Geister sind unser Geschäft. Jana Scherer

Geister sind unser Geschäft - Jana Scherer


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sie außer Hörweite waren, sagte Trix: »Das passt eigentlich nicht dazu.« Sie klang fast wie Frau Jansen.

      Mir war sofort klar, was Trix meinte. »Ja, das ist mir auch aufgefallen. Sowohl Frau Jansen als auch Aurora Schwartz haben gesagt, etwas passe nicht dazu. Die Frage ist nur: Was passt nicht wozu

      Trix zupfte an ihrer Fliege. »Hm. Das Hähnchenaroma passt nicht zu dem grünen Leitungswasser, würde ich sagen. Es klingt fast, als wüssten sie etwas darüber.«

      Das sah ich genauso. »Ja, es wirkt ganz so, als ob grünes Leitungswasser ihnen als Idee nicht unbekannt wäre – nur eben ohne Hähnchenaroma. Wobei es schon sehr merkwürdig ist, dass beide ähnlich reagiert haben. Sie kennen sich ja nicht mal, oder? Aber wir sollten jetzt erst mal den Tatort untersuchen.«

      Wir fotografierten die Schafe von allen Seiten. Mit der Schere meines Taschenmessers schnitt ich bei Schnucki MäcGaffin eine Locke des grün gefärbten Fells ab. Ich steckte sie in eine der durchsichtigen Plastiktüten, die ich stets zur Verwahrung von Beweismitteln mit mir führe. Anschließend untersuchten wir das Gras Zentimeter für Zentimeter auf Spuren. Leider war zunächst außer jeder Menge Schafsköttel nichts zu finden. Die Schafe sahen uns gelangweilt kauend zu. Ja, Detektivarbeit kann verdammt dröge sein. Ich unterdrückte gerade ein Gähnen, da rief Trix plötzlich: »Huch, was ist das denn?«

      Ich rannte zu ihr.

      »Ich bin auf irgendwas getreten.« Trix holte ein Taschentuch hervor und hob damit etwas auf. »Hier.« Sie hielt ein kleines, silbrig schimmerndes Döschen in der Hand. Grashalme klebten daran. Trix zeigte auf den Deckel. »Da ist ein Monogramm eingraviert. Die Buchstaben M. und S.« Sie schüttelte das Döschen. »Vermutlich sind Tabletten drin. Das könnte eine Spur zum Täter sein. Andererseits kann es natürlich auch eine vollkommen unbeteiligte Person hier verloren haben.«

      Ich entnahm meiner Manteltasche eine weitere Plastiktüte. »Frau Jansen kann das Döschen schon mal nicht gehören. Sie heißt Jeske mit Vornamen, ihre Initialen sind also J. J. Vielleicht weiß Wiebke, ob die Buchstaben M. S. zu irgendwem passen, der sich auf diesem Deich um die Schafe kümmert.«

      Trix ließ das Beweisstück vorsichtig in die Tüte gleiten. »Wir sollten das Döschen nachher in der Detektei genauestens auf Fingerabdrücke untersuchen.«

      Ich steckte die Tüte ein. »Und um das grüne Leitungswasser müssen wir uns auch kümmern.« Es wurde Zeit, dass wir eine echte Spur fanden. Meine Detektiv-Regel Nummer 25 lautet: Sei dem Täter stets eine Nasenlänge voraus. Davon konnte gerade keine Rede sein. Wir kannten weder den Täter noch seine Nase und hatten keine Ahnung, was er als Nächstes plante.

      Als wir an meinem Fahrrad ankamen, sah Trix sich suchend um. »Wo ist denn Miss Moneypenny? Der Katzenkorb steht ja leer auf dem Boden. Hast du sie etwa rausgelassen?«

      Ich winkte beruhigend ab. »Fräulein Karnelia hat sie abgeholt, und die beiden sind zusammen losgezogen.«

      Trix grinste. »Alle Katzen sind Einzelgänger.« Sie klang exakt wie Klara. »Von wegen!«

      Wir nahmen den Weg auf der Seeseite des Deiches. Erstens ging das am schnellsten, und zweitens konnte Trix so gleich mal das Meer bewundern. Theoretisch jedenfalls. Praktisch war gerade Ebbe und statt blauem Wasser nur brauner Schlick zu sehen. Er stank heute mal wieder besonders exquisit. Ich schaute Trix von der Seite an. Rümpfte sie die Nase? Aber sie schien den Gestank gar nicht zu bemerken.

      Ich schob mein Fahrrad mit dem Koffer und dem leeren Katzenkorb neben mir her und dachte angestrengt nach. Warum waren Frau Jansen und Aurora Schwartz beide der Meinung, Hähnchenaroma passe nicht zu grünem Wasser? Kannten sie sich? Oder war ihre ähnliche Reaktion Zufall? Wem gehörte das Pillendöschen? Und gab es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen dem grünen Wasser und den grünen Totenköpfen?

      Nach einer Weile überquerten wir den Deich und bogen rechts in Richtung Ortszentrum ab. Langsam wurde die Bebauung dichter, und schließlich kamen wir in Ruckelnsen-City an, wenn man das so sagen kann. Hier reihte sich Fisch-Imbiss an Fisch-Imbiss, mit ein paar Cafés und Souvenirgeschäften dazwischen.

      Plötzlich blieb Trix stehen und hielt mich am Mantel fest. Sie flüsterte: »Schau mal unauffällig da rüber.«

      Ich folgte mit den Augen ihrem Blick. Und sah gerade noch Frau Jansen im Eingang des Ruckelnser Teestübchens verschwinden.

      Zusammen mit Klara und Aurora Schwartz.

      Kapitel 4 In dem wir Frau Jansen und die Schwartz-Zwillinge observieren, Trix ihre Lieblingsbonbons bekommt und der Gast König ist.

      Trix und ich blieben in einiger Entfernung stehen und behielten das Teestübchen im Auge. Durch die beschlagenen Scheiben des Cafés waren schemenhaft drei Gestalten zu erkennen.

      »Sie setzen sich zusammen an den Tisch am Fenster«, flüsterte Trix. »Das ist es also, was Frau Jansen plötzlich so dringend erledigen musste. Von wegen Tierfutterhandel! Offenbar kennt sie Klara und Aurora.«

      Ich nickte. »Da drin können wir die drei leider schlecht observieren. Das Teestübchen besteht nur aus einem einzigen Raum. Da sehen sie uns sofort. Und Frau Jansen ahnt bestimmt, dass wir ermitteln. Wenn wir in dem Café auftauchen, werden sie bloß belangloses Zeug reden.«

      Ein Klappen ließ mich verstummen. Jemand hatte das Fenster auf Kipp gestellt! Trix deutete auf den Holunderbusch, der den Vorgarten des Teestübchens zierte. Ich nickte, lehnte mein beladenes Fahrrad an das Haus nebenan und hockte mich dann mit Trix hinter den Strauch.

      »Wenn du hier schon dampfen musst, dann wenigstens bei offenem Fenster, Klara«, war eine Stimme von drinnen zu hören. »E-Zigaretten sind mindestens so gesundheitsschädlich wie normale.«

      Ich kombinierte: Das hatte Aurora gesagt.

      »Beruhig dich, Auroralein, das Fenster ist ja jetzt offen.« Nasal und bestimmt: Klara.

      »Jetzt lenkt nicht ab, ihr beiden! Was soll das mit dem Leitungswasser und den Schafen? Das hätte ich euch nicht zugetraut. Jahrelang habt ihr nichts von euch hören lassen, und dann taucht ihr plötzlich wieder auf und macht so was!«

      Ich nickte Trix zu. Das war ganz klar Frau Jansens Stimme.

      »Aber wir …«, fing Aurora an.

      Klara fiel ihr ins Wort. »Wir haben mit dem grünen Wasser nichts zu tun, Jeske. Wir sind genauso überrascht wie du. Und was ist überhaupt mit deinen Schafen?«

      »Das wisst ihr doch ganz genau: Ihr habt sie mit grünen Totenköpfen besprüht!«

      »Was?«, keuchte Aurora.

      »Glaub mir, Jeske.« Das war wieder Klara. »Wir wussten bis gerade eben nicht mal davon.«

      »Wollt ihr etwa behaupten, das wäre Zufall?« Frau Jansen war die Wut deutlich anzuhören. »Auf einmal seid ihr wieder in Ruckelnsen, und rein zufällig geschieht genau das, was wir damals …«

      »Na, wer hockt denn da im Hollerbusch drin?«, erscholl plötzlich hinter uns eine laute, kratzige Stimme.

      Trix und ich duckten uns noch etwas tiefer.

      »Tut da mal rrrrrauskommen aus euerm Busch, ihr Lunkohren!«

      Seufzend krochen Trix und ich hinter dem Busch hervor. Besser brachen wir die Observation ab, als dass Klara, Aurora und Frau Jansen womöglich auf uns aufmerksam wurden.

      Einen Moment später standen wir vor einem schlecht rasierten, untersetzten Mann, der in ein schmutziges blaues Fischerhemd gekleidet war.

      »Das ist Käpt’n Flock«, flüsterte ich Trix zu, »er …«

      »Und jetzt verrrrrradet mir mal, wem ihr da was abgelauscht habt, nä?«, rief Käpt’n Flock dazwischen. Wie immer war seine Aussprache


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