In Schlucken-zwei-Spechte. Harry Rowohlt
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Harry Rowohlt
erzählt Ralf Sotscheck sein Leben
von der Wiege bis zur Biege
In Schlucken-zwei-Spechte
Mit einem nagelneuen Kapitel
»Acht Jahre danach«
Fotos von Ulla Rowohlt
Nachwort von Wiglaf Droste
Vignetten von F. W. Bernstein
FUEGO
- Über dieses Buch -
Harry Rowohlt erzählt aus seinem krummen Leben inmitten einer bemerkenswerten Familie. Er erzählt voller Hochachtung und honigsüß, manchmal spöttisch und sarkastisch, aber immer hinreißend von seinem Großvater Fränzchen Pierenkämper, der 1917 einer der führenden Köpfe im Arbeiter-und Soldatenrat von Wilna war, von seiner Mutter, der extravaganten Schauspielerin, die ohne Ariernachweis einmal Tischdame von Goebbels gewesen war; von seinem Vater, der mit dem Rowohlt-Verlag fünfmal pleite ging, weshalb Harry Rowohlt immer noch froh ist, nicht in den Verlag eingetreten zu sein, weil er diese Tradition als erstes wiederbelebt hätte; von der Kindergartentante Renate, in die er so verknallt war, daß er einen Türpfosten ableckte.
Natürlich geht es auch um die Leiden eines preisgekrönten Übersetzers, seine Schauspielerei in der "Lindenstraße" und um seine mittlerweile legendären Lesungen. Dieses Buch beantwortet aber auch dringende Fragen wie: Warum ist Freddy Quinn nicht schwul? Oder: Wie ist es um das Nachtleben von Eutin bestellt?
Harry Rowohlt schweift dabei gerne ab, aber sein "In Schlucken-zwei-Spechte" kompetenter Gesprächspartner Ralf Sotscheck hält ihn auf Kurs, sortiert Harrys mäanderndes Leben nach biographischen Schwerpunkten und steuert selbst jede Menge Anekdoten, absurde Begebenheiten und die reinste Wahrheit bei, die die Handlung aufs entschiedenste voranbringen und vor allem zeigen, daß sich Ralf Sotscheck in Hochform befindet.
»Ein Buch wie sehr guter Whiskey, dessen Qualität selbst Nichtkenner ahnen.«
(Christian von Zittwitz, in: Focus)
»Harry Rowohlt hat einen ausgefeilten Sinn fürs extra Komische.«
(Der SPIEGEL)
»Harry Rowohlt gehört zu den großen Tieren, was Herz und Witz und Verstand und Trinkvolumen anbetrifft.«
(Elke Heidenreich)
»Über dieses Buch hat der Rezensent so oft gelacht, daß er die Behauptung wagt, hier liege das lustigste Buch des Herbstes vor. So ist denn das Buch die schönste Abschweifung dieser Buchsaison.«
(Michael Naumann, in: Die ZEIT)
»Einmaliges Meisterwerk. Das Buch des Jahres.«
(FAS)
»Lange nicht mehr so was Schönes gelesen. Das sollte unbedingt eine Fortsetzung finden.«
(Gerd Haffmanns)
»Ich bin aufgewacht, habe begonnen zu lesen, bin zwischendurch 15 km in 1.41 h gelaufen und habe dann weitergelesen, und habe heute nichts gemacht, außer dieses wunderbare Buch zu lesen. Danke. Ganz groß.«
(Bernd Gieseking)
Vorwort
zur 4. Auflage
Acht Jahre sind vergangen, seit Harry Rowohlt und ich eine Woche lang an der irischen Westküste ein Dutzend Tonbandkassetten vollgequatscht und dabei Unmengen Tee getrunken haben.
Vieles hat sich verändert, manches nicht. Die wichtigste Änderung: Harry trinkt (fast) keinen Alkohol mehr. Das liegt an seiner Polyneuropathie. Was das ist, erklärt er in dem neuen Kapitel, das dieser Neuauflage angehängt ist. Einen Vorteil hat die Krankheit: Weil er nicht mehr so viel tingeln kann, schreibt Harry wieder seine Kolumne »Pooh’s Corner« in der Zeit.
In Irland war Harry Rowohlt seit damals nicht mehr, denn er boykottiert die Insel, seit in den Pubs Rauchverbot herrscht. So reiste ich diesmal nach Hamburg, und wir saßen mit unserem Tonbandgerät bei Nieselregen im Garten der Eppendorfer Bar Italia, denn in Hamburg darf in den Wirtshäusern inzwischen auch nicht mehr geraucht werden. Aber seine Heimatstadt kann Harry ja nicht boykottieren.
Anderes ist unverändert geblieben. Ich bin immer noch neun Jahre und neun Tage jünger als Harry und wünsche mir zu meinem 60. Geburtstag eine ähnliche Party, wie Harry sie 2005 hatte. Alle waren gekommen, das Fest dauerte bis in die Morgenstunden, und als Höhepunkt wurde eine Palette mit Büchern angeliefert: »Der Große Bär und seine Gestirne. Freunde und Weggefährten grüßen, dichten und malen zum 60. Geburtstag von Harry Rowohlt.«
Harry spielt noch immer den Penner in der »Lindenstraße«, er übersetzt weiterhin bienenfleißig, und er erzählt nach wie vor gerne Anekdoten, die dank ihrer wunderbaren Pointen auch dann amüsant sind, wenn man die Protagonisten nicht kennt. Einmal hat es ihm aber doch die Sprache verschlagen: Als er mir im Garten der Bar Italia stolz seine neuen, maßgeschneiderten Stiefel zeigte, sagte ich: »Schick! Gibt’s die auch für Herren?«
Ralf Sotscheck
August 2009
Vorwort
zur 1. Auflage
Als Harry Rowohlt mich vor ein paar Jahren am Hamburger Hauptbahnhof abholte, hatte er Frank McCourts Buch »Die Asche meiner Mutter« unter dem Arm, frisch von ihm übersetzt. »Ein Vorabexemplar«, sagte er, »das Buch kommt nächste Woche in die Läden.« Zehn Stunden später, in denen er mir die Kneipenszene seiner Heimatstadt anhand von praktischen Beispielen erläuterte, hatte ich die Plastiktüte mit meiner Reiselektüre längst verloren, doch Harry Rowohlt hatte seinen McCourt noch immer unter dem Arm. Da wußte ich, daß es ein außergewöhnliches Buch sein mußte.
Was in den zehn Stunden dazwischen geschehen war, ist mir nur bruchstückhaft in Erinnerung. Angefangen hatte es in einem Hamburger Irish Pub, wo ein Länderspiel der deutschen Fußballnationalmannschaft übertragen wurde. Bertis Buben verloren, was wir mit mehreren Guinness begingen, bevor wir zügig zum Whiskey überwechselten. Schließlich war Harry Rowohlt gerade »Ambassador of Irish Whiskey« geworden, und solch ein Titel verpflichtet. Beim Lokalwechsel hatten wir in der S-Bahn den gleichen Gedanken: »Nächste Station. Egal, was sich uns in den Weg stellt.« Mit entleerter Blase ging es weiter. Zum Schluß landeten wir in »Nummer Sieben«, einer Hafenkneipe, und an unserem Tisch stand eine Babsi im engen, giftgrünen Kleid und wurde hinterrücks von ihrem Freund angegrabbelt. Babsi sagte mit tonloser Stimme: »Ich glaub’, ich krieg’ die Krise.«
Man muß aber nicht unbedingt mittrinken, es ist fast so schön, Harry Rowohlt beim Trinken zuzusehen. »Schausaufen mit Betonung«, so nennt er seine Lesungen, bei denen er aus übersetzten Werken liest oder seine eigenen Kolumnen vorträgt, die in der Rubrik »Pooh’s Corner« unregelmäßig in der Zeit erschienen. Sie hießen »Hippie Lehmann, die Sofa-Schnute«, oder »Ich bin das Ohr eines Mannes aus Connaught«, oder auch »Im Speisewagen mit Jutta Ditfurth«, und es standen Sätze drin wie: »Früher, wenn man sich keine Namen merken konnte, hieß das vergeßlich. Inzwischen heißt das Alzheimer. Und wieder muß man sich einen Namen merken.«
Wer zu Harry Rowohlts Lesungen geht, sollte sich für den Rest des Abends nichts vornehmen, unter fünf Stunden kommt man nicht weg. »Ich kann euch nur bewundern«, rief er dem Publikum einmal zu. »Das könnte ich nie, so lange sitzen und zuhören.« Sagen Sie hinterher nicht, Sie seien nicht gewarnt worden.
Aber eigentlich ist Harry Rowohlt Übersetzer, und das kann er gut, er gewinnt jedes Jahr einen Preis, auch wenn er nicht angemessen dafür bezahlt wird. »Meine Herren. Meine Damen. Meine sehr verehrten Personen«, schrieb er. »Ich beantrage – und wenn Sie morgens noch nicht so fett mögen, schlage ich vor –, daß Sie es sich noch ein paarmal überlegen, bevor Sie Übersetzer werden. Zu dreifuffzich die Stunde.«
Vor einer Weile hat Harry Rowohlt sein hundertstes Buch übersetzt, »Killoyle« von Roger Boylan, einem Iren. Und um einen weiteren Iren, der aber nicht mehr lebt, hat er sich besonders verdient gemacht: Flann O’Brien, the drinking man’s Joyce. »Diese Art Journalismus, der das Medium der seriösen Tageszeitung mißbraucht, um hemmungslos hellsichtigen Schabernack zu treiben, hat