Moderne Tauchmedizin. Kay Tetzlaff
Gründliche Vorbereitung, einwandfreies Material und strenge Selbstdisziplin erhöhen die Überlebenswahrscheinlichkeit des Tech-Divers an den Grenzen des Möglichen. Der „normale“ Sporttaucher bewegt sich zwar möglichst weit auf der sicheren Seite, sollte aber bei seinen vermeintlich harmlosen Tauchgängen den Ernst der Lage nicht weniger akribisch im Auge behalten.
2. Zurückhaltung: Die meisten Tauchsportverbände sind sich darüber einig, dass Tauchgänge mit Druckluft tiefer als 40 m und geplante Dekompressionstauchgänge im Sporttauchbereich nicht durchgeführt werden sollten (unabhängig vom Ausbildungslevel und auch nicht ausnahmsweise)! Der korrekte Umgang mit Dekompressionstabellen ist dennoch zu erlernen, weil sicherheitsrelevant.
3. Briefing und Check: Einer alles Wesentliche umfassenden kurzen Vorbesprechung (Befinden der Taucher, Zustand der Ausrüstung, Eigenarten des Tauchgewässers und Tauchplatzbeschreibung, Eckdaten des geplanten Tauchgangs, Handzeichen sowie Notfallplan einschließlich Info zur nächsten betriebsbereiten Druckkammer bei Zwischenfällen) folgt eine doppelte Kontrolle der Ausrüstung (der eigenen und der des Tauchpartners) auf Vollständigkeit und einwandfreie Funktion.
4. Je konsequenter der Tauchlehrer Check und Briefing vorexerziert, desto wahrscheinlicher werden seine Schüler diese sinnvollen Routinen weiterleben.
Weiterführende Literatur ____________________________
1. Bove AA, Davis J: Diving medicine. WB Saunders, Philadelphia, 2003
9 Apnoetauchen
C.-M. Muth
Unter dem Begriff „Apnoetauchen“ werden alle Tauchaktivitäten zusammengefasst, die nur mit der eigenen Luft durch Atemanhalten und ohne die Verwendung von Tauchgeräten stattfinden. Unter diesen Begriff fallen daher das mit Taucherbrille, Schnorchel und Flossen ausgerüstete Schnorcheln an der Wasseroberfläche mit gelegentlichem kurzem Abtauchen ebenso wie die in Mittelmeerländern sehr beliebte Unterwasserjagd oder auch Wettkampfsportarten mit nationalen und internationalen Meisterschaften. Das Tauchen in Apnoe, also mit angehaltenem Atem, war hierzulande bis vor wenigen Jahren für viele Taucher allenfalls ein Trainingsbestandteil im Rahmen des Hallentrainings und sollte Sicherheit und Gewandtheit unter Wasser vermitteln. Doch mittlerweile ist es unter dem Einfluss erstaunlicher Leistungen Einzelner, die letztlich diese Sparte des Tauchens ins Gespräch brachten, zur Trendsportart avanciert.
9.1 Schnorcheltauchen
Das weit verbreitete Schnorcheltauchen bietet kaum medizinische Besonderheiten und kann, bis auf wenige Ausnahmen, ohne besondere Voruntersuchung von nahezu jeder Person ausgeübt werden, die auch schwimmen kann. Doch auch Personen, die nur Schnorcheln wollen (z. B. als Begleiter eines Urlaubstauchers), sollten über die richtige Ausrüstung, die Besonderheiten der Druckzunahme (Druckausgleich zum Mittelohr, Druckausgleich in der Taucherbrille) und die Gefahren der Hyperventilation (als falsche Vorbereitung auf ein Verlassen der Wasseroberfläche) informiert sein.
Es ist daher wichtig, dass nur echte Tauchermasken Verwendung finden, also solche, die den Erfordernissen des Gerätetauchens genügen: Sicherheitsglas, Nasenerker, gute Passform und, besonders wichtig, kleiner Maskeninnenraum. Letzteres ist vor allem deshalb wichtig, weil das Ausblasen der Maske unter Wasser anders als beim Gerätetauchen mit einem sehr limitierten Luftvorrat auskommen muss.
Der Schnorchel sollte einen Innenquerschnitt aufweisen, der die Atmung kaum behindert (mind. 1,8 cm2), aber das Schnorchelinnenvolumen sollte gleichzeitig so sein, dass sich der Schnorchel leicht ausblasen lässt. Außerdem sollte eine anatomisch und strömungstechnisch richtig geformte Verbindung zwischen Mundstück und Schnorchelrohr bestehen, wobei das Schnorchelrohr nicht zu lang sein darf (35–40 cm).
Der Versuch, durch einen längeren Schnorchel zu atmen, führt zu erheblichen Problemen, und zwar sowohl im Bereich Herz-Kreislauf als auch im Bereich der Lunge. Bei Schnorchelatmung entspricht nämlich der Druck im Lungeninneren dem der Wasseroberfläche, während der Körper bereits unter dem höheren Druck des umgebenden Wassers steht (s. auch Immersionseffekte). Diese Druckdifferenzen führen beim Eintauchen mit einem längeren Schnorchel zu einer massiven Blutumverteilung mit akuter Rechtsherzdekompensation und einer Überforderung der Atemmuskulatur, was eine adäquate Atmung unmöglich macht. Schon Schnorchellängen von 60 cm können daher bei maximalem Untertauchen mit diesem Schnorchel gefährlich sein.
In diesem Zusammenhang soll darauf hingewiesen werden, dass bei Benutzung eines überlangen Schnorchels das Problem der Pendelatmung (häufig als lebensgefährlich beschrieben) nicht relevant wird, da eine in Frage kommende Steigerung des CO2-Drucks eine Vergrößerung des Atemzugvolumens und der Atemfrequenz zur Folge hat und somit (zumindest an der Wasseroberfläche) zu einer ausreichenden O2-Versorgung und CO2-Abatmung führt.
Zusätzlich sollte auch die richtige Flosse Beachtung finden, denn eine für das Schnorcheltauchen geeignete Flosse sollte ein eher weiches Blatt aufweisen, wobei hier der Trainingszustand des Schnorchlers berücksichtigt werden muss, da zu harte Flossenblätter beim Ungeübten das Auftreten von Wadenkrämpfen fördern.
Schließlich muss beim Schnorcheln auf die erhöhte Gefahr der Lichtdermatose (Sonnenbrand) hingewiesen werden, weil beim Treiben oder Schwimmen an der Wasseroberfläche durch die kühlende Wirkung des Wassers die Sonnenstrahlen weniger gespürt werden, diese aber durch die Lichtbrechung mindestens unvermindert einwirken können.
9.2 Apnoetauchen als Leistungssport
Im Gegensatz zum reinen Schnorcheltauchen ist das ambitionierte Apnoetauchen mit zahlreichen physiologisch und pathophysiologisch höchst interessanten Besonderheiten verbunden, die noch nicht bis ins letzte Detail erklärt sind. Dabei ist das Apnoetauchen die älteste bekannte Form des Tauchens überhaupt: Die ältesten historischen Quellen über Schwamm- und Perltaucher in Griechenland gehen zurück bis ins 5. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung. Heute findet man berufsmäßige Apnoetaucher noch auf den Inseln des Tuamotu-Archipels sowie in Korea und Japan (Hae-Nyo bzw. Ama, „tauchende Frauen“). Die Apnoetaucherinnen tauchen während ihrer täglichen, mehrstündigen Arbeitsschichten – unabhängig von Witterungsbedingungen und Wassertemperatur – über 1–2 min Dauer 150- bis 250-mal in Tiefen von durchschnittlich 5–20 m ab, wobei sie sich zwischen den Tauchgängen für ca. 2–3 min an der Oberfläche erholen. Ganz im Gegensatz dazu steht das Apnoetauchen als Extremsport. In den verschiedenen Disziplinen steht hier das Erreichen maximaler Tauchtiefen, -zeiten und -strecken im Vordergrund (Tabelle 9.1).
Tabelle 9.1: Weltrekordliste Apnoetauchen gemäß AIDA (Association Internationale pour le Dévelopement de l’Apnée; http://www.aidainternational.org/competitive/worlds-records). Erläuterung der Disziplinen s. Kompaktinformation auf folgender Seite
Name (Land) | Rekord | Datum | Ort | |
Static Apnea (Zeittauchen) | ||||
Frauen | Natalia Molchanova (Russland) | 8 min 23 sec | 21.08.2009 | Aarhus, Dänemark |
Männer | Stefane Mifsud (Frankreich) | 11 min 35 sec | 08.06.2009 | Hyeres, Frankreich |
Dynamic Apnea with fins (Weittauchen mit Flossen) | ||||
Frauen | Natalia Molchanova (Russland) | 225 m | 25.04.2010 | Moskau, Russland |
Männer | Dave Mullins (Neuseeland) | 265 m | 02.09.2010 | Naenae u. Porirua, Neuseeland |
Constant Weight (Tieftauchen) | ||||
Frauen | Natalia Molchanova (Russland) | 100 m | 16.04.2011 | Long Island, Bahamas |
Männer | Herbert Nitsch (Österreich) | 124 m | 22.04.2010 | Bahamas |
Free Immersion | ||||
Frauen | Natalia Molchanova (Russland) | 85 m | 27.07.2008 |