit, in der man menschlich leben kann

       Verbot von Sklaverei, Zwangs- und Pflichtarbeit

       Streikrecht

       Rechte aus Arbeit

       Recht auf Arbeit, von der man leben kann

       Recht auf Arbeit, die soziale Rechte sichert

       Arbeit, die eines demokratischen Bürgers würdig ist

       Recht auf die ganze Arbeit für alle

       VIII. Menschenrecht auf eine Ökonomie, die dem Leben dient

       Anmerkungen

       Literatur

      Die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Millionen Menschen wären anders, würden die Menschenrechte beachtet. Dabei war es das Versprechen der Weltgemeinschaft nach dem Schock der Großen Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkrieges, allen Bewohnern dieser Erde eine würdevolle soziale Existenz gerade auch durch soziale Menschenrechte zu gewährleisten. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aus dem Jahr 1948 proklamierte vor dem Hintergrund der unsäglichen Leiderfahrungen einen weltweiten gesellschaftlichen Gegenentwurf. Sie versprach allen Menschen u. a. ein Recht auf soziale Sicherheit, ein Recht auf Arbeit, ein Recht auf einen angemessenen Lohn, befriedigende Arbeitsbedingungen und ein Recht auf Nahrung. Mit diesen Rechten wollte man die Bedingung für eine andere Weltgesellschaft schaffen. Doch die Wirklichkeit ist mehr denn je von diesem Versprechen entfernt. Arbeitslosigkeit, eine Arbeit, von der man nicht in Würde leben kann, soziale Unsicherheit und prekäre Beschäftigung nehmen zu – in Deutschland und weltweit. Der Kapitalismus hat sich globalisiert. Er hat Wohlstand für einige wenige erzeugt und die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert. Der Klimawandel schreitet fort und bedroht die Grundlagen des Lebens auf dieser Erde.

      Die hier vorliegende Wirtschaftsethik ist nicht im luftleeren Raum entstanden. Den Menschenrechtsansatz verdanke ich einem „Anschauungsunterricht“ als Gastdozent auf den Philippinen. Dort habe ich in Gesprächen mit Arbeitern und Arbeiterinnen in multinationalen Konzernen, mit Landarbeitern, Menschenrechtsaktivisten und in Seminaren mit Studierenden, Gewerkschaftern, Priestern und Bischöfen gelernt, welche Bedeutung die Menschenrechte haben. Ihnen allen verdanke ich, dass sie mir die Augen für die Menschenrechte geöffnet haben.

      Ich erinnere mich lebhaft an den schicksalhaften Morgen des 8. November 2013. Während der Zehnten Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Busan (Korea) erfuhr ich, dass der wohl stärkste Taifun in der Menschheitsgeschichte das Leben von mehr als 25 Millionen Menschen auf den Philippinen bedroht. Ich hatte noch die Frage eines Delegierten von einer Südseeinsel angesichts der Klimakatastrophe im Ohr: „Was haben wir Armen getan, dass wir für die Sünden der Reichen büßen müssen?“ Ich dachte nicht, dass ich alsbald mit einer wohl von Menschen verursachten Klimakatastrophe konfrontiert werden würde: Nur ein Tag nach den Zerstörungen des Taifuns Haiyan reiste ich am 9. November 2013 zu einer Gastprofessur auf die Philippinen.

      Deshalb widme ich dieses Buch den mutigen Menschen, die ich auf den Philippinen kennenlernen durfte:

       den Theologiestudenten, für die der Kampf um Menschenrechte Ausdruck ihres Glaubens ist;

       den Gewerkschaftern in einer Exportproduktionszone bei Manila, die um ihre Recht auf gewerkschaftliche Betätigung kämpfen;

       der Landarbeiterin in einer kleinen Genossenschaft auf der Insel Mindanao, die sich selbstbewusst auf die Menschenrechte bezogen hat und mir stolz erzählte, dass sie am „Tag der Menschenrechte“ auf einer Demonstration für ihr Recht eintreten werde.

      Für sie und viele Tausende sind die Menschenrechte eine zerbrechliche, manchmal zahnlose, immer aber widerständig-ermutigende Hoffnung auf mehr Würde, Humanität und Gerechtigkeit.

       Franz Segbers am Tag der Menschenrechte, 10. Dezember 2014

       Wer schwach ist, braucht ein starkes Recht

      Wer die Wirtschaftsseiten der Zeitungen aufschlägt, der trifft dort kaum einmal auf die Sorgen, Ängste und Probleme der Menschen. Dort geht es um Fusionen von Unternehmen, die wettbewerbsfähiger machen sollen, um Banken, die notleidend sind, um Märkte, die nervös reagieren, oder um misswirtschaftende Staaten. Und wenn von der Wirtschaft die Rede ist, dann ist zumeist das Management gemeint. Doch die Menschen, die in den Betrieben arbeiten und zum Erfolg der Unternehmen beitragen oder unter den Folgen von falschen Managemententscheidungen zu leiden haben, scheinen nicht der Wirtschaft anzugehören. Die, die den Wirtschaftsprozess überhaupt erst ermöglichen, gelten als „Gehilfen“, die man lediglich zur Erfüllung des Unternehmenszwecks heranzieht.

      Nicht anders die Wirtschaftswissenschaften: Wenn in ihnen der Mensch überhaupt vorkommt, dann als die Kunstfigur eines homo oeconomicus – eines Menschen, der kühl kalkulierend Entscheidungen fällt und ganz auf seinen Vorteil bedacht ist; soziale Beziehungen und solidarisches Empfinden sind ihm fremd. Zu Fragen um die Menschenwürde und die Menschenrechte findet man in den Wirtschaftswissenschaften kaum etwas. Die Wirtschaftswissenschaften haben von ihrem Ansatz her ein Grundverständnis, das die Frage des effizienten Wirtschaftens strikt von der Frage einer gerechten Verteilung der Güter trennt.

      Auch in der Wirtschaftsethik, die sich als Institutionenethik begreift und deshalb auch auf gute Rahmenstrukturen abhebt, wird nur vereinzelt menschenrechtlich argumentiert, wenngleich diese Stimmen seit einigen Jahren zunehmen.1 Ihr geht es darum, wie ethische Orientierungen in Wirtschaftssystemen und wirtschaftlichen Entscheidungen zur Geltung gebracht werden können. Dabei ist sie im Grunde subjektvergessen. Es reicht nicht, wenn sie vorrangig nach der gerechten Ordnung und den Subjekten fragt und deren Arbeits- und Lebenswelt erst ihr zweiter Blick gilt.

      Ich möchte im Folgenden meinen Ausgangspunkt für eine theologische Wirtschaftsethik anders wählen und von der Würde des Menschen und seinen Menschenrechten ausgehen. Die Menschenrechte versprechen kontrafaktisch allen Menschen das Recht auf ein Leben in Würde und garantieren Freiheitsrechte, politische Beteiligungsrechte sowie wirtschaftliche und soziale Rechte. Ein Menschenrecht verlangt, dass es vorrangig zu beachten ist, vor allen anderen Gesichtspunkten, an alleroberster Stelle. Das geht über Abwägungskriterien hinaus. Sozioökonomische


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