Elton John. Mark Bego

Elton John - Mark  Bego


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jetzt hat erst ein Prominenter den Raum betreten und sich an einen riesigen runden Esstisch niedergelassen. Es ist der Gastgeber selbst in all seiner Pracht. Ihn umgeben drei Leibwächter sowie sein persönlicher Fotograf. Elton sieht umwerfend aus in seinem metallisch anmutenden dunkelblauen Hemd. Darüber trägt er einen dunkelblauen Anzug und sein Revers ziert eine riesige, mit einem Diamanten und einem Saphir versehene Anstecknadel. Da Elton und Mary die ersten prominenten Sangeskünstler im Raum sind, fragt James Patrick Herman vom Magazin Billboard Miss Wilson neckisch: „Und wer ist nun die größte Diva im Raum?“ Sie lacht und antwortet schlagfertig: „Was die Größe betrifft? Na, Elton! Ich bestimmt nicht!“

      Wir entdecken unseren Tisch in der Mitte des Saals – und direkt am Nebentisch sitzt der Gastgeber. Elton John beobachtet uns, während wir uns nähern. Er springt auf und ruft mit einem breiten Grinsen im Gesicht: „Mary!“

      Sie stellt mich Elton vor und während ich seine Hand schüttele, weist er seinen Fotografen Michael Kovac an: „Wir brauchen ein Foto!“

      Wir drei legen unsere Arme umeinander und stellen unser bestes Hollywood-Lächeln zur Schau. Wir befinden uns nun nicht länger in West Hollywood. Mary und ich sind nun vielmehr an jenem magischen Ort angelangt, zu dem einen die Yellow Brick Road führt: Willkommen in Elton-Land.

      ORT: Monte Carlo Sporting Club, Monaco

      ZEIT: 1. August 2008

      MARK BEGO, Autor: „Wie sieht es aus, Bill, ist dir schon ein schönes Zitat für mein Buch über Elton John eingefallen?“

      BILL WYMAN, ehemaliger Rolling Stone: „Du meinst Reg Dwight aus Watford?“

      GARY BROOKER, Leadsänger von Procol Harum: „Du meinst Sharon?“

      Elton John stellt für jeden etwas anderes dar. Für Rockfans ist er der Schöpfer des Albumklassikers Goodbye Yellow Brick Road. Für die englischen Rockmusiker, die ihn seit Anfang der 1960er-Jahre kennen, ist er immer noch der pummelige Reg Dwight aus Watford bei London. Für Filmfreunde ist er der ausgeflippte Pinball Wizard, der mit der Rockoper Tommy berühmt wurde. Für britische Bürger und die königliche Familie ist er inzwischen „Sir“ Elton John. Und für all jene engen Freunde, die schon immer wussten, dass er schwul oder bisexuell ist, geht er immer noch unter der liebevollen Bezeichnung „Sharon“ durch. Doch wie es auch immer sein mag, Elton zählt zu den langlebigsten Stars der Rockgeschichte und hat sich immer wieder selbst neu erfunden. Seine Musik hat ihn zum internationalen Superstar gemacht. Sein schillerndes und oft skandalträchtiges Leben machte ihn zur Showbiz-Legende.

      So verrückt und ungewöhnlich seine Karriere, seine Sexualität und sein Image auch sein mögen, es ist seine Musik, mit der er sich in der Welt einen Namen gemacht und den nachhaltigsten Eindruck hinterlassen hat. Das Gesamtwerk an Rock- und Popsongs, die Elton John erschuf, umfasst eine unglaubliche Liste millionenfach verkaufter Singles und Hitalben aus fünf Jahrzehnten. „Crocodile Rock“, „Your Song“, „Daniel“, „Island Girl“, „Bennie & The Jets“, „Goodbye Yellow Brick Road“, „Don’t Let The Sun Go Down On Me“, „The Bitch Is Back“ und „I Guess That’s Why They Call It The Blues“ – sie alle sind Teil eines unglaublich vielseitigen musikalischen Katalogs, auf den der Sänger und Pianist inzwischen zurückblicken kann.

      Elton John hat weltweit über 200 Millionen Platten und CDs verkauft, er hat den Aufstieg und Fall von Disco, New Wave und Synthirock überstanden und genug kurzlebige Chartstürmer überlebt, um ein Fußballstadion mit ihnen zu füllen; dennoch ist er selbst nie aus der Mode gekommen. Zwar landet er inzwischen nicht mehr mit derselben Regelmäßigkeit große Hits und veröffentlicht auch nicht mehr so viel Material wie früher, aber zuletzt stellte er 2007 unter Beweis, dass seine Alben es immer noch bis in die Top Ten schaffen – auf beiden Seiten des Atlantiks. Niemand kann auf eine solche musikalische Karriere zurückblicken wie der selbsternannte „Captain Fantastic“. Er hat ein ganzes Panoptikum verschiedener Persönlichkeiten geschaffen, um die unterschiedlichsten Stimmungen auszuleben, und dazu die passenden Pseudonyme erfunden – männliche wie weibliche. Aber wenn im englischsprachigen Raum der Ausdruck „The Bitch Is Back“ fällt – „Die Zicke ist zurück“, dann weiß jeder, dass von Elton John die Rede ist.

      Elton hielt nie damit hinter dem Berg, was gerade in seinem Kopf vorging – ganz gleich, wie kontrovers seine Gedanken auch sein mochten. Zwar verlässt er sich bei den Texten seiner Songs hauptsächlich auf Kollegen wie Bernie Taupin, Tim Rice und Gary Osbourne, dennoch handeln sie meist von Dingen, die ihm selbst am Herzen liegen. Zu seinen besonders persönlichen und leidenschaftlichen Songs zählen zweifelsohne „Someone Saved My Life Tonight“ (über seinen Selbstmordversuch), „Empty Garden“ (über den Tod von John Lennon), „American Triangle“ (über den Mord an Matthew Sheppard) und „The Last Song“ (über einen Mann, der an Aids stirbt). Mit „Ego“ spielte er einen Titel ein, in dem es um sein eigenes selbstsüchtiges Verhalten ging, mit „I’m Still Standing“ schrieb er eine Ode an das eigene Durchhaltevermögen, und mit „Big Dipper“ gab es sogar eine derbe Ballade über schwulen Achterbahnsex mit einem Seemann auf einem Jahrmarkt.

      Zahllose Bücher und Artikel wurden bereits über den Mann verfasst, der sich offiziell den Namen „Elton Hercules John“ verlieh. Er hatte Affären, Wutausbrüche, Skandale, Depressionen, eine sexuelle Identitätskrise, Alkoholprobleme, Bulimie, sogar einige aberwitzige Selbstmordversuche, die alle reichlich Stoff für die Boulevardpresse boten. Die Zeitungen schrieben reißerische Berichte über Strichjungen, Berge von Kokain und angebliche Sexorgien. Er ist zudem wohl der einzige Superstar der Rockwelt, der sowohl mit einer Frau als auch mit einem Mann verheiratet war. Jemanden wie ihn gibt es schlicht kein zweites Mal.

      In einem Markt, der mit schöner Regelmäßigkeit Pop-Idole zum Wegwerfen hervorbringt, ist es Elton nicht nur gelungen, seine weltweite Popularität als Rock-Ikone zu verteidigen, sondern in einer außergewöhnlichen Entwicklung auch in andere Kreativbereiche vorzustoßen: Er schrieb Erfolgsmusicals für den Broadway und das West End, komponierte Soundtracks und verschaffte sich eine ganz neue Generation von Fans, als er in Las Vegas die Aufsehen erregende, schrille Show The Red Piano vorstellte.

      In den letzten vierzig Jahren sind zahlreiche Biografien in Wort und Bild über ihn erschienen, aber nur wenige konnten die Skandale und Widersprüche seines Privatlebens mit seiner Karriere als überragend kreativer Songwriter und Sänger vereinen. Oft näherte man sich nur mit Samthandschuhen der Darstellung seines Lebens und zeichnete ihn beinahe als einen eleganten, geschmackvollen George Gershwin des 21. Jahrhunderts. In Wahrheit gleicht das Leben von Sir Elton jedoch mehr dem eines modernen Oscar Wilde. Er ist wild, versoffen, derb und unkonventionell.

      Eltons skandalumwittertes Leben voller Rock’n’Roll-Exzesse bleibt bunt und faszinierend. Seine stilistische Bandbreite, seine ausgefallene Bühnenshow und die ausgeflippten Kostüme machen aus ihm eine schillernde Kombination aus John Lennon, Noel Coward, Billy Joel und Barry Manilow. Er ist wild, glamourös, versoffen, derb und unkonventionell. Die Selbstzweifel, die Drogen, die Perücken, die Affären und die Skandale – es gibt keinen zweiten wie Elton John.

      Und dies ist seine Geschichte.

      Reginald Kenneth Dwight wurde am 25. März 1947 in Pinner, einem kleinen Ort nordwestlich von London, geboren. Seine Mutter hieß Sheila und war eine geborene Harris, sein Vater Stanley war bei der Royal Air Force, sowohl während des Zweiten Weltkriegs als auch danach. Die beiden hatten im Januar 1945 geheiratet und lebten seitdem in Pinner.

      Das Paar hatte wenig Geld und war daher froh, bei Sheilas Eltern, Fred und Ivy Harris, einziehen zu können, die eine kleine Doppelhaushälfte in der Pinner Hill Road 55 bewohnten. Nachdem der kleine Reggie geboren war, lebten alle fünf unter einem Dach.

      Elton berichtet über die einfachen Verhältnisse, in denen er aufwuchs: „Ich


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