Liebeschaos: Süß wie Cherry Cola. Ute Jäckle

Liebeschaos: Süß wie Cherry Cola - Ute Jäckle


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Haut. Die vergangene Stunde hatte ich mit Luca und unserer gemeinsamen Freundin Rhashmi auf der Tanzfläche unter Deck zu den neuesten Hits abgefeiert. Ihr Freund Erdie machte sich gemeinsam mit Chad als Türsteher wichtig. Wo Ben herumschwirrte, wusste keiner von uns. Seit Ben den ollen Kahn Anfang des Jahres in einen wirklich tollen Club verwandelt hatte, brauchte man Vitamin B um hier jederzeit feiern zu dürfen, denn die Warteschlange riss wie immer am Samstag nicht ab. The Boat war ein echter Szeneladen, etwas Originelleres hatte die Stadt im Moment nicht zu bieten.

      Meine Mitbewohnerin Pia verdiente sich am Wochenende als Barkeeperin auf dem Oberdeck, das auch als Cocktail-Bar fungierte, ein paar Euro dazu. Von dort bugsierte sich Luca gerade mit drei Margaritas vorsichtig durch die Leute. Als sie uns erreichte, stürzten wir uns durstig auf die Drinks. Ich nahm einen Schluck durch den schwarzen Strohhalm und sog scharf die Luft ein, als sich mir die großzügige Mischung die Speiseröhre hinunterbrannte. »Wow.« Meine Stimmbänder brauchten eine kurze Regenerationspause. »Pia meint es heute aber gut mit uns.«

      »Du müsstest mal diesen indischen Mango-Schnaps probieren«, sagte Rhashmi, die an ihrem Drink wie an Eistee nuckelte. Sie und Erdie waren erst kürzlich aus Indien zurückgekehrt, wo Rhashmi als Biologin bei einem Umweltprojekt mitgearbeitet hatte. Als Halbinderin hatte es sie zurück zu ihren Wurzeln gezogen. »In Mumbai haben sie uns das Zeug mal in einem Restaurant serviert. Ich dachte, mir bläst es die Lichter aus.«

      »So schlimm?«, fragte Luca, die heute ein kurzes schwarzes Kleid mit Wasserfallausschnitt trug, das ihre beiden mehr als üppigen Vorzüge gekonnt in Szene setzte. Neben ihr kam ich mir fast unsichtbar vor, trotz meines schneeweißen Minikleides, von dem ich fand, dass es meine Bräune außerordentlich gut betonte.

      »Ich glaube, das Zeug war gepanscht«, erzählte Rhashmi weiter, weshalb ich ihr wieder meine Aufmerksamkeit widmete. »Als ich am nächsten Tag aufwachte, waren meine Augen so angeschwollen, dass ich nichts mehr sehen konnte. Ich habe ausgeschaut, als hätte mich jemand verprügelt. Drei Tage habe ich mich nicht aus dem Haus getraut.«

      »Das ist wirklich übel.« Luca schüttelte fassungslos den Kopf. »Du hättest sterben können.«

      »Ich habe das Zeug auch nie wieder angerührt, das kannst du mir glauben.« Sie hob ihr Glas, ihr langes schwarzes Haar glänzte im künstlichen Licht wie lackiert. »Da ist mir Pias Mischung tausendmal lieber, die macht wenigstens nur einen dicken Kopf.«

      Wir prosteten uns lachend zu, über uns warfen Laserstrahler bunte Muster in den Himmel und verbreiteten eine ganz besondere Atmosphäre, die wunderbar zu unserer Feierlaune passte. Die gedämpften Beats aus dem Unterdeck vibrierten an meinen Fußsohlen. Der Abend war perfekt.

      »Wenn das nicht die hübsche Lady vom See ist«, sagte plötzlich eine dunkle Stimme. Gleichzeitig drehten wir die Köpfe. Dieser Joshua stand neben uns und hatte – wie konnte es auch anders sein – nur Augen für Luca.

      »Oh, hi«, hauchte Luca und klammerte sich an ihrem Glas fest, als würde sie an einem Dachvorsprung hängen. Sie warf ihm ein fast schon schüchternes Lächeln zu, das er beinah ebenso scheu erwiderte. »Zufälle gibt es.«

      Nachdem er auch uns eine kurze Begrüßung in Form eines angedeuteten Winkens gegönnt hatte, zeigte er auf Lucas fast leeres Glas. »Möchtest du noch eins?«

      »Nein, nicht nötig.« Sie schüttelte den Kopf. »Meinem Freund gehört der Club, ich kann hier umsonst trinken.«

      »Schade, ich würde dich eigentlich gern näher kennenlernen.«

      Jetzt ging er aber ran, fand ich, bevor ein grauenvoller Gedankenblitz in meinem Gehirn einschlug. Ob ich ihn fragen sollte? Nein. Besser nicht. Ich wollte mir nicht den schönen Abend verderben.

      »Eher nicht.« Luca schlug die Lider nieder. Sie klang wehmütig. Oder bildete ich mir das nur ein? Joshuas halblange Haare hingen ihm in die Stirn. Irgendwie stand ich nicht auf lange Haare bei Männern, obwohl Joshua durchaus ein hübscher Anblick war. Zwar war sein Gesicht nicht ganz so markant wie das von Nick, aber er hatte was, das musste man ihm lassen.

      »Aber deinen Namen verrätst du mir doch wenigstens? Ich heiße Joshua.« Er hielt ihr seine Hand hin.

      Sie schlug grazil ein. »Ich weiß, dein Kumpel hat dich auf dem Parkplatz so genannt«, gab sie zu. »Ich bin Luca.«

      Er schmunzelte. »Das ist ein außergewöhnlicher Name für eine Frau.«

      »Es ist ein Spitzname, meinen echten Vornamen willst du nicht wissen, glaub mir.«

      »Doch, will ich. Jetzt auf jeden Fall.« Joshua nickte beim Reden.

      »Vergiss es«, sie winkte ab.

      Die beiden schienen uns vollkommen ausgeblendet zu haben. Rhashmi und ich wechselten einen ausgedehnten Blick. Ob sie sich ebenso fehl am Platz vorkam? Sollten wir uns mit einer Ausrede verziehen?

      »Ich muss mal kurz Erdie was fragen, bin gleich wieder da«, kam Rhashmi mir zuvor. Das durfte doch nicht wahr sein.

      »Ich komme mit«, schloss ich mich an und hakte mich bei Rhashmi ein, die einen ganzen Kopf kleiner als ich war.

      Luca runzelte die Stirn. »Aber ihr kommt wieder.«

      »Klar, fünf Minuten.« Und weg waren wir.

      »Wer war denn das?«, fragte sie im Gehen.

      »Ein Kumpel meines bescheuerten Kommilitonen. Die Typen vom See mit der Wette. Ich hatte dir doch davon erzählt.«

      »Ach, die waren das«, zog sie den kurzen Satz unnötig in die Länge, sie stupste mich an. »Und? Hat er schon gewonnen?«

      »Nein, hat er nicht.«

      »Gut so«, lobte sie mich. »Könnte ja jeder kommen. Lass ihn so richtig abblitzen.«

      »Ich hoffe nur, er ist nicht auch hier. Nick hat das absolute Talent, mir jeden Spaß zu verderb…« Und dann sah ich ihn. Fünf Schritte vor mir, in ein angeregtes Gespräch mit einer Blondine vertieft. Die passte, im Gegensatz zu mir, ganz genau in sein übliches Beuteschema. Unwillkürlich hielt ich an. Rhashmi blieb ebenfalls stehen. »Was ist denn?«

      »Mist, da vorne ist er.« Ich nickte so unauffällig wie möglich nach vorn.

      »Wer?«

      »Na, Nick. Der Typ mit der Wette.«

      »Wo?«, fragte Rhashmi aufgeregt und scannte die Leute vor uns. »Du meinst doch nicht etwa den heißen Typen mit der hellen Jeans und dem schwarzen Hemd?«

      »Doch.« Mein Blut pulsierte im Hals.

      »Oh … Wow.« Mehr kam Rhashmi offenbar nicht über die Lippen und da ich Augen im Kopf hatte, wusste ich auch, warum. Nick stach aus der Menge, er überragte die meisten Männer um sich herum und hatte eine Präsenz, die ich sonst nur von Schauspielern kannte. Das schwarze Hemd lag eng an und betonte seinen muskulösen Oberkörper. Die Ärmel waren bis zu den Ellenbogen hochgekrempelt, wodurch ein Teil seiner Tattoos an den Armen sichtbar wurde, was ihn irgendwie verrucht wirken ließ. Als er lachte, legte er den Kopf in den Nacken und schien sich wirklich gut zu amüsieren. Er wirkte locker, einfach gut gelaunt. Und ich konnte mich mal wieder nicht dagegen wehren, mir über einen Mann seines Kalibers überhaupt den Kopf zu zerbrechen. Mein Herz vollzog einen Trommelwirbel, ich hörte es bis in meine Ohren schlagen. Dieser Toni-Garrn-Verschnitt daneben passte perfekt zu ihm.

      Als sein Blick in die Runde schweifte, blieb er an mir hängen und Nick stockte. Er schien überrascht, dann wuchs ein Lächeln auf seinen Lippen und er winkte mir kurz zu. Bevor ich reagieren konnte, widmete er sich wieder seiner Gesprächspartnerin.

      »Der Typ ist der absolute Hammer.« Rhashmis Stimme katapultierte mich zurück in die Gegenwart. Ich riss mich aus meiner Starre und zog sie weiter, in einigem Abstand, an Nick vorbei.

      »Warum schnappst du ihn dir nicht?« Sie klang völlig verständnislos.

      »Weil er es nur auf das Eine anlegt«, half ich ihr auf die Sprünge. »Er macht mit jeder rum. Der Typ will nichts von mir, er will nur poppen und die Ducati.


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