Geister sind unser Geschäft. Jana Scherer

Geister sind unser Geschäft - Jana Scherer


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»Ach, ihr seid Detektive und ermittelt wegen des grünen Wassers?«

      »Miau!«, maunzte es dazwischen. Fräulein Karnelia und Miss Moneypenny strichen ihm um die Beine.

      Der Regenmantel-Mann nieste.

      »Gesundheit«, wünschte Trix.

      »Entschuldigt.« Er holte schnaufend Luft, kramte ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich ausgiebig.

      Ich nutzte die Gesprächspause, um den Mann in Ruhe zu betrachten. Er war fast zwei Meter groß, hatte freundliche braune Augen, einen gepflegten dunkelblonden Bart und trug eine Brille mit winzigen runden Gläsern. Er schien einen nervösen Tick zu haben. Jede Sekunde schlossen sich seine Augenlider zu einem kurzen Blinzeln.

      »In welcher Pension wohnen Sie denn?«, fragte ich. »Wir untersuchen nämlich die Verbreitung des grünen Wassers.«

      »Pension Aus dem Moore. Und Frau Aus dem Moore ist ja eine ältere Dame, da wollte ich sie nicht die schweren Eimer schleppen lassen. Tschüs dann!« Er nieste noch einmal zum Abschied.

      »Ich wusste gar nicht, dass Frau Aus dem Moore eine Pension betreibt«, sagte Trix. Sie kannte die alte Dame von unserem letzten Fall, bei dem wir Frau Aus dem Moore ihren wertvollen Siegelring wiederbeschafft hatten.

      »Ja, hier im Ort leben fast alle vom Tourismus.« Ich holte mein Mobiltelefon heraus und markierte die Adresse auf der Karte. »Hm, das ist interessant. Die Pension Aus dem Moore ist betroffen, der Hof der Jansens aber nicht. Dabei liegt beides an der Dingenskirchener Straße, die in den Nachbarort führt. Die Quelle der grünen Farbe muss sich wirklich direkt in den Zuleitungen der Häuser befinden. Nur blöd, dass wir keinen Zugang dazu haben. Wir können ja schlecht die Wände aufstemmen.«

      Wir setzten unseren Weg fort. Fräulein Karnelia und Miss Moneypenny schien es mit uns langweilig zu werden. Sie zogen davon.

      Trix zeigte zum Rathausplatz, von dem uns nur noch wenige Meter trennten. »Da vorne ist ja schon der Tankwagen.«

      Sie wollte weitergehen, aber ich hielt sie fest. »Stopp!«

      »Was denn?«

      »Der Mann am Tankwagen ist mein Mathelehrer. Herr Schuhpisser.«

      Trix lachte. »Ist der mit eurer Bürgermeisterin verwandt? So einen Namen gibt es doch sicher nicht zweimal.«

      Ich nickte. »Ja, sie sind verheiratet.«

      Herr Schuhpisser schien fertig gezapft zu haben, nahm seinen Kanister und kam schnurstracks auf uns zu.

      Ich stöhnte auf.

      »Moin, Harald.«

      »Hallo, Herr Schuhpisser.«

      Er stellte den Kanister ab, holte seine Bonbontüte heraus und steckte sich eins von seinen Eukalyptusbonbons in den Mund. Na toll. Er schien ein längeres Gespräch zu planen.

      »Wenn ihr damit Wasser holt, müsst ihr es aber vor dem Trinken abkochen.« Er zeigte auf unsere Eimer. »Das ist sonst sehr unhygienisch.«

      »Ja, ja«, murmelte ich. »Machen wir. Also tschü…«

      »Lernst du denn auch fleißig, Harald?«, fiel er mir ins Wort. »Nach den Ferien schreiben wir einen Test. Wenn du nicht wieder so unterirdisch abschließen willst wie letztes Mal, solltest du dich ranhalten!« Er lutschte und machte dabei ein Gesicht, als hätte er eine Portion Zahlen im Mund.

      »Also, ich …«, fing ich an, doch diesmal unterbrach Trix mich.

      »Sie werden es nicht glauben, Herr Schuhpisser, aber Harald tut gar nichts anderes als zu lernen! Tag und Nacht studiert er sein Mathematikbuch. Ich konnte ihn kaum vom Schreibtisch loseisen.« Sie sah mich an, als wäre ich ein krankes Kätzchen. Dann blickte sie wieder zu Herrn Schuhpisser. »Mathe ist alles, woran Harald denkt. Man bekommt ihn mit Mühe und Not zum Essen, Trinken und Schlafen – und selbst nachts spricht er von Bruchrechnung. Wir sind schon richtig in Sorge wegen seiner Work-Life-Balance.«

      »Aha … ähm … na, dann ist ja gut.« Es war Herrn Schuhpisser deutlich anzusehen, dass er nicht wusste, was er von dieser Antwort halten sollte. Er steckte die Bonbontüte ein und griff sich seinen Kanister. »Ich wünsche viel Erfolg, Harald. Auf Wiedersehen. Und übertreib es nicht mit dem Lernen.«

      Als er weg war, lachten wir erst mal ausgiebig.

      »Also haben Schuhpissers auch grünes Wasser«, stellte ich anschließend fest. »Sie wohnen in einer ganz anderen Ecke von Ruckelnsen als wir. Die grüne Färbung ist wirklich weit über den Ort verbreitet.« Schuhpissers Adresse trug ich ebenfalls auf der Karte in meinem Telefon ein.

      Wir gingen zum Tankwagen, füllten unsere Eimer und machten uns auf den Rückweg.

      Nach ein paar Metern entdeckte ich etwas auf dem Boden, das auf dem Hinweg noch nicht dagelegen hatte.

      »Warte mal kurz, Trix.« Ich stellte die Eimer ab und hob das Teil auf. Es handelte sich um eine durchsichtige Plastikhülle, in der ein weißes Papier steckte. »Das ist eine dieser Plastiktaschen, in denen die Rechnung an Pakete geklebt wird.« Ich fingerte das Blatt Papier aus der Hülle. Tatsächlich war es eine Rechnung, adressiert an Herrn Schuhpisser. »Gut-Im-Futter.de«, las ich vor.

      »Das ist ein Online-Shop für Tierfutter«, sagte Trix. Sie schaute auf die Rechnung. »Katzenkapseln hat er gekauft? Was ist das denn?«

      »Keine Ahnung. Schuhpissers haben gar keine Katze, so viel ich weiß. Und eine Kapselbefüllungsmaschine hat Herr Schuhpisser außerdem bestellt. Für 24,30 Euro. Na ja, wenn er Spaß dran hat.«

      Kurz hatte ich den Impuls, das Papier und die Hülle in den nächsten Mülleimer zu werfen. Dann überlegte ich es mir anders. Die Rechnung schien zwar im Moment vollkommen bedeutungslos. Aber meine Detektiv-Regel Nummer 5 lautet: Alles ist wichtig, bevor es sich als unwichtig herausgestellt hat.

      Also steckte ich die Rechnung in die Manteltasche.

      In meiner Detektei wartete Wiebke auf uns. Sie saß direkt vor meinem unversehrten Geburtstagskuchen. Ich bewunderte sie. Hätte man mich mit dem Kuchen alleine gelassen, wäre hinterher nur noch die Hälfte übrig gewesen. »Da seid ihr ja endlich! So ein Typ mit einer platten Nase hat mir aufgemacht und behauptet, er wäre hier Feriengast. Stimmt das, Harald?«

      Erschöpft ließ ich mich auf meinen Schreibtischstuhl fallen. »Leider ja. Das ist Remmer Klaus. Remmer ist der Vorname. Meine Großmutter hat ihm ein Gästezimmer vermietet, bevor sie zu meinem Großonkel gefahren ist.«

      Wiebke nickte. »Ein Feriengast in der Nebensaison, da wird deine Oma sich aber gefreut haben. Bei uns zu Hause stehen alle Gästezimmer leer.«

      »Hier vermieten ja wirklich alle Zimmer, was?«, stellte Trix fest.

      »Fast alle. Die Vermietung an Urlauber ist eine gute Möglichkeit, etwas Geld zusätzlich einzunehmen.« Ich fischte mein Taschenmesser aus dem Mantel, klappte es auf und schnitt drei Stücke vom Kuchen ab. Dabei achtete ich darauf, dass der Detektivhut aus Marzipan heil blieb. Ich fand ihn viel zu schön zum Zerschneiden. »So. Lasst es euch schmecken. Teller gibt es keine. Gabeln auch nicht. Aber Servietten müsste ich hier noch irgendwo haben.« Ich wühlte in meiner Schreibtischschublade und förderte drei Servietten mit Rentieren darauf zutage. »Leider mit Weihnachtsmotiv.«

      »Macht nix.« Trix nahm sich ein Stück Kuchen und gab auch Wiebke eines. Für kurze Zeit war die Detektei mit genussvoller Stille erfüllt.

      »Übrigens, deine Mutter …«, fing schließlich Trix an zu sprechen, doch Wiebke fiel ihr ins Wort.

      »… Die ist überhaupt nicht nachgekommen zum Stall! Ich möchte mal wissen, was sie plötzlich so Dringendes zu erledigen hatte.«

      »Das wollte ich dir ja gerade sagen«, erwiderte Trix. »Deine Mutter musste


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