Iron Man. Tony Iommi

Iron Man - Tony Iommi


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auf Black Sabbath.

      Simpson beschaffte uns die ersten Gigs in Europa. Beim ersten Trip holte ich Ozzy ab, dessen Garderobe aus einem (!) Hemd auf einem Bügel bestand. „Wir verreisen, das ist dir doch wohl klar, oder?“

      „Ich weiß.“

      „Wir werden einige Wochen unterwegs sein.“

      „Ich weiß.“

      Unser Sänger nahm also für unsere erste Tour nur ein einziges Hemd zum Wechseln mit.

      Auf der Reise entschieden wir uns, den Bandnamen endgültig zu ändern. Vielleicht war es auch in einem der ersten Clubs, in denen wir auftraten, dem berühmten Star Club in Hamburg. Er hatte eine Kapazität von 400 oder 500 Leuten. Da sie uns später noch einige Male buchten, konnten wir uns eine kleine Gefolgschaft erspielen. Somit hatten wir in dem Laden, von den Beatles mal abgesehen, insgesamt die meisten Zuschauer.

      Das Zwischenspiel mit Jethro Tull hatte mich dazu inspiriert, Flöte zu spielen. Ich wollte das live umsetzen. Wir kifften verdammt viel, und an einem Abend war ich mehr als breit. Deshalb hielt ich die Flöte viel zu niedrig, wodurch das Mikro nur meine Atemgeräusche übertrug. Ozzy latschte in den Backstage-Bereich, schnappte sich den dort hängenden riesigen Spiegel, brachte ihn auf die Bühne und hielt ihn mir vors Gesicht. Er klopfte mir auf die Schulter, und erst dann bemerkte ich den Fehler.

      Ozzy war für ein weiteres Highlight verantwortlich, denn er fand eine Dose pinker Farbe, mit der er sich das Gesicht anmalte. Hinter der Bühne stand eine große Leiter, auf die er stieg, bis sein leuchtender Kopf über dem Vorhang erstrahlte. Solche verrückten Dinge halfen uns im Kampf gegen den täglichen Wahnsinn.

      Black Sabbath tourten mehrere Male in Europa. Zuerst ging es von Hamburg über Dänemark nach Schweden, gefolgt von Tourneen, die uns in die Schweiz führten. Dort traten wir sechs Wochen lang in St. Gallen auf. Wir spielten vier oder fünf Mal am Tag vor vielleicht drei Zuschauern. Die Gage bestand aus einem Glas Milch und einem Würstchen. In finanzieller Hinsicht ging es uns mehr als dreckig. Da wir absolut kein Geld hatten, musste sogar Geezer, der Vegetarier war, die Würstchen runterwürgen. Und das Hotel? Die gesamte Band schlief in einem winzigen kleinen Raum über einem Café, das gegenüber vom Club lag. Wenn man da nicht rechtzeitig ankam, schlossen die Besitzer einen aus. An einem Abend schliefen Ozzy und ich bei zwei Mädchen. Als Geezer auftauchte, stand er vor verriegelter Tür. Bill schnappte sich die Bettlaken, knüpfte sie aneinander und versuchte, unseren Basser hochzuziehen. Und exakt in dem Moment fuhr eine Polizeistreife vorbei. Es dauerte einige Zeit, ihnen das ganze Dilemma, in dem Geezer sich befand, im Kauderwelsch zweier Sprachen zu erklären.

      Anschließend reisten wir nach Zürich. Bei unserer Ankunft war der Club gerammelt voll. Die Band kam unglaublich gut an und wirkte sehr glücklich. Wir tranken sogar Champagner auf der Bühne. Das ist doch wunderbar, dachten wir uns. Uns steht eine tolle Zeit bevor. Keiner konnte wissen, dass die Musiker ihren letzten Abend von einem insgesamt sechswöchigen Engagement feierten. Das ganze Publikum verabschiedete sich mit einer Riesenparty von uns. Als wir mit unseren Gigs begannen, war der Laden so gut wie ausgestorben. Moment mal! Was ist passiert? Wo sind denn die ganzen Leute hin? Täglich kam so ein Spinner vorbei, der einen Kopfstand machte, wobei ihm das ganze Geld aus den Taschen fiel. Er suchte es wieder zusammen und verzog sich dann. Und dann saß da noch eine uralte Nutte in der Ecke an der Bar. Das war’s.

      Weil in dem Laden eine gähnende Leere herrschte, begannen wir herumzualbern. Bill spielte zum Beispiel ein Schlagzeug-Solo in der Länge eines kompletten Sets, und ich brachte ein unendlich langes Gitarrensolo. Die anderen ruhten sich in der Zwischenzeit aus. Das lief einige Tage ohne Probleme, aber natürlich bemerkten es die Besitzer. Während Bills Drum-Eskapaden erschien die Tochter des Eigentümers und schnauzte uns an: „Hört auf mit dem Krach! Wir bezahlen euch fürs Spielen, nicht für diesen Unsinn.“

      Es war ein trostloser und düsterer Schuppen. Wir mussten erneut alle in einem Zimmer schlafen – zusammen mit einigen Ratten. Der Clubbesitzer hatte unsere Pässe einkassiert, damit wir nicht so leicht abhauen konnten. Die ganze Situation ähnelte einem Sklavenjob, denn die Band musste täglich fünf Mal jeweils 45 Minuten lang auftreten, an Wochenenden sogar sieben Mal, und wir spielten fast für lau. Doch wir hatten viel Spaß und zogen gelegentlich einen durch. Bill rauchte sogar Bananenschalen. Er aß die Dinger, kratzte den Rest von der Schale, packte ihn in eine Aluminiumfolie, die zum Trocknen in den Ofen wanderte. Dann bröselte er sich die Masse in eine Kippe. Er behauptete, davon high zu werden, fand es großartig und war stolz auf seine Idee.

      „Was macht Bill?“

      „Er hat einen Weg gefunden, die Banane noch besser zu verwerten. Jetzt brät er die Schale zum Essen!“

      16: Die Wiege des Heavy Metal

      Zu den Auftritten in Henry’s Blues House kamen oft Talentscouts der Musikindustrie. Wir traten auch in London auf, weil sich Leute von Chrysalis zu einem Gig angekündigt hatten, zu dem leider kaum Besucher erschienen. Außerdem lief es musikalisch an dem Abend verdammt schlecht. Sie lehnten uns ab, was aber kein Weltuntergang für uns war. Man muss an seine Ideale glauben, weitermachen und bloß nichts ändern, nur um den anderen zu gefallen. Nur so kann ein neuer Stil entstehen. Musik zu kopieren ist der schnellste Weg raus aus dem Musikgeschäft. Man muss sein eigenes Ding finden und es unerbittlich durchziehen.

      Tony Hall besuchte uns in Henry’s Blues House, mochte die Musik und wollte uns unter Vertrag nehmen. Er war ein bekannter DJ gewesen und führte nun Tony Hall Enterprises. Wir schlossen einen Deal mit der Firma, die daraufhin für uns einen Vertrag mit dem Fontana-Label unter Dach und Fach brachte. Ich bin mir sicher, dass sie sehr viel Geld mit dem Vertrag verdient haben. Hall ließ sich nur noch einmal blicken, und zwar bei einer Aufzeichnung von Top of the Pops. Seitdem bin ich ihm nie wieder begegnet.

      David Platz ist ein weiterer Protagonist aus der Steinzeit von Black Sabbath. Er vermittelte uns zu Essex Music. Es war ein absoluter Scheißvertrag, doch waren solche Verträge damals die Regel. Ich bin mir sicher, dass auch er genügend Kohle damit gemacht hat. Wir besuchten ihn selten. Mich verwunderte allerdings dieser Schalter auf dem Tisch. Bei leichtem Druck öffnete sich eine Geheimtür hinter dem Schreibtisch. Platz zählt zu den Leuten, die lange im Business überlebt haben. Vermutlich hat ihn die Tür gerettet.

      Mit einer anständigen Plattenfirma im Rücken war endlich die Zeit gekommen, ein Album aufzunehmen. Jeder Musiker erhielt 100 Pfund, für damalige Verhältnisse viel Geld, aber wir hätten es sogar umsonst gemacht, so sehr brannten wir darauf, unsere Musik auf einem Tonträger zu hören. Mit einer Platte konnte man viele Menschen erreichen. Im Herbst 1969 nahmen Black Sabbath einige Demos auf, darunter „The Rebel“ und „Song For Jim“. Norman Haines von Jims Band hatte „The Rebel“ geschrieben, und Jim wollte unbedingt, dass wir ihn aufnahmen. An „Song For Jim“ kann ich mich nicht mehr erinnern, jedenfalls war der Titel als Witz gemeint. Geplant war ein Treffen mit Gus Dudgeon in den Londoner Trident Studios, der sich damals schon seine Lorbeeren als Produzent verdient hatte. Wir begegneten ihm aber nicht persönlich. Auf jeden Fall lehnte er uns wegen des Demos ab.

      Einige Tage später traten wir in Workington auf. Dort gab Ozzy dem britischen Publikum unseren neuen Namen bekannt – keine große Sache. Wir feierten nicht, sondern hießen ab dem Zeitpunkt einfach Black Sabbath. Die Band gab es schon seit 1968, der erste Gig unter diesem Namen fand jedoch am 30. August 1969 statt.

      Bei dem Gig spielten wir „The Wizard“, „Black Sabbath“, „N.I.B.“ und „Warning“, also praktisch die Songs, die auf der ersten Scheibe landeten. Wir wollten keine fremden Stücke mehr in unserem Programm haben. Ein zwölftaktiger Blues inmitten von Eigenkompositionen klang merkwürdig und war nicht mehr zeitgemäß, weil sich unsere Musik viel zu krass davon unterschied. Allerdings nahmen wir bei einer Demo-Session „Evil Woman“ auf, eine Cover-Version des amerikanischen Hits von Crow, einer Band aus Minnesota. Jim Simpson brachte uns darauf, weil er der Meinung war, etwas Kommerzielles und Griffiges wäre wichtig für die Plattenbosse.

      Zögerlich stimmten wir zu, da sich das Blatt sowieso zu unseren Gunsten wendete, als man uns bei den Aufnahmen die Gelegenheit gab, „The Wizard“ mitzuschneiden.


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