Shannon und der Sklavenboss: Shannon 22. John F. Beck

Shannon und der Sklavenboss: Shannon 22 - John F. Beck


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Adobelehmhütten traten und neugierig herüberblickten. Es wurden immer mehr, als er die Kiste zum Brunnen schleifte, den Deckel aufklappte und bunte Stoffballen herauswarf. Kichernd breitete er zwischen den Ballen funkelnde bunte Glasperlenketten aus. Dann lud er mit einer theatralischen Geste die rings um die Plaza aufgetauchten Dorfbewohner zum Näherkommen ein.

      »Nur eine kleine Kostprobe von den Herrlichkeiten, die ich geladen habe! Jede Señora, jede Señorita, die mir eine Kleinigkeit abkauft, erhält als Geschenk eine dieser prachtvollen Ketten! Aber der alte Bob Chesterman vergisst auch die Jüngsten nicht! Hier, das ist für euch, Chicas und Chicos! Kommt und holt es!« Er zog eine Hand voll bunter Zuckerstangen aus einer Tasche seines weiten Mantels und hielt sie hoch in die Luft. Sein Faltengesicht strahlte.

      Da gab es kein Halten mehr. Eine Schar barfüßiger Kinder aller Altersstufen stürzte von allen Seiten heran. Die Erwachsenen folgten in gemessenem Abstand, ein wenig unsicher und zögernd noch, aber wie von einem unsichtbaren Magneten angezogen.

      Mit einem Lachen, das wie das Krächzen eines Raben klang, warf Chesterman die Zuckerstangen unter die kreischenden Kinder. Kichernd rieb er die knochigen Hände. »Na also, meine Herrschaften! Der alte Bob Chesterman hat noch niemanden enttäuscht Kommt nur! Hier findet jeder, was er braucht!« Und in plötzlich verändertem, schneidendem Ton: »Jungs, es ist soweit! Wir haben sie!«

      Fassungsloses Entsetzen lähmte die Dorfbewohner, als die Wagenplane plötzlich zur Seite flog. Das grelle Sonnenlicht glänzte auf dem Metall einer nach allen Seiten schwenkbaren Hotchkiss-Schnellfeuerkanone, deren eisernes Dreibein auf die Wagenbohlen montiert war. Ein bulliger, ganz in fransenverziertes Leder gekleideter Kerl stand mit wild glitzernden Augen hinter der Waffe. Seine Rechte umspannte die Kurbel. Eine einzige Drehung, und eine Serie tödlicher Blitze würde aus dem rotierenden Kranz von Mündungen über die Plaza zucken! Zu beiden Seiten des Bulligen knieten zwei weitere ledergekleidete Burschen mit angeschlagenen Gewehren.

      Ein Stöhnen durchlief die Menge. Aufschreiende Frauen stürzten zu den sich noch immer um die Süßigkeiten balgenden Kindern, rissen ihre Kleinen an sich und wollten mit ihnen in die Häuser fliehen. Da tauchten ringsum Reiter aus dem Schatten zwischen den Hütten auf. Männer mit Winchester- und Remington-Gewehren in den Scabbards, Patronengurten über den Schultern, Colts und kurzstieligen, dick geflochtenen Rinderpeitschen in den Fäusten. Sie trugen die Lederkleidung wie eine Uniform.

      Chestermans knochige Gestalt straffte sich. Seine Augen blitzten. »Treibt sie zusammen, Jungs! Die Männer extra! Sucht nur die Kräftigsten, die Zähsten aus, von denen ihr glaubt, dass sie für Bancrofts Camp taugen! Brecht jeden Widerstand!«

      Plötzlich hielt er einen langläufigen, bisher unter dem schäbigen Mantel verborgenen Colt in der Faust und schoss dem Alkalden, der verzweifelt die Flinte herumschwang, eine Kugel in die Brust. Der Mexikaner stürzte in eine Gruppe schreiend auseinander stiebender Frauen und Mädchen. Die Hölle schien aufzubrechen.

      Schüsse knallten, Peitschen fauchten, dröhnende Hufe rissen Staubwolken hoch. Fluchende Reiter jagten hinter Männern und Frauen her, die zu fliehen versuchten, schnitten ihnen den Weg ab, ritten sie nieder. Peitschenhiebe sausten auf die im Staub Liegenden herab. Ein junger Mexikaner warf sich mit einem Messer in der Faust verzweifelt einem Reiter entgegen. Mehrere Kugeln schleuderten ihn zwischen Stapel von Körben, die nach allen Seiten hüpften und ihn unter sich begruben. Ein ohrenbetäubendes Schreien und Kreischen erfüllte die Luft. Schluchzende Mütter pressten ihre Kleinen an sich. Männer und Frauen, die sich verzweifelt aneinander klammerten, wurden von wütenden Peitschenschlägen und Kolbenstößen getrennt. Frauen knieten am Boden, rangen die Hände, flehten, jammerten, beteten.

      Mitten in dem staubvernebelten Durcheinander ragte der Wagen mit der Hotchkiss-Kanone wie eine Insel auf. Chesterman schwang sich vom Bock in den Sattel eines Pferdes, das einer der brutalen Menschenjäger für ihn heranbrachte. Sein langes weißes Haar flatterte. Sein verwittertes Gesicht glühte vor wilder Freude. Jagdfieber! Die Verbrecher trieben die Dorfbewohner wie Vieh

      zusammen. Es war ein schreckliches Menschen-Round-up. Die arbeitsfähigen Männer und Burschen wurden von den sie umkreisenden, peitschen- und revolverschwingenden Reitern beim Wagen zusammengedrängt. Es waren einfache Bauern und Handwerker, die nicht die Spur einer Chance gegen die kaltäugigen Killer besaßen.

      »Buffalo, verdammt noch mal, sorg‘ endlich für Ruhe!«, schrie der weißhaarige Anführer. Der massige Kerl hinter der Hotchkiss lachte begeistert.

      Im Stakkato der Schüsse versank jedes Geräusch. Eine Bleigarbe prasselte niedrig über die Köpfe der Schreienden, zerfetzte die Strohdächer, meißelte Brocken aus den Hauswänden, fauchte durch offene Türen und Fenster. Danach herrschte Ruhe. Nur noch ein paar Verwundete stöhnten. Wo die von Maultierkarren und Hufen zerstampfte Fahrbahn auf der Plaza mündete, tauchten zwei schwere Conestoga-Planwagen auf. Die Fahrer waren Mexikaner, aber neben jedem saß einer von Chestermans Schießern mit einer Winchester oder einer Remington auf den Knien. Chesterman galoppierte mit flatterndem Mantel um die ängstlich zusammengekauerten Frauen und Kinder herum.

      »Hört mir zu! Wenn ihr wollt, dass eure Männer, Brüder und Söhne am Leben bleiben, dann verlasst diese Gegend! Verschwindet, ohne Nachforschungen anzustellen, ohne dumme Fragen zu beantworten! Versucht ja nicht, uns zu folgen! Wir werden euch beobachten. Wir werden wissen, was ihr unternehmt. Wehe euch und den Männern, die wir mitnehmen, wenn ihr euch nicht danach richtet! Hört auf zu jammern und zu flennen! Seht lieber zu, dass ihr eure lausigen Habseligkeiten rettet, bevor alles verbrennt! Damit werdet ihr reichlich beschäftigt sein, bis wir fort sind!«

      Lachend riss er einem seiner Reiter die Peitsche aus der Hand und ließ die geflochtene Schnur über die geduckten Köpfe pfeifen. Einige Banditen hatten Pechfackeln angezündet und auf die Strohdächer geworfen. Flammen loderten hoch auf. Knisternd und prasselnd breitete sich das Feuer rings um die Plaza aus. Rauch waberte. Peitschenschwingend preschte Chesterman zu den Männern zurück, die die Gefangenen bewachten.

      »Fesselt sie! Schafft sie auf die Wagen!«

      3

      Ein plötzlicher Windstoß trieb eine Rauchwolke an dem buschbestandenen Hügel vorbei, von dem Shannon das Geschehen in Santa Catalina wie versteinert beobachtete. Was sich dort abspielte, war unfassbar wie ein Alptraum! Skrupellose Verbrecher auf Sklavenjagd! Schurken, die wie aus dem Nichts in diesen weltfernen, vom Gesetz unerreichten Mexikanersiedlungen auftauchten und Furcht und Schrecken verbreiteten! Und das Schlimmste: Kein Marshal, kein Texas-Ranger, der den Wagen auf ihrem langen Trail zur Küste vielleicht zufällig begegnete, würde etwas von ihrer wirklichen Fracht ahnen. Kein Mensch würde auf den Gedanken kommen, dass es, fast zehn Jahre nach dem Bürgerkrieg, in Texas Männer gab, die noch auf Sklavenfang auszogen.

      Shannon war ihrer Fährte ahnungslos gefolgt, in der Hoffnung, so zu Rockfords Ranch zu kommen, die es bei seinem letzten Aufenthalt auf dem Edwards Plateau noch nicht gegeben hatte. Jetzt blieb ihm nichts anderes übrig, als zähneknirschend zuzusehen, wie die drei Planwagen, von schwerbewaffneten Reitern flankiert, das brennende Dorf verließen. Der Wind, der in den dürren Halmen des Büffelgrases knisterte und im trockenen Laub der Kreosots raschelte, schürte das Feuer zu einer gigantischen Fackel. Ganz Santa Catalina war in eine riesige schwarze Rauchwolke gehüllt, die die davonrumpelnden Fahrzeuge Shannons Blick entzog. Müde rutschte Shannons Hand vom Colt. In ein paar Stunden würde Santa Catalina nur noch ein schwelender Trümmerhaufen sein, genauso gespenstisch leer wie Santa Rosa, wo Shannon einen Freund aus alten Tagen zu treffen gehofft hatte.

      Shannon fühlte sich ausgebrannt, als er sein Pferd wendete und zwischen den raschelnden Sträuchern den Hang hinabritt. Es gab nichts, was er für die Zurückgebliebenen tun konnte. Er überlegte noch, ob er den Weg zu Rockfords Ranch suchen oder den Wagen folgen sollte, als plötzlich Reiter vor ihm auftauchten. Im selben Moment hörte er ein Schwirren über sich.

      Shannon riss die Füße aus den Steigbügeln, um sich seitlich vom Pferd zu werfen. Es war eine blitzartige, instinktive Reaktion. Da senkte sich die Lassoschlinge bereits über ihn, zog sich zusammen, presste ihm die Arme an den Körper. Ein heftiger Ruck riss ihn aus dem Sattel. Hufe hämmerten von mehreren Seiten heran. Raue Stimmen schwirrten


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