Der Serienmörder von Paris. David King

Der Serienmörder von Paris - David  King


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Laden betrat, in dessen Regalen eine Vielzahl von Radios und Elektroartikeln stand, die aufgrund der Popularität von BBC und Radio Berlin heißbegehrt waren, trafen sie Maurice Petiot nicht an. Seine Frau, die 31-jährige Marie Angèle Le Guyader Petiot, auch Monique genannt, empfing die Beamten freundlich und hilfsbereit. Sie erlaubte ihnen, sich im Geschäft und auf dem Gelände ohne einen Durchsuchungsbefehl umzusehen. Monique erklärte sich auch bereit, die Ermittler zum Haus in der Rue des Lombards zu führen, das nur drei Blocks entfernt lag.

      Massu und sein Team fanden kein normales Haus vor, sondern ein kleines Château. Es stand auf einem Hügel. Man betrat es durch ein prunkvolles schmiedeeisernes Tor. Vor den Fenstern waren kunstvoll verzierte Gitter angebracht. Das Anwesen verfügte über einen Labyrinth-ähnlichen Keller mit zwei langen Korridoren, die sich in eine Reihe römisch anmutender Katakomben erstreckten. Wie konnte sich Maurice Petiot solch ein prunkvolles Anwesen leisten? Der Geschäftserlös aus dem Radio- und Elektrowarenhandel hätte niemals zur Finanzierung gereicht. Monique erklärte, dass das Gebäude von ihrem Schwiegervater Felix Petiot erworben worden war, und zwar unter dem Namen des Sohnes Daniel.

      Ihrer Aussage nach bewohnte niemand das Anwesen. Und tatsächlich – trotz der prachtvollen Außenfassade war es im Inneren staubig und unaufgeräumt. Zersplitterte Paneelen und in einer Ecke aufgestapelte Möbel erinnerten auf eine befremdliche Art an die Rue Le Sueur. Auch im oberen Stock ähnelten die Verhältnisse wegen des unbewohnten Zustandes an das Pariser Haus. Allerdings fand sich dort, wie es Pierre Malo vom Le Matin später beschrieb, „die wohl außergewöhnlichste Sammlung von Kunstgegenständen und Müll, die man sich nur vorstellen kann“. Allerdings war das Anwesen nicht wirklich gänzlich unbewohnt, wie Monique Petiot behauptet hatte.

      In einem kleinen Raum neben der Treppe im ersten Stock stand ein Bett mit zurückgeworfener Decke und eindeutig benutztem Laken. Massu erkundigte sich, wer denn hier geschlafen habe. Waren es womöglich Marcel oder Georgette Petiot? Monique schüttelte den Kopf und behauptete, es sei ein Freund der Familie gewesen, ein 47-jähriger Geschäftsmann, der eigentlich in Courson-les-Carrières lebte, einer kleinen Stadt ungefähr 15 Kilometer südlich. Sie hatte vergessen, ihn zu erwähnen.

      Die Inspektoren machten sich zur Bestätigung der Aussage auf die kurze Fahrt zu dem kleinen Ort. Neuhausen, ebenfalls Elektroartikel-Händler, gab zu, Maurice und Monique Petiot zu kennen. Und ja, er habe dort vor kurzem übernachtet, wie immer, wenn er den Zug nach Paris nehme.

      Doch Neuhausen verriet ihnen noch mehr. Obwohl er Dr. Petiot nicht gut kannte und keinesfalls Informationen zu seinem Verbleiben hatte, gab er zu, den Mordverdächtigen am 1. März, einem Samstagmorgen, gesehen zu haben. Neuhausen hielt sich wegen geschäftlicher Angelegenheiten in Paris auf, und um Monique einen Gefallen zu erweisen, hatte er sich um ungefähr 11 Uhr in die Rue Caumartin begeben und ein Paar Schuhe für Gérard abgeholt.

      „Wir unterhielten uns über Belangloses“, meinte Neuhausen. „Der Doktor gab mir die Schuhe für seinen Sohn, und ich verließ die Wohnung ungefähr 15 Minuten später.“ Er nahm später dann nach eigener Aussage den Zug um 17.20 Uhr und erreichte Auxerre um 21.40 Uhr. Ursprünglich beabsichtigte er, mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren, doch da es regnete, entschied er sich, in der Rue des Lombards zu übernachten, genau so, wie Monique es gesagt hatte. Er erklärte den Ermittlern, dass das alles sei, was er sagen könne.

      Am Dienstag, dem 14. März, fiel einem der Ermittler eine attraktive Frau mit einer schwarzen Bluse und einem Persianer auf, die einen teuren gelben Lederkoffer bei sich führte. Sie stand am Bahnsteig in Auxerre und wartete auf einen Zug. Die schlanke und zierliche Frau hatte tiefbraune Augen und schulterlanges schwarzes Haar. Einige Löckchen fielen ihr ins Gesicht. Nur vier Monate trennten sie von ihrem 40. Geburtstag, doch sie wirkte wesentlich jünger. Als die Polizisten an sie herantraten, stritt sie ihre Identität nicht ab. „Ich habe nichts verbrochen“, protestierte Georgette Petiot, bevor sie auf dem Bahnsteig in Ohnmacht fiel. Zwei Gendarmen trugen sie aus dem Bahnhof. Ein junger Mann half der Polizei, doch er weinte unentwegt. Es war ihr Sohn Gérard.

      Massu wurde unverzüglich von der Verhaftung in Kenntnis gesetzt und kehrte zur Polizeiwache in Auxerre zurück. Man brachte Georgette zu seinem Wagen, wo schon ihr Schwager Maurice saß, den man am vorhergehenden Abend festgenommen hatte, als er aus den naheliegenden Dörfern Cheney und Joigny zurückkam. Georgette legte aufgelöst den Kopf auf seine Schulter. Ihr „stoßartiges Schluchzen“ war das einzige Geräusch, das die Stille auf der Fahrt nach Paris störte.

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      HELFEN SIE UNS BEI DER SUCHE NACH IHREM MANN. WIR WERDEN SIE DABEI UNTERSTÜTZEN, DIE WAHRHEIT HERAUSZUFINDEN.

      (Kommissar Massu im Gespräch mit Georgette Petiot)

      Die Nachricht von der Verhaftung verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Als Massus Wagen das Büro am Quai des Orfèvres erreichte, wartete schon eine Meute von Reportern und Fotografen. Der Kommissar half Georgette und Maurice Petiot aus dem Automobil und versuchte, sie vor den Kameras abzuschirmen, deren Blitzlichtgewitter eine undurchdringliche grelle Wand blauen Magnesiumlichts bildete.

      Massu hatte eine klare Vorstellung über das Prozedere der Verhöre. Er wollte sie allein befragen oder in Anwesenheit eines untergeordneten Beamten, der jedoch schweigen sollte. Ein Raum voller Ermittler und Zuschauer hätte viel zu viele Probleme verursacht. Dank der bei zahllosen Verhören gewonnenen Erfahrungen wusste er, dass eine unbedachte Frage eines aggressiven und unerfahrenen Beamten einen günstigen Gesprächsverlauf negativ beeinflussen konnte.

      Darüber hinaus glaubte Massu an eindeutige Beweise und Deduktionen, die auf harten Fakten basieren. Er versuchte zuerst, so schnell wie möglich den Kontakt zu einem Verdächtigen herzustellen, egal wie unbedeutend das Gespräch war, um den von diesem bereits errichteten Schutzschild zu durchdringen. Dann arbeitete er sich so rasch wie möglich in der Sache voran, bis zu dem Moment, den er als „das Eindringen eines Elefanten in einen Porzellanladen“ beschrieb. Damit meinte er die Schlüsselfrage, die auf den Beweisen und den bereits gemachten Geständnissen des Verdächtigen beruhte und die nicht ohne einen Widerspruch zu dem früher Gesagten oder einem Verlust der Glaubwürdigkeit insgesamt pariert werden konnte.

      Der Kommissar bat Georgette Petiot, in seinem Büro Platz zu nehmen, und bot ihr ein Getränk an, das sie aber ablehnte. Dann zögerte er die Zeit hinaus, indem er sich mit Nebensächlichkeiten beschäftigte, wonach er erst mit dem eigentlichen Fragen begann. Massu ordnete die Papiere auf seinem Tisch, ging zum Fenster und starrte auf den Pont Neuf. Er sah Fahrradfahrer die Brücke überqueren, einige der zwei Millionen in Paris. Für neue Drahtesel musste man mittlerweile die gleiche Summe hinblättern wie vor fünf Jahren für ein Auto. Massu dachte darüber nach, ob auch Petiot mit seinem Fahrrad die Brücke überquert hatte, in dem Anhänger möglicherweise eine grausige Fracht.

      Massu drehte sich um und sah der Frau des Arztes direkt ins Gesicht. „Tja, Madame Petiot, was wissen Sie? Sie brauchen sich nicht zu beeilen mit Ihrer Antwort. Wir haben viel Zeit. Beginnen Sie einfach, wo es Ihnen beliebt.“

      „Ich muss sagen, dass ich von dem allem nichts wusste“, antwortete Georgette Petiot, womit sie auf ihren Mann verwies. Sie saß auf dem Stuhl, stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab und starrte scheinbar gedankenlos ins Nichts. In ihrer rechten Hand hielt sie ein Taschentuch. Mit einer leisen, kaum hörbaren Stimme erklärte Petiot, vom Kauf des Gebäudes in der Rue Le Sueur Nummer 21 durch ihren Mann vor zwei oder drei Jahren zu wissen (es war tätsächlich vor drei Jahren). Massu, der sich in einen in der Nähe befindlichen Stuhl niederließ, bemerkte die Schweißperlen auf ihrer Stirn. Er fragte, ob es ihr zu warm sei und ob sie den Mantel ausziehen wolle. Georgette legte ab. Sie trug einen eng anliegenden Pullover mit einem rot-weißen Muster.

      Vor ungefähr zwei Jahren war sie einmal in der Rue Le Sueur gewesen, doch sie hatte das Haus nicht betreten. Sie hatte es nie gemocht. Es war viel zu groß und zu teuer und kostete ca. eine halbe Million Francs. Der Erwerb des Gebäudes bedeutete auch, dass ihr Mann sich noch seltener zu Hause aufhielt. Trotz ihrer Einwände hatte sie nicht gegen den Kauf protestiert, denn ihr Mann führte eine gutgehende Praxis und verdiente sehr viel Geld.

      Was


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