Moderne Tauchmedizin. Kay Tetzlaff
des Scooters verändert. Trotz des hohen Gewichts von Langlaufscootern von mehr als 30 kg lassen sich diese auf ein paar Gramm genau tarieren.
Die Zugkraft sollte bei diesen Unterwasserfahrzeugen über eine Zugschnur auf einen Schrittgurt übertragen werden. Damit lässt sich ein gut tarierter Scooter einhändig fahren und mit der anderen Hand kann man dabei leuchten, Druckausgleich durchführen, Tariermittel bedienen etc.
Für extreme Tauchgänge werden auch mehrere Scooter mitgeführt, zum einen aus Redundanzgründen, aber auch, um die Reichweite zu erhöhen. Also sollten Scooter auch gut zu ziehen bzw. zu „verstauen“ sein.
Wie bei den Tauchlampen haben sich hier auch neuere Akkutechnologien wie Li-Ionenakkus begonnen durchzusetzen.
8.13 Menschliche Bedürfnisse
Tauchgänge außerhalb des Sporttauchbereichs sind oftmals mit einer Dauer von zwölf und mehr Stunden wesentlich länger als normale Sporttauchgänge. Dabei treten natürliche Bedürfnisse wie Harn- und Stuhldrang auf.
Bei männlichen Tauchern haben sich hierzu Kondomurinale mit einem nach außen führenden Auslassventil bestens bewährt. Windeln verfügen nicht über entsprechende Aufnahmereserven und bilden auch Kältebrücken, von der Hygiene ganz zu schweigen.
Um Stuhlgang unter Wasser zu unterdrücken, hat sich die prophylaktische Einnahme von Loperamid als sehr effektiv erwiesen. Obwohl Loperamid ein Opiatderivat ist, wurden bisher bis 125 m Tauchtiefe keinerlei zentralnervösen Nebeneffekte bemerkt. Dies liegt an seiner Molekularstruktur, die ein Passieren der Blut-Hirn-Schranke verhindert.
Frauen sollten entsprechende Produkte aus dem Inkontinenzbedarf verwenden oder aber auf das eigens für Taucher entwickelte SHEP zurückgreifen (Abb 8.4). Dies ermöglicht nun Frauen auch längere und oder entspanntere Tauchgänge (http://www.she-p.com/).
Abb. 8.4: Beispiel für ein SHE-P
Taucher, die ohne ein Urinventil tauchen, sind meist dehydriert, da sie zur Vermeidung des Harndrangs vor dem Tauchgang zu wenig trinken. Dies wirkt sich für den Tauchgang und eine etwaige Dekompression sehr nachteilig aus!
8.14 Ausbildung
Eine fundierte Ausbildung ist beim Tauchen generell, aber insbesondere beim technischen Tauchen unbedingt notwendig. Dies ist nicht mit einem Brevet zu verwechseln, sondern beinhaltet eine Ausbildung mit vielen Übungselementen und der notwendigen Theorie von einem Instruktor, der selbst über jahrelange Erfahrung in diesem Bereich des Tauchens verfügt und nicht nur Ausbildungserfahrung hat. Eine Ausbildung sollte schrittweise, immer wieder ergänzt durch Übungseinheiten, erfolgen. Dabei sollte der Tauchschüler auch eigenverantwortliche Tauchgänge im Rahmen des bereits Erlernten durchführen. Die Ausbildung sollte eigenständige Taucher hervorbringen, die aber auch die Teamfähigkeit erlernen sollten. Die etablierten Verbände bieten in den letzten Jahren vermehrt umfassende Kurse an und reduzieren entsprechend ihre Spezialkurse.
Der Ausbildungsstoff muss insbesondere in den ersten Monaten häufig wiederholt werden, damit lebensnotwendige Handgriffe und Sicherheitsdrills automatisiert ablaufen und im Gehirn freie Kapazitäten für Überlebensstrategien geschaffen werden. Um diesen Vorgang zu unterstützen, sollte auch in der Ausbildung bereits Wert auf eine Standardisierung des Equipments, der Gase und Prozeduren gelegt werden.
8.15 Team
Technische Tauchgänge benötigen oftmals ein Team. Dies beginnt schon über Wasser, oft aufgrund der logistischen Gegebenheiten, sei es die Ausfahrt zu einem neuen Wrack, einer Höhle in einem unzugänglichen Gebiet oder einfach nur die Menge des zu transportierenden Equipments (Abb 8.5). Ebenso fallen häufig spezifische Tätigkeiten an, wie so genannte Setup-Tauchgänge, bei denen Flaschen, Heizröhren und Habitate in der Höhle platziert werden können. Ein Habitat ist eine gasgefüllte Struktur, in der sich während der Dekompression der Oberkörper des Tauchers außerhalb des Wassers befindet. Während der Dekompression übernehmen die Supporttaucher die Kommunikation mit der Oberfläche, sichern die Gasvorräte und versorgen die Taucher. Dies sind keine Hilfsjobs, sondern elementare Bestandteile eines komplizierten Tauchgangs. Daher sollte man auch nur vertrauenswürdige und kompetente Taucher mit diesen Aufgaben betrauen.
Der Tauchpartner ist ebenfalls Teil des Teams. Ihm kommt eine besondere Bedeutung zu. Oft wird argumentiert, dass man nur alleine sichere technische Tauchgänge durchführen könne, da ein schwacher Buddy eher eine Gefahr darstelle. Ein unerfahrener Taucher ist aber natürlich nicht die Alternative, denn es wird ein gleichwertiger Tauchpartner benötigt. Ferner wird argumentiert, man könne durch seine so genannte „Buddy-Bottle“, also eine zusätzliche Tauchflasche, den Tauchpartner ersetzen. Diese Annahme ist falsch. Ein erfahrener Partner macht den Tauchgang einfacher und sicherer. Bleibt z. B. ein Taucher in einer Leine hängen, ist es wesentlich effektiver, sich von seinem Partner helfen zu lassen, insbesondere wenn man sehr viel Equipment mit sich führt. Alle Gaswechsel und Verfahren sind abgesprochen und werden unter Wasser unter gegenseitiger Beobachtung durchgeführt. Dies erhöht die Sicherheit erheblich. Dazu kommt der Erlebnisaspekt, der Austausch der Eindrücke eines gemeinsam durchgeführten Tauchgangs.
Abb. 8.5: Taucher seilen Tauchausrüstung zum Höhleneingang ab
Impressionen eines Höhlentauchgangs. Warum tue ich mir das nur an? Das ist mein erster Gedanke, als ich durch ein Klopfen an der Tür meines VW-Busses geweckt werde. „Micha, Reinhard, aufstehen! Tauchen ist angesagt“. Stimmt, wir sind ja wieder einmal in Frankreich, um einen längeren Höhlentauchgang durchzuführen. Reinhard murmelt neben mir, ob wir wirklich aufstehen sollen. Aber es hilft nichts, der nächste klopft bereits und öffnet die Schiebetür. Also raus aus dem warmen Schlafsack und rein in die kalten Klamotten. Kurz die Zähne geputzt, das muss für heute morgen als Körperpflege reichen. Ich schaue auf die Uhr, es ist kurz vor sechs. Jemand aus dem Team hat bereits Wasser für Tee und Kaffee und das obligatorische Nudelfrühstück aufgesetzt. Alle scherzen und lachen und sind guter Dinge, da bereits am Vortag die Vorbereitungen für diesen Tauchgang zum Großteil abgeschlossen wurden. Reinhard trinkt einen Tee, ich einen Milchkaffee. Es gibt dazu Nudeln mit Hackfleischsoße. Jeden Tag wollte ich das nicht frühstücken, geht es mir durch den Kopf, aber als Energielieferant für einen längeren Tauchgang ist es eine gute Grundlage.
Das erste Team verlässt bereits die Frühstücksgruppe, um vor uns im Wasser zu sein. Wir frühstücken in Ruhe zu Ende und machen uns dann ebenfalls auf den steilen Geröllweg zum Höhleneingang. Jetzt wird es auch allmählich hell, die letzten Sterne verschwinden und man sieht endlich mehr.
Unten abgekommen gehen wir zu dem Punkt, an dem wir unsere Trockentauchanzüge und Unterkleidung deponiert haben. Ich ziehe mich aus, was bei den Temperaturen nicht wirklich erfreulich ist, aber sobald ich die erste Lage Funktionswäsche anhabe, wird es wieder wärmer. Bei der dritten Lage beginnt es schon wieder so kuschelig zu werden, dass ich jetzt gerne nochmals in den Schlafsack kriechen würde.
Das Kondomurinal zum Wasserlassen wird angelegt. Es folgen das Heizhemd, der Unterzieher und die Socken. Dann der Einstieg in den Trocki, Reißverschluss schließen und vorher natürlich das Heizhemd mit dem Stecker im Trocki und das Kondomurinal mit dem Ventil zum Wasserlassen in den Anzug verbinden. Das Heizhemd wird von außen geprüft und der Ohmmeter zeigt 2,3 Ohm, ein guter Wert. Bei Null oder Eins hätte man keinen Kontakt bzw. einen Kurzschluss des Heizhemds. Brus sagt zwischendurch immer, wie weit Reinhard und ich jeweils mit dem Anziehen sind, damit wir in etwa gleichzeitig ins Wasser kommen, da langes Warten lästig und unnötig ist. Diese Kleinigkeiten haben uns in den letzten Jahren die Taucherei mit unserem Team so angenehm gemacht. Alles tickt wie ein Uhrwerk.
Kurz darauf haben wir unsere Kreislauftauchgeräte auf dem Rücken, schalten die Lampen ein und nach einem kurzen Check geht es abwärts. Jetzt treffen wir unter Wasser auch auf das Video und Foto-Team und so winken wir kurz in die Kamera, als wir an ihnen vorbeitauchen. Durch die Setup-Tauchgänge vom Vortag wurde uns über die mittelmäßige Sicht berichtet und so wussten wir schon,