Tales of Beatnik Glory, Band III (Deutsche Edition). Ed Sanders

Tales of Beatnik Glory, Band III (Deutsche Edition) - Ed Sanders


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so schlampig, dass er ohnehin nie genau darüber Buch führte. Er suchte nach etwas, wo er es hineintun konnte, leerte den Inhalt von Ethroms Red-Man-Kautabakbeutel und stopfte ihn voll mit Geld.

      Er starrte ungefähr fünfzehn Sekunden lang auf das Wollensak-Tonbandgerät mit den mittels Schablone aufgespritzten Blumen. Er wusste, was sein Vater damit tun würde — es bei Versammlungen des Klans benutzen, oder »Geständnisse« gefolterter Opfer aufnehmen —, und so beschloss er, es mitzunehmen.

      Sein Vater kauerte mit einem Gewehr in der Hand unter dem Wohnzimmerfenster am Boden und fuhr seinen Sohn im Flüsterton an: »Schau, dass du dein Gewehr herkriegst, Junge, und alle Munition, die du hast. Und dann hol mir die Schachtel mit den Handgranaten aus dem Keller!«

      »Okay, Daddy.«

      Johnny öffnete die Haustür und flüsterte: »Es sind fünf Wagen draußen. Einer davon ist das schwarze Fahrzeug mit der großen Antenne.« Er wusste, Ethrom würde glauben, es sei der Leiter des Polizeipostens in Birmingham, und völlig in Panik geraten.

      Genau in diesem Moment krächzte Vaters Papagei sein aus einem einzigen Wort bestehendes Repertoire hinaus: »Klan! Klan! Klan!« Johnny nahm ihn von seiner Sitzstange und ließ ihn auf seine Schulter hüpfen. Er würde, so dachte er, ein gutes Geschenk sein für Talbot den Großen.

      Er stellte das schwere Tonbandgerät, die Gitarre, den Papagei und den Leinensack am Rand der Einfahrt nieder und ging hinauf auf den Hügel, um den Grabstein seiner Mutter zu küssen. Dann fuhr er per Autostop bis in die Lower East Side von New York City.

      Ethrom kauerte ein paar Minuten lang zitternd unter dem Wohnzimmerfenster am Boden, rief flüsternd nach seinem Sohn, bis er schließlich zum Eingang kroch, die Tür aufbrach und auf die Veranda hinausrobbte, die Finger am Abzugshahn und bereit für die Entscheidungsschlacht.

      Es war überhaupt nichts — kein schwarzes Auto mit großer Antenne, kein Einsatzwagen des Sheriffs. Es dämmerte ihm, dass sein Sohn abgehauen war, und er spürte einen schmerzenden Knoten im Magen wie den verkalkten Knödel eines Wiederkäuers. Er weinte und tobte und fluchte im plötzlichen Schmerz des Verrats. Er liebte seinen Sohn so sehr, dass er ihn wahrscheinlich umbringen musste.

      Eines Abends streunte ein junger Mann ins Peace Eye und sagte: »Ich bin Johnny Ray Slage.« Ich erkannte das Tonbandgerät von Warhol und dann Dylans Gitarre, die aus dem Leinensack herausragte. Zum Schutz hatte Johnny einen graurotgestreiften, groben Wollsocken über den Gitarrenhals und die Wirbel gestülpt.

      Er öffnete eine kleine Schachtel und heraus hüpfte der Papagei seines Vaters. Er stellte sich auf meinem Schreibtisch auf dem Mörtelbrocken, den Talbot von der Kirche gebracht hatte, auf die der Bombenanschlag verübt worden war, und krächzte »Klan! Klan! Klan!«

      Ich versuchte gelassen und gleichgültig zu erscheinen, aber ich war überglücklich, dass der Junge entkommen war. Ich rief Talbot an, der im wahrsten Sinne des Wortes die ganze Strecke von der Vierzehnten Straße bis zum Peace Eye auf seinem hinkenden Bein herunterrannte. Indian Annie war im Hinterzimmer dabei, die neueste Ausgabe der Marijuana Review zusammenzustellen. Ich stellte die beiden einander vor und Annie ging hinüber zur Kommune, in der sie lebte, um einen Schlafsack für Johnny Ray zu holen. Er schlief ein paar Tage im Peace Eye, bis sich bei Annie Platz fand.

      Der Papagei blieb im Peace Eye und während der nächsten paar Monate arbeiteten wir hart daran, ihm ein paar neue Phrasen beizubringen, sodass er — er trug nun den Namen Freedom —, als der Summer of Love begann, auf meinem Schreibtisch stand und »Piss auf den Klan! Peace! Piss auf den Klan! Peace!« rief.

       Z EIT, GEIST, NERVENKITZEL, TANZ & MUSIK

      Sam Thomas atmete schwer, rang fast nach Luft, und Bäche von Schweiß flossen über seine heißen Schulterblätter angesichts der Überzeugungskraft der Prosa. Er las laut vor, mit einer trockenen, heiseren Stimme, die bisweilen zu einem fast unhörbaren Flüstern einer im Kehlkopf sitzenden Angst wurde:

       »Ich habe jetzt den ersten Hebel gedrückt,« sagte O’Brien. »Die Konstruktion des Käfigs ist Ihnen doch klar? Die Maske passt nahtlos über Ihren Kopf. Wenn ich hier auf diesen anderen Hebel drücke, dann gleitet die Käfigtür hoch. Die halbverhungerten Bestien werden wie Kugeln herausschießen. Haben Sie jemals eine Ratte durch die Luft springen sehen? Sie werden Ihnen ins Gesicht springen und sich sofort hineinbohren. Manchmal stürzen sie sich zuerst auf die Augen.«

      Als die Stelle gekommen war, da die Ratten die Augen anknabberten, war das Schreien, mit dem er den Text vorlas, in ein Dröhnen übergegangen, wobei er zitterte wie ein Junkie, der sich schon den zweiten Tag gegen den Horror wehrt, einen Rattenkäfig als Gesichtsmaske tragen zu müssen. Es war alles so wirklich für ihn, dass er — nachdem er eine Pause gemacht hatte — das Gefühl hatte, aus einem heftigen Traum zu erwachen, und ein paar Sekunden lang gaben Realität und Traum einander die Hand. »Whew! Nicht mit mir! Keine Augenbehandlung mit mir!« rief er und schleuderte »1984« quer durch das Zimmer, wo es von der aus einem Wasserkühler gebauten großen silbernen Wasserpfeife abprallte.

      Draußen war ein schöner Tag, der mit Mustern unendlicher und zielloser Schrägheiten lockte, und keinerlei Bilder von Rattenkäfigen vor dem Gesicht würden ihn davon abhalten, in den Nervenkitzel hineinzuspazieren.

      Den ersten Halt bei seiner Herumbummelei machte er im Peace Eye Bookstore, wo gerade ein paar Matratzen von der Straße hereingeschleppt wurden und aus Öfen und Kühlschränken vom Sperrmüll eine Gemeinschaftsküche gebaut wurde.

      Freedom, der Papagei, saß auf dem Hektografie-Matritzendrucker und sah zu, wie herumgeschoben und gewerkelt wurde, wobei er ungefähr alle zehn Sekunden sein »Piss auf den Klan! Peace!« hören ließ.

      Der Peace Eye Bookstore war an die Gemeinschaft übergeben worden, um entsprechend den Bedürfnissen der Gemeinschaft benützt zu werden. Bei einer Versammlung des Stammesrats wurde beschlossen, dass die Gemeinschaft eine Kombination aus Kommunikationszentrum und Pennbude zum Übernachten brauchte. Der Hauseigentümer hatte sich schon aufgeregt, als im Hof jemand Selbstverteidigungskurse abhielt. Ein Zirkusartist in gebatikten Gewändern hatte ein Seil zum Balancieren gespannt und die Mieter im oberen Stock beklagten sich bald über Marihuanageruch, der von den Matratzen ins Treppenhaus hinaufzog.

      Bücher waren nicht mehr so wichtig. Sie waren in Stößen in den hinteren Raum verfrachtet worden, sodass ehrwürdige Reihen von Friedenskerzen, Räucherstäbchen, Federn und Runensteinen ihren Platz in den Regalen des Verkaufsraums einnehmen konnten. Die Wände wurden mit Postern geschmückt, die sich mehr auf Marihuana und Musik bezogen als auf Dichtung und Untergrundzeitschriften, und es gab Anschlagtafeln, die voll waren mit kurzen Botschaften, der Suche nach Mitfahrgelegenheiten nach San Francisco und Aufrufen besorgter Eltern etwa des Inhalts »Will, ruf zu Hause an! Wir verstehen dein Problem. Auch wir möchten nicht, dass du nach Vietnam gehen musst!« oder »Laurie Kate. Wir versprechen dir, nie wieder ein Jimi-Hendrix-Poster zu zerreißen oder dich nicht wegzulassen. Es ist alles verziehen.«

      Sam half einem jungen Mann namens Groovy, der für die Ruhezone im Peace Eye zuständig war und die sogenannte Matratzenwiese gestaltete, die sich durch alle drei Räume erstreckte. Groovy war ein paar Jahre jünger als Sam. Er war ein großer, schlanker, stiller und gelassener Typ, der eine Harmonika auf einem Drahtbügel um den Hals trug, sodass er immer eine Melodie spielen konnte, während er in der East Side unterwegs war. Groovy hatte eine Tätowierung »Bourbon Street — New Orleans« auf seinem Arm. In Auflehnung gegenüber Generationen von Vorfahren, die zum größten Teil Farmer im Mittelwesten gewesen waren und eine Tätowierung bereits als einen Bund mit dem Teufel betrachtet hätten, ließ Sam sich von Groovy dazu überreden, sich das Auge des Horus [SVG-Horusauge] aus dem Fenster des Peace Eye auf den Unterarm tätowieren zu lassen.

      Groovy besaß Eigenschaften, die Sam bewunderte. Er war das, was man heute einen Macher nennen würde, einen Auftreiber von Unterkünften. Ihm war klar, dass die jugendlichen Motten aus der Gegenkultur, die es ins grelle Licht


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