Currys für Connaisseure. Frank Winter

Currys für Connaisseure - Frank Winter


Скачать книгу
so zu lesen.«

      MacDonald wusste, dass es jeden Moment zu spät sein konnte, den Joker zu zücken und griff in sein Jackett.

      Panicker beobachtete ihn unauffällig. »Bas! Gendlemen, ich bin undrösdlich. Gerade habe ich eine E-Mail erhalden, die mich zur Fabrik rufd. Wir müssen unser Gespräch leider verschieben.«

      MacDonald sah, nach Fassung suchend, von Panicker zu Alberto und zurück, räusperte sich umständlich. Dem Mann von Welt war klar, dass nichts mehr zu machen war. Versalzene Suppe! »Sie müssen entschuldigen, Sir. Mein Freund ist etwas zerstreut, hat sanitäre Probleme und sucht dringend einen Klempner, der ihm ein Badezimmer installiert.« Etwas Besseres fiel ihm auf die Schnelle nicht ein. Alberto hatte es vermasselt!

      »Darf man fragen, was sich der Herr bei seinen Beleidigungen dachte?«, fragte Angus auf dem Weg zum Wagen. Ein kleiner Trost war, dass es nun erst einmal bergab ging.

      »Was willst du denn von mir? Hab überhaupt nichts getan!«

      »Schön, beginnen wir mit dem Anfang. Du gibst Mister Panicker deine Visitenkarte mit dem erfundenen Titel und benutzt dazu die linke Hand!«

      »Ja, und?«

      »In Indien wird die für gewisse sanitäre Zwecke benutzt.«

      »Red deutlich. Ich kann dir nicht folgen.«

      »Den Popo wischt man sich damit, wenn du es genau wissen willst!«

      »Pfui, Teufel! Wie ekelhaft! Warum denn? Es gibt so viele Sorten Toilettenpapier, farbig, grau, geblümt. Da findet jeder seinen Typ.«

      »Andere Länder, andere Sitten. Uns muss es nicht kümmern.«

      »Meinst du, Panicker macht das auch?«

      »Ich vermute nein. Nur gibt es eben in seinem Land eine sehr lange Tradition, den Mitmenschen die rechte Hand zu reichen. Vom Standpunkt der Hygiene ist es nach Ansicht mancher Experten gar nicht so verkehrt.«

      »Silenzio! Mehr muss ich über das Thema nicht wissen.«

      »Um die Liste deiner Fauxpas abzuschließen: Sage einem Inder niemals, dass er eine schöne Bräune hat.«

      »Was ist daran so falsch, Schlaukopf?«

      »Die Menschen der niedersten Kaste sind meist dunkelhäutig. Der Absatz an Cremes, welche die Haut aufhellen, ist in Indien allgemein sehr hoch.«

      »Ist das alles difficile. Da kann ich nur hoffen, dass ich keine indischen Gäste bekomme.«

      »Was haben wir für unseren Fall gelernt?«

      »Niente? Nichts.«

      »Ich widerspreche. Mister Panicker war sehr aufgeregt. Hast du das komische Geräusch nicht bemerkt?«

      »Natürlich, aber ich dachte, es sei vielleicht ein Haustier.«

      »Nein, als Katzenfreund kann ich dir versichern, dass es diese Tiergattung nicht war und sicher auch kein Hundchen. Panicker hat sich unter dem Tisch vehement die Hände gerieben.«

      »Ein nervöser Tick?«

      »Möglich.«

      »Wie wolltest du ihn denn zum Sprechen bringen, Angus?«

      »Ich hatte vor, ihm ein Gläschen von mir versalzene Pathia-Soße zu präsentieren.«

      »Ho capito. Damit er uns sein Herz ausschüttet.«

      Angus verschwieg seinem Freund, dass Panicker die Spitze des Gläschens sah und eventuell deswegen die Konversation abbrach: Alberto hätte sich wieder bitter beschwert, nicht eingeweiht worden zu sein. Wie man sah, gelang es ihm aber auch ohne alle Informationen blendend, sich in die Nesseln zu setzen! Eine simple Erklärung für Panickers Verhalten wäre also: Er wollte seine Angelegenheiten alleine regeln. Oder er glaubte an die Geschichte mit dem Kochbuch und ärgerte sich über Albertos ungebührliches Benehmen. »Was sagst du zu dem Karton, den der Butler wegbrachte?«

      »Wenn der bei mir arbeiten würde!«

      »Schlichte Nachlässigkeit also? Ich frage mich, ob es sein Karton war.«

      »Glaube ich nicht. Eher ein Geschenk des Inders für irgendjemanden.«

      Eine Schnellantwort, über die Alberto nicht nachgedacht hatte. In der letzten Zeit verhielt er sich oft unbesonnen, und MacDonald ging davon aus, bei diesem Fall den Löwenanteil der Ermittlung übernehmen zu müssen. »Noch etwas: Panicker scheint mit einem noch bedeutenderen Titel als MBE zu rechnen. Schlechte Publicity kann ihm sehr schaden.«

      »Was denn für ein Didel bitte?«

      »Darüber könnten wir spekulieren. Doch ein kluger Detektiv ermittelt.«

      »Ich verstehe nicht, warum Panicker diskrete Hilfe ablehnt. Benutzt er die verdorbene Soße als Vorwand, um den Bräutigam zu schmähen?«

       »Daena teach yer Granny tae souk eggs!«

      Das Ei will klüger sein als die Henne!

      Hausgemachte Probleme

      MacDonald brachte Alberto nach Fountainbridge und beschloss, den Rest des Tages ebenfalls zu Hause zu verbringen. Nach dem unergiebigen Treffen hatte er sich eine Stärkung verdient. Alle Alkoholika lagerten im Tresor namens Leibwächter, offiziell zur Wahrung von Unterlagen erworben – im Keller! Seine kleine Flüssigreise nach Aberdeenshire machte ihm einen Heidenspaß. Indian Summer Gin vereinte unter anderem Koriander, Zimt, Orangenschalen und Safran! Drei Stunden später wachte er ob eines eigentümlichen Geräusches im Bett auf. Spatenstiche? Was kümmert es mich?, dachte er und schnarchte weiter. Weil ein Fenster leicht geöffnet war, weckte ihn ein stechender Geruch endgültig auf. Er nahm seine Schlafmaske ab, ging zum Fenster und rieb sich die Augen. Handelte es sich um drei Gläschen Pathia-Soße, die sie einbuddelte, oder ein durch Schläfrigkeit induziertes Trugbild? Er schlüpfte in seine Pantoffeln und zog den Bademantel an. Niemals zuvor gelangte er so schnell in den Garten. Miss Armour trug Blue Jeans, klobige Gummistiefel und natürlich ihren unvermeidlichen Pullover. Ob sie ihn je auszog? Je näher er kam, umso schlimmer wurde der Gestank. Er rührte von dem Erdhaufen, den sie in weiten, ausholenden Bewegungen mit einer Schaufel verteilte. MacDonald zog den Gürtel seines Mantels straffer. Von den Gläschen war nichts mehr zu sehen. »Darf man erfahren, was für ein seltsames Happening Sie in meinem Garten veranstalten?«

      Miss Armour war so sehr in ihre Arbeit vertieft, dass sie ihn, obwohl nur wenige Meter entfernt, nicht bemerkte.

      »Hallo! Hallo! Wäre es möglich, mit der Ökotrophologin Armour zu sprechen? Es geht um Fragen der Gesundheit.«

      Seine Mitbewohnerin rammte die Schaufel in den Boden. »Ja, bitte?«

      »Vergraben Sie Pathia-Soße?«

      »Auf keinen Fall!«

      »Schön, aber wer trug Ihnen auf, meine Grünfläche zu kontaminieren?«

      »Thommie hat mir gesagt, dass Sie dem Projekt Ihren Segen erteilten.«

      »Gut, nehmen wir einmal an, es sei so gewesen, mit welcher Intention?«

      »Sie stellen komische Fragen! Um Gemüse anzubauen natürlich. Kein Mensch dieses Planeten wird erleben, dass ich mit künstlichem Dünger hantiere. Gesunde Ernährung beginnt auf der eigenen Scholle!«

      »Sagt wer?«

      »Angus Thinnson MacDonald schrieb es.«

      Hatte sie in seinen Unterlagen gestöbert, den Computer durchforstet? »Wann habe ich denn die Erlaubnis erteilt?«

      »Vorgestern«, antwortete Miss Armour und stützte sich auf der Schaufel ab.

      »Schön, machen Sie weiter. Vielleicht könnten Sie sich aber etwas beeilen? Der Gestank ist beträchtlich.«

      »Gut Dung will Weile haben.«

      »Sagte ich das auch?«

      »Weiß ich nicht!«, antwortete sie und


Скачать книгу